26. September – Europäischer Tag der Sprachen: Mehrsprachigkeit und soziale Gerechtigkeit an europäischen Universitäten
Der Europäische Tag der Sprachen findet am 26. September statt. David Prickett, Leiter des Zentrums für Sprachen und Schlüsselkompetenzen (Zessko), betont dessen Bedeutung für die European Digital UniverCity (EDUC)-Allianz und wie die Förderung der Mehrsprachigkeit gemeinsame universitäre Werte wie Zusammenarbeit, Inklusion und Diversität stärkt. Diese Vielfalt an Sprachen fördert den interkulturellen Dialog und befähigt Studierende auf europäischen Campus, sich in einer stärker vernetzten und inklusiveren Gesellschaft zu engagieren.
Was ist die Bedeutung der Mehrsprachigkeit an europäischen Universitäten, besonders in Bezug auf den Europäischen Tag der Sprachen?
Prickett: Der Europarat feiert den Europäischen Tag der Sprachen 2024 unter dem Motto „Sprachen für den Frieden“, das die Rolle der sprachlichen Vielfalt und Bildung zur Förderung von Frieden, Zusammenleben und Demokratie hervorhebt. Mehrsprachigkeit ist fest in der Identität europäischer Universitäten verankert und entscheidend für die Förderung von kulturellem Verständnis und akademischer Zusammenarbeit. Die sprachliche Vielfalt bereichert die Bildungserfahrung auf unseren Campus, indem sie Studierenden und Mitarbeitenden verschiedene Denk- und Kommunikationsweisen näherbringt. Der Europäische Tag der Sprachen ist daher eine wichtige Gelegenheit, diese Vorteile hervorzuheben und nicht nur die sprachliche Vielfalt, sondern auch gemeinsame Werte wie Inklusivität, Offenheit und Respekt zu betonen.
In der European Digital UniverCity (EDUC)-Allianz fördern die Zentren für Sprachen und Schlüsselkompetenzen aktiv die Mehrsprachigkeit als Mittel zur Förderung von (virtueller) Mobilität, Kooperation und kulturellem Austausch. Der Europäische Tag der Sprachen erinnert daran, wie wichtig Sprachkenntnisse nicht nur für den akademischen Erfolg, sondern auch für die Schaffung eines stärker vernetzten und inklusiveren Europas sind.
Wie überschneidet sich die Förderung der Mehrsprachigkeit mit den Bemühungen um soziale Gerechtigkeit, insbesondere in Bezug auf schutzbedürftige Gemeinschaften?
Prickett: Diese Verbindung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das Sprachzentrum der Masaryk-Universität (Centrum jazykového vzdělávání, CJV MU, Tschechien) erforscht die Rolle von Sprachzentren bei der Unterstützung schutzbedürftiger Gemeinschaften, darunter indigene Bevölkerungsgruppen und Kriegsflüchtlinge. Sie setzen Sprache als Mittel zur Integration ein. So bieten sie zum Beispiel Swahili-Kurse an, um auf Sprachen, die an Sprachenzentren weniger angeboten werden, aufmerksam zu machen, und sie haben eine wichtige Rolle dabei gespielt, ukrainische Flüchtlinge nach der Krise 2022 in die tschechischsprachigen akademischen Programme zu integrieren.
Darüber hinaus nutzt das ESPULA-Projekt der Masaryk-Universität eine Kombination aus Sprachbildung, Technologie und Kulturerhalt, um indigene Gemeinschaften in Ecuador und El Salvador zu stärken. Dieses Projekt verbessert nicht nur die Bildungschancen dieser Gemeinschaften, sondern tut dies auch auf umweltfreundliche und nachhaltige Weise. Es zeigt, wie Sprachzentren über die traditionellen Bildungsgrenzen hinaus zu breiteren sozialen Gerechtigkeitsinitiativen beitragen können.
Wie haben die Sprachzentren in der EDUC-Allianz Minderheitengemeinschaften unterstützt, insbesondere in Bezug auf Ungleichheiten bei Gesundheitsinformationen?
Prickett: Das Nottingham Institute of Languages and Intercultural Communication (NILIC; Nottingham Trent University) hat sich mit diesem wichtigen Thema auseinandergesetzt, insbesondere im Kontext der Midlands-Region in England. Ihre Arbeit konzentriert sich darauf, Sprachbarrieren abzubauen, die verhindern, dass Minderheitengemeinschaften Zugang zu wichtigen Gesundheitsinformationen erhalten. Die COVID-19-Pandemie hat schwerwiegende Kommunikationslücken mit nicht-englischsprachigen Gemeinschaften aufgedeckt, und ihre Forschung hat gezeigt, dass in diesem Bereich bessere Sprachunterstützung erforderlich ist.
Sie leiten Initiativen zur Schulung von Gemeindemitgliedern und nicht-professionellen Dolmetschenden in Übersetzungstechniken, um sicherzustellen, dass wichtige Informationen diejenigen erreichen, die sie am dringendsten benötigen. Diese Art von gemeinschaftsorientierter Forschung und Lehre stärkt die Verbindung zwischen Universitäten und der Gesellschaft und bietet sowohl für akademische Programme als auch für lokale Gemeinschaften eine Win-win-Situation. Darüber hinaus entwickelt das Team des NILIC Service-Learning-Initiativen, die es Studierenden ermöglichen, ihre Sprach- und Übersetzungsfähigkeiten in realen Kontexten anzuwenden. Diese Herangehensweise bietet nicht nur den Studierenden Vorteile, sondern auch wesentliche Unterstützung für Minderheitengemeinschaften und stimmt mit den breiteren Zielen der sozialen Gerechtigkeit überein.
Wie verkörpern die unterschiedlichen Kooperationen des Zessko die Ziele des diesjährigen Europäischen Tages der Sprachen?
Prickett: Das Zessko fördert die sprachliche Vielfalt durch die Zusammenarbeit mit Sprachenzentren in der EDUC-Allianz und anderen internationalen Partnern. Mit gemeinsamen Videoaufgaben hat die „Russische Spracholympiade“ mit der Universität Gdańsk es den Studierenden ermöglicht, ihre russischen Sprachkenntnisse zu praktizieren und kulturelle Einblicke auszutauschen. Unsere Teilnahme an einem KI-Workshop an der Université de Lorraine hat unser Verständnis für den Einsatz von KI im Sprachunterricht an anderen europäischen Institutionen erweitert. Darüber hinaus konzentriert sich die Zusammenarbeit von Zessko mit der Escuela Superior Politécnica del Litoral (ESPOL, Ecuador) auf internationales Lernen und zukünftige COIL-Projekte und spiegelt das Engagement für Inklusivität und soziale Gerechtigkeit durch die Förderung von Sprachkentnissen wider.
Das Zessko ist nicht nur für die sprachpraktischen Kurse im Refugee Teachers Program verantwortlich, sondern auch für die Studienvorbereitung Brandenburg und den DSH+ Kurs, die sich an Studieninteressierte richten. Zudem fördert das studentische Projekt Pangea in Potsdam und Umgebung die sprachliche und kulturelle Integration von Geflüchteten sowie den interkulturellen Dialog zwischen Geflüchteten und und Personen ohne Fluchterfahrung.
Mehrsprachigkeit wird an europäischen Universitäten und darüber hinaus als Werkzeug für soziale Inklusion und Gerechtigkeit eingesetzt. Es wird spannend sein, zu beobachten, wie sich diese Projekte weiterentwickeln.
Kontakt: David James Prickett
Veröffentlicht am 25.09.2024