Forschung
Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (Psy&B - Psychische Gefährdungsbeurteilung)
Das wichtigste und teuerste Gut von Unternehmen sind ihre Beschäftigten. Dieses Gut kann durch ungünstig gestaltete Arbeitsbedingungen gefährdet werden. Während der Arbeitsschutz Risiken für die körperliche Gesundheit traditionell sehr gut im Blick hat, sind Risikofaktoren, die sich auf die psychische Gesundheit auswirken können, bislang zu wenig berücksichtigt worden. Der Gesetzgeber hat auf diese Lücke im Arbeitsschutz reagiert. Durch die Änderung des Arbeitsschutzgesetzes (§ 5 ArbSchG) sind Arbeitgeber seit dem 1. Januar 2014 verpflichtet eine Gefährdungsbeurteilung auch hinsichtlich psychischer Belastung durchzuführen.
Diese Verpflichtung stellt alle Akteure des betrieblichen Arbeitsschutzes vor große Herausforderungen: Psychische Belastung lässt sich - im Gegensatz zu Hitze oder radioaktiver Strahlung - nicht einfach mittels Thermometer oder Strahlennachweisgerät erfassen. Multiple Barrieren verhindern bislang eine flächendeckende Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Bisher wird lediglich in 20% der Unternehmen eine solche Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. Eine der zentralen Barrieren ist das Fehlen eines validen, den Marktbedürfnissen angepassten Verfahrens: Die betriebliche Praxis benötigt Verfahren, die nicht nur valide sind, sondern in der betrieblichen Praxis auch gut handhabbar sind und eine hohe Akzeptanz bei allen Akteuren finden. Dem stellt sich das Projekt Psy&B.
Das interdisziplinäre Projekt Psy&B setzt die aktuellsten Erkenntnisse zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen praxistauglich um. Es baut auf dem Arbeitsanalyseverfahren "Screening psychischer Arbeitsbelastung" (Metz & Rothe, 2017) auf, welches durch Expertengremien (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) als geeignet zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung eingeschätzt wurde und auch durch den TÜV Rheinland verwendet wird. Das Projekt Psy&B identifiziert Barrieren für die Umsetzung, analysiert Schlüsselparameter im Prozess des betrieblichen Gesundheitsmanagements und fokussiert auf die Überwindung dieser Barrieren. Hauptziel des Projekts ist die Entwicklung eines IT-basierten Instruments zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen.
Der online geführte Prozess der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung soll den Datenschutzanforderungen auf höchstem Standard entsprechen und durch spezifische Algorithmen eine ressourcenschonende Durchführung ermöglichen. Bei verschiedenen Pilotanwendern wird die Onlineumgebung erprobt, um eine modulare und ressourcenschonende Durchführung sowie eine rechtskonforme Auswertung psychischer Gefährdungsbeurteilung nach §5 ArbSchG anzubieten.
Haben Sie Fragen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung? Dann sprechen Sie uns gerne an! Wir suchen noch nach Unternehmen zur Pilotierung.
Projektmitarbeiter
Dr. Robert Brauer, Psychologie
Dr. Patrick Bröker, Ökonomie
Gianluca Camastro, Informationstechnologie
Das Vorhaben Psy&B wird im Rahmen des EXIST-Programms durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den Europäischen Sozialfonds gefördert.