Ausstellungspraxis und öffentlicher Raum
Dienstag, 04.02.2020 | Bildungsforum
Raum: Volmer / Süring 4-24a/b
09.00 - 9.30 Begrüßung und Eröffnung, Grußwort des Präsidenten
09.30 - 11.00 Barcamps
Haltung zeigen!? – Grenzen und Möglichkeiten des Kuratierens aus semiotischer Perspektive
mit Jana Scholze
Spucknapfhöhe und ein vergessener Ehering - Die Beiläufigkeit des Politischen sichtbar machen
mit Claudia Czok
Eingeladen sind alle in Theorie und Praxis der Kunst- und Kulturvermittlung engagierte Kurator*innen, Museumsvertreter*innen und Studierende.
Wodurch kann die subjektive Perspektive der Besucher*innen auf Kunst gestärkt und zugleich Inhalte und eine kuratorische Haltung vermittelt werden? Braucht es dafür grundlegend neue Ansätze in der Konzeption von Ausstellungen? Was können semiotische Ansätze für dieses Spannungsfeld zwischen Möglichkeiten und Grenzen von Kommunikation in Ausstellungen leisten?
Ziel der beiden Barcamps ist es, einen Austausch zwischen theoretischen und praktischen Perspektiven der Ausstellungskonzeption und -gestaltung zu schaffen. In den zwei parallel stattfindenden Workshops werden gemeinsam mit Kurator*innen, Kunstvermittler*innen und Studierenden des kultursemiotischen Masters der Universität Potsdam methodisch und inhaltlich neue Wege beschritten.
Moderation: Andreas Köstler (Universität Potsdam) und Beatrice Miersch (Kunstwissenschaftlerin)
Expert*innen: Claudia Czok (Diplomkunsthistorikerin, Berlin), Anne Fäser (Kunstvermittlerin und Kuratorin, Berlin), Tim Pickartz (freier Kunstvermittler und Kurator, Paderborn), Jana Scholze (Designkuratorin, Kingston)
Studierende: Lena Gerber, Katharina Hofbeck, Friedemann Schwenzer
11.30 - 13.00 Offenes Diskussionsforum
Interaktion statt Audioguide – Neue Formen dialogischen Führens
Museen und Ausstellungen stehen vor neuen Herausforderungen. Um Besucher und Besucherinnen für ihre Exponate zu interessieren, bedarf es offener und v.a. interaktiver Formen der Vermittlung. Verschiedene kommunikative Formate wie das dialogische Führen werden zunehmend praktiziert. Sie lösen die Museumsbesucher*innen aus der passiven Rolle des Betrachtens und animieren sie zu einer aktiven und selbstständigen Auseinandersetzung mit den mit Bedeutung aufgeladenen Objekten. Auf diese Weise können die kulturellen Sinnhorizonte sichtbar gemacht und ihre Deutungsmacht kritisch verhandelt werden.
Studierende das Masters „Angewandte Kulturwissenschaft und Kultursemiotik“ haben im Rahmen ihrer Praxistage innovative und erfolgreich erprobte Formate entwickelt, die eine solch offene und interaktive Annäherung ermöglichen.
Die Präsentation ihrer Formate und Zukunftsideen richtet sich an interessierte Museumsleiter*innen und Kurator*innen, die sich den Herausforderungen neuer Präsentationsformen der Kulturvermittlung stellen.
Moderation: Eva Kimminich (Universität Potsdam) und Marie Schröer (Universität Koblenz-Landau)
Expert*innen: Claudia Czok (Diplomkunsthistorikerin, Berlin), Anne Fäser (Kunstvermittlerin und Kuratorin, Berlin), Stefan Jahrling (Medienpädagoge, Museum für Kommunikation, Berlin), Dorett Mumme (Public Programming, HKW, Berlin), Jana Scholze (Designkuratorin, Kingston), Beate Wild (Museum europäischer Kulturen, Berlin)
Studierende: Flavia Cahn, Marie-Kathrin Elbel, Elias Krössin, Nina Röwer, Shih-Yin Hu, Corinna Wilms
13.00 - 14.00 Brain Food (Raum: Volmer / Süring 4-24a/b)
„Probleme wälzen und Pläne schmieden. Handhabung und Werkzeuggebrauch als Metaphernspender“
Dagmar Schmauks, Berlin
Obwohl wir immer häufiger in digitalen Welten unterwegs sind, stammen die meisten Redewendungen weiterhin aus ganz konkreten Bereichen. Wir behaupten etwa, unser Computer würde „Daten hin- und herschaufeln“ oder sei „mal wieder abgestürzt“. Eine Sichtung solcher Wendungen belegt, dass wir Denken und Sprechen konsequent so beschreiben, als würden wir konkrete Objekte handhaben: Wir „wälzen Probleme“, „schmieden Pläne“, „kramen in Erinnerungen“, „stellen Behauptungen auf“ oder „schmettern Einwände ab“.
Dabei tauchen besonders häufig traditionelle Handwerke auf. So beziehen wir uns auf die Jagd, wenn wir „ein Thema einkreisen“ oder „jemanden ködern“. Während gute Jäger „treffsichere Argumente“ verwenden, geht den schlechten so mancher „Schuss daneben“. Aus dem Ackerbau stammen Ausdrücke wie „Zweifel säen“ und „Gerüchte ausstreuen“. Kluge Bauern „ernten die Früchte ihres Fleißes“, während dumme nur „leeres Stroh dreschen“. Weil die Menschen immer schon in Kämpfe verwickelt waren, führen wir „Rededuelle“, „Wortgefechte“ oder „torpedieren“ das Projekt eines Konkurrenten. Das Textilhandwerk ist eine fruchtbare Ursprungsdomäne, wenn wir „Leitfäden“ formulieren, „etwas einfädeln“ oder „Kontakte knüpfen“. Die Vielfalt der Geflechte reicht vom prähistorischen Fischernetz über den „Ehebund“ bis zu „sozialen Netzwerken“ und dem „Internet“. Ärgerlich hingegen sind „krause Einfälle“ und „verfilzte Machtverhältnisse“. Das Bauwesen schließlich motiviert Ausdrücke wie „Gedankengebäude“ und „Textbausteine“ sowie wünschenswerte „Brückenschläge“ zwischen Disziplinen.
Viele kreative Wendungen beschreiben den Menschen als mehr oder weniger geschickten Handwerker. Der eine „weiß, wo der Hammer hängt“, der andere „geht mit dem Drahtkorb Milch holen“. Mancher versagt schon bei kleinsten Aufgaben („Kaffeewasser anbrennen lassen“), tut Überflüssiges („Seerosen gießen“) oder benutzt das falsche Werkzeug („mit Kanonen auf Spatzen schießen“). Schlichte Denker bleiben „Dünnbrettbohrer“, „können die eigene Unterschrift nicht fälschen“ oder „stehen auf der Seife“.
Neben diesen traditionellen Handwerken geht aber auch jede neue Technologie zügig in die Metaphorik ein, was sich wieder am deutlichsten bei den Schimpfwörtern zeigt. Neben altbekannten mechanischen Beschädigungen wie „behämmert“ und „durchgeschmirgelt“ werden nämlich auch Vorwürfe wie „Lass mal eine Hohlraumversiegelung machen!“ oder „Ein Upgrade fürs Gehirn wäre prima...“ spontan verstanden.
14.30 - 16.00 Offenes Diskussionsforum
Umgestalten statt Verwalten – Kunst und Aktionen im öffentlichen Raum
Subkulturen, Streetart, Bürgerbewegungen und Künstler*innen arbeiten mit Zeichen, Bildern, Gegenständen, Fotografien, Filmen oder Interaktionen im öffentlichen Raum. Sie setzen Zeichen und agieren symbolisch, um die Öffentlichkeit auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam zu machen, sei es im Hinblick auf gesellschaftliche Missstände, Benachteiligung einzelner Gesellschaftsgruppen, Aspekte der Umweltproblematik, die Verwirklichung von Menschenrechten oder die Auswirkungen des globalisierten Konsumkapitalismus. Die Weiterentwicklung dieses künstlerischen Zeichen-Handelns hat sich zunehmend zu interaktiven und partizipativen Formaten verschoben. Die dadurch eingeleitete Selbstermächtigung soll im Hinblick auf grundlegende soziokulturelle Wandlungsprozesse diskutiert werden, um den Handlungsbedarf der Entscheidungsinstanzen in den Blickpunkt zu rücken.
Moderation: Eva Kimminich (Universität Potsdam) und Fabiola del la Precilla (Universität Córdoba)
Semiotiker*innen: Eva Kimminich (Semiotik der Sub- und Jugendkulturen, Potsdam) Fabiola de la Precilla (visuelle Semiotik, Córdoba / Argentinien)
Künstler*innen: Stefan Krüskemper (Künstler und Co-Initiator der Citizen Art Days, Berlin), Kristina Leko (Künstlerin, Visual Arts und Dozentin, Berlin), Malte Nickau (Graco, Berlin), Jo Preußler (Graffiti-Museum, Berlin), Rocco und seine Brüder (Aktivisten im öffentlichen Raum)
Studierende: Mihaela Gladovitch, Lana Kvitelashvili, Thomas Puhlmann
Öffentlichkeit, Konflikte und Selbstbehauptung (Kristina Leko)
Kunst und Kooperation im Stadtraum (Stefan Krüskemper)
Umcodierung des Raums durch Graffiti (Jo Preußler)
Lokale Identität durch Wandgestaltung (Malte Nickau)
Die Rolle der Illegalität in der (aktivistischen) Kunst. (Rocco und seine Brüder)
19.30 - 21.00 Brain Food (Raum: Volmer / Süring 4-24a/b)
„Visuelle Kunst und Performance als politische Strategien“
Fabiola de la Precilla, Cordoba, Argentinien