Hinweise zur Entwicklung einer Hausarbeit - "How to do"?
Die folgenden Punkte sollten diejenigen, die hinsichtlich ihrer Hausarbeit unsicher sind, bei deren Ausarbeitung unterstützen. Dabei umfasst diese Hilfestellung einige wesentliche Punkte, die zur Orientierung dienen.
Bitte beachten Sie, dass diese Hilfestellungen keine Sprechstunde ersetzen und dass es bei der Entwicklung einer Hausarbeit immer von Vorteil ist, das geplante Thema mit dem/der Dozierenden in der Sprechstunde zu diskutieren. Dadurch können zum Beispiel der Umfang der Hausarbeit festgelegt und einzelne Themenkomplexe abgesteckt werden.
1. Themenfindung
Am einfachsten Finden sie ein Thema, indem Sie es einem besuchten Seminar entnehmen. Beispiele hierfür sind Reformen, Postbürokratie oder der NSU-Komplex. Wenn Ihnen dies nicht ausreicht, finden Sie weitere Inspiration in Fachzeitschriften (Zeitschrift für Soziologie, Berliner Journal für Soziologie, Kölner Zeitschrift für Sozialpsychologie etc.). Weitere Quellen für Themen stellen Zeitungen dar, aber auch sozialwissenschaftliche Blogs und Themenseiten wie soziopolis.de oder sozialtheoristen.de
Tipp 1: Machen Sie es schwieriger als es ist – Sie müssen nicht das Rad neu erfinden!
Tipp 2: Mögen Sie Podcasts? „Soziopod“ thematisiert aktuelle Themen aus soziologischen und benachbarten Blickwinken und kann als Inspirationsquelle dienen.
Bedenken Sie bei Ihrer Themenrecherche, dass Ihre Themen nicht abstrakt oder hochgestochen sein müssen. Themen können ganz im Gegenteil aus Alltagsbeobachtungen abgeleitet werden, sofern Sie ihre soziologische Relevanz und Brisanz kenntlich machen. Fahrstuhlfahrten, Partys, Besuche oder die Art der Kommunikationsweisen unter Nachbarn über „die da Oben“ haben jeweils auf ihre Weise eine soziologische Bedeutsamkeit. Dabei ist es Ihnen überlassen, welche Fragen sie an diese gesellschaftlichen Phänomene adressieren.
2. Problemerfassung
Als zweites müssen Sie genauer bestimmen, worin das Problem besteht, was da genau unverständlich oder verwunderlich ist. Manchmal ist dies offensichtlich, manchmal muss dies erst herausgestellt werden. Überlegen Sie also, welcher Aspekt daran aus Perspektive des Seminars interessant sein könnte. Um ein Beispiel zu nennen: Bei der "Frauenquote" könnte verwunderlich sein, dass so viele dafür oder dagegen sind, oder dass sie so wenig bringt oder warum man so etwas überhaupt braucht, wenn sich doch alles nach dem Leistungsprinzip richte? Hier könnten Sie mit Formulierungen, wie z. B. "Es fällt auf, dass …" oder "Völlig unverständlich ist, …." beginnen.
3. Entwicklung der Fragestellung
Ein Thema ist noch keine Frage, weswegen Sie eine geeignete Fragestellung für Ihre Hausarbeit formulieren müssen. Grundsätzlich sollte jede soziologische Fragestellung ein Spannungsfeld besitzen – sie darf also weder auf reine Beschreibung hinauslaufen (Sie schreiben kein Sachbuch!) und sollte sich von dem unterscheiden, was sie in den Medien lesen. Letzterer Fallstrick ist gleichwohl einfach zu umgehen, indem Sie sich bei der Formulierung Ihrer Frage auf eine bestimmte Theorie beziehen. Der Theoriebezug wiederum eröffnet ihnen verschiedene Möglichkeiten:
- Sie können testen, ob eine bestimmte Theorie in der Lage ist, ein bestimmtes Phänomen zu erklären
- Sie können verschiedene Erklärungsansätze miteinander vergleichen
- Sie können einen bestimmten Erklärungsansatz mithilfe eines anderen Ansatzes kritisieren oder erweitern
Merkmale einer guten Forschungsfrage:
- sie ist für Sie selbst als Schreibende interessant
- sie ist fachlich relevant
- sie thematisiert einen auffälligen Sachverhalt, ein fachliches Problem, einen Widerspruch oder eine Forschungslücke
- sie formuliert eine These, die Sie diskutieren
- sie ist präzise formuliert und im Rahmen einer Hausarbeit zu beantworten (also keine Fragen a la: Wie ist soziale Ordnung möglich)
4. Literaturrecherche
Der nächste Schritt ist die Literarturrecherche. Was findet man über dieses Phänomen? Und später: Welche einschlägige Literatur gibt es zu den ausgewählten Modellen/Begriffen/Theorien etc.? Gehen Sie in die Bibliothek! Blättern Sie auch mal durch die soziologischen Zeitschriften bzw. zu denen der "Organization Studies". Beispiele: KZfSS, Zeitschrift für Soziologie, Soziale Welt, Leviathan, u. a. m. Suchen Sie u. U. nach Literatur aus anderen Fachgebieten: Statistiken, Gesetze, historische Hintergründe etc. Wir raten Ihnen insbesondere bei Internetquellen, bei betriebswirtschaftlicher, pädagogischer und ähnlicher Literatur zur Vorsicht, ob die Quellen solide sind und ob sie zu Ihrem Thema wirklich passen. Prüfen Sie immer um was für eine Quelle es sich handelt - z. B. Erfahrungsbericht, Klage, wissenschaftliche Untersuchung, ein reißerischer Text aus der Boulevardpresse. Generell gilt: Sie dürfen letztlich all solche Quellen verwenden, müssen aber auch alles kritisch bewerten und einordnen.
5. Entwicklung einer These
Eine These ist nichts anderes als eine vorgezogene Antwort auf die vorher gestellte Frage. Sie zeigt zugleich, wie – vor allem mit welchen Begriffen, welcher Theorie – Sie die Frage beantworten werden. Wenn Sie eine These aufstellen, müssen Sie damit (implizit oder explizit) sagen, wogegen Sie argumentieren. Sie sagen, was ist (These) und damit auch was nicht ist (Antithese). Wenn keine Gegenthese denkbar ist, ist Ihre These zu banal. Beispiel: Ich gehe davon aus, dass die Frauen nicht selbst schuld sind, dass sie keine Karriere machen, und dass es nicht allein an fehlenden Kitas liegt, sondern …. Hier geht es also um: "Ich will hier zeigen, dass…", "Dahinter steckt , dass …".
Beispiel:
Die Forschungsfrage lautet: Warum sind Frauen im Management unterrepräsentiert?
- These 1: Sie trauen sich nicht, das eigene Potential einzusetzen. Das verweist auf psychologische oder auch pädagogische Theorien und die Arbeit sollte in den entsprechenden Fächern geschrieben werden.
- These 2: Das dahinterstehende Problem ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es gibt nicht genügend Kitas. Das verweist auf den Wohlfahrtsstaat. Gehen Sie mit Ihrer Hausarbeit vielleicht zur Allgemeinen Soziologie, zur Geschlechtersoziologie oder vielleicht auch zur VWL.
- These 3: Frauen sind in Unternehmen zwar formal gleichgestellt, real (Informell) werden sie jedoch durch old boys networks diskriminiert. Diese These verweist auf die organisationsinterne Strukturen, also auf einen organisationssoziologischen Ansatz. Jetzt sind Sie richtig.
6. Roter Faden der Argumentation /Gliederung
Denken Sie daran, dass in eine Arbeit alles einbezogen werden soll, was Ihre These belegt und damit auch Ihre Frage beantwortet. Alles andere gehört nicht in die Hausarbeit.
In die Einleitung kommt all das, was bisher diskutiert wurde: Problemstellung, Frage und These. Außerdem stellen Sie die Gliederung der Arbeit – Ihren roten Faden – kurz vor. Erläutern Sie die Gliederung der Arbeit, schreiben Sie kurz, was Sie wann machen. Gern können Sie mit einem Aufhänger, einem Erlebnis, einem Zitat aus der Zeitung o. Ä. beginnen. Denken Sie daran, eine wissenschaftliche Arbeit ist kein Krimi, sie wird interessanter, wenn man das Ergebnis voranstellt. Die Einleitung ist i. d. R. länger als Sie denken. Bei ca. 7 – 10 Seiten Gesamttext ist die Einleitung in der Regel 1 – 1,5 Seiten lang.
Der Hauptteil besteht dann aus zwei Abschnitten. Im ersten Abschnitt werden erst die Theorie bzw. die zentralen Begriffe vorgestellt. Dies sind die Theorien und/oder Begriffe, die bereits in der These auftauchen. Beispiel: Formalität, Informalität und wie Sie sich deren Verhältnis zueinander vorstellen. Welche Funktion haben Begriffe und Theorien? Es sind Werkzeuge; sie müssen also angewendet werden, sonst sind sie sinnlos! Achten Sie also darauf, dass es die Begriffe/Theorien sind, die Sie später auch nutzen, um das Phänomen zu verstehen und zu erklären. Im zweiten Abschnitt des Hauptteils wenden Sie die Begriffe sowie die Theorie auf Ihren Fall an. Beispiel: Welche formalen Erwartungen gibt es in dieser Organisation? Wer hat welche Interessen, Macht usw. Wie werden sie eingesetzt? usw.
Im Schluss greifen Sie Ihre Fragestellung und Ihre These auf. "Ich wollte hier erläutern, dass …" , "Zeigen konnte ich, dass ...". Wenn Sie sich der Grenzen der Fehler in Ihrer Argumentation bewusst sind, können Sie das jetzt gut anbringen. Danach können Sie Schlussfolgerungen ziehen, das Phänomen bewerten, Lösungsvorschläge bringen etc.
7. Anfertigen des wissenschaftlichen Apparats
Alles, was Sie nutzen, muss gekennzeichnet werden, sowohl im Text als auch im Literaturverzeichnis. Alles was Sie selbst nicht genutzt haben, hat im Literaturverzeichnis nichts zu suchen.
8. Überarbeiten, Formatieren, Korrekturlesen
Lesen Sie Ihren Text unbedingt noch einmal. Ist er verständlich? Was müssen Sie anders erläutern? Was fehlt? Ist die Argumentation nachvollziehbar und stringent? Überarbeiten Sie dementsprechend Ihren Text. Lesen Sie Ihren Text am Ende noch einmal auf Rechtschreibfehler etc. Korrektur.
Literaturtipps für einen gelungenen Start in die Organisations- und Verwaltungssoziologie
Eine gute Einführung in die Organisationstypen können Sie aus dem Werk "Handbuch der Organisationstypen" von Maja Apelt und Veronika Tacke entnehmen. Als Student/in der Universität Potsdam können Sie mit dem Cisco-Account darauf zugreifen.