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Interdisziplinäre DAAD-Sommerschule, 31.07.-11.08.2017

"Russland und Europa. Erfahrungen aus der Geschichte - Perspektiven für die Zukunft"

Maria, Teilnehmerin der UNECON (Sankt Petersburg)

„Die Sommerschule an der Universität Potsdam – das waren zwei Wochen, an die ich immer wieder gerne und mit Freude zurückdenke. Es gab ein sehr reichhaltiges Studienprogramm: wir russischen und deutschen Studierenden diskutierten gemeinsam aktuelle Tendenzen in der Zusammenarbeit unserer Länder, vor allem bezüglich der Bereiche Wirtschaft, Kultur, Politik, Journalismus und Zivilgesellschaft. Aber es war auch kulturell gesehen ein sehr reichhaltiges Programm. Auf verschiedenen Exkursionen lernten wir Berlin und Potsdam und natürlich auch uns selbst kennen. Die Organisatoren haben nicht nur für ein reichhaltiges und interessantes Programm gesorgt, sondern nahmen selbst aktiv an unseren Diskussionen teil und halfen uns bei allen Fragen und Problemen.“

In den ersten beiden Augustwochen 2017 fand in Potsdam eine slavistische Sommerschule unter dem Titel „Russland und Europa" statt. Teilnehmen an diesem Programm konnten bevorzugt Studentinnen und Studenten des Studiengangs Interdisziplinäre Russlandstudien der Universität Potsdam sowie Studierende der Partneruniversitäten dieses Studiengangs aus Universitäten in Irkutsk, St. Petersburg und Moskau.

Im Rahmen dieser Sommerschule sollten sich die Studierenden mit der Beziehung von Russland zu Europa in ihrer kulturgeschichtlichen Dimension sowie ihrer Aktualität auseinandersetzen. Dazu fanden Besuche in Institutionen, die sich mit den europäisch-russischen Beziehungen in Deutschland beschäftigten, statt. So besuchten wir beispielsweise das Auswärtige Amt, die Vertretung der Europäischen Kommission und den Deutschen Bundestag. Es wurden Diskussionsrunden mit wirtschaftlichen und medialen und wissenschaftlichen Osteuropaexperten organisiert und thematische Arbeitsgruppen gebildet, die für die restliche Gruppe Workshops zu den Oberthemen Wirtschaft, Außenpolitik, Medien, Kultur und Zivilgesellschaft vorbereiten sollten.

Gleichzeitig sollte die Sommerschule den russischen Gästen einen Eindruck von Potsdam und der Umgebung bieten, weshalb das Programm auch Stadtführungen und Gedenkstättenbesichtigungen beinhaltete. In der ersten Woche spielten sich die Programmpunkte in Potsdam ab, in der zweiten Woche ging es dann öfter nach Berlin.

Um in die Kontinuität der russisch-europäischen Beziehungen einzuführen, hielt Prof. Dr. Norbert Franz zu Beginn der Sommerschule eine dreigliedrige Vorlesung mit dem Titel „Einführung in die Geschichte der russisch-europäischen Beziehungen“. Dort spannte er einen weiten Bogen bis zurück zur Kirchenspaltung, um verschiedene Entwicklungslinien im östlichen und westlichen Europa zu erläutern. Die Stärke der historischen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei verschiedenen Stadtführungen in Potsdam nachvollziehen. So besichtigten wir die russische Kolonie Alexandrowka, die von Friedrich III. zum Andenken an seinen verstorbenen Freund, den russischen Zaren Alexander, nach dem übrigens auch der Alexanderplatz in Berlin benannt ist, erbauen ließ. Dass der russische Einfluss in Potsdam sich nicht auf die Zeit der Monarchien in beiden Ländern beschränkt, erfuhren wir im ehemals geschlossenen Städtchen des KGB und dem dazugehörigen ehemaligen KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße.

Wie ambivalent die Beziehungen Europas und Deutschlands zu Russland heute in Deutschland betrachtet werden, konnten wir anhand der Diskussionen mit den geladenen Experten feststellen. Heino Wiese, ein Unternehmer und Weggefährte Gerhard Schröders, ließ es sich nicht nehmen, den zweiten geladenen Experten, Boris Reitschuster, als Russland hassenden Schwarzmaler darzustellen, dessen Ausführungen über die Zustände in der russischen Politik völlig übertrieben seien. Gute wirtschaftliche Zusammenarbeit sei vonnöten, die er selbst durch sein Consultingunternehmen unterstützen könne, er habe gute Kontakte auch zu Regionalpolitikern, was die Durchführung von Projekten einfacher mache. Reitschuster malte dann aber gar nicht so schwarz und sprach, zur Freude der russischen Teilnehmerinnen, es waren nämlich ausschließlich Studentinnen, auf Russisch. Er erläuterte seine fünfzehnjährige Tätigkeit als Journalist in Russland und den rauer gewordenen Ton, die informellen Regeln, die bestünden, aber leider nicht allen Beteiligten klar seien und die internen Machtkämpfe, die auch mal Todesopfer fordern, wie das Boris Nemzovs, den er gut kannte. Eine ausgleichende Komponente schaffte Frau Dr. Gabriele Freitag, die als Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) die deutsche Beschäftigung mit Osteuropa reflektierte und Konjunkturen des Interesses an Osteuropa vor allem in Konfliktsituationen ausmachte.

Anastasia, Teilnehmerin von der Moskauer Staatlichen Gebietsuniversität

„Ich möchte mich bei Prof. Dr. Norbert Franz, Natalia Ermakova, Manuel Rommel und Eugen Rube bedanken! Sie machten alles, damit diese Sommerschule interessant und erfolgreich für uns werden konnte. Das war eine Sommerschule, die sich den europäisch-russischen Beziehungen widmete. Wir sollten uns in Gruppen aufteilen, um Workshops für die anderen zu organisieren. Wir hatten interessante Geschichtsvorlesungen von Professor Franz, Treffen mit bekannten Persönlichkeiten, besuchten die russische Kolonie Alexandrovka, Deutschen Bundestag, Auswärtigen Amt u.s.w. Und natürlich verbrachten wir sehr toll unsere Freizeit zusammen, weil immer eine angnehme Atmosphäre herrschte! Für mich selbst ist diese Zeit in Deutschland unvergesslich, weil wir verschiedene Momente und Emotionen zusammen erlebten. Außerdem habe ich neue Freunde gefunden, mit denen ich mich jetzt sehr oft unterhalten kann. Ich bin sehr froh und dankbar, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, an dieser Sommerschule teilzunehmen. “

Die Möglichkeit, in deutsche Institutionen wie das Auswärtige Amt hineinblicken zu können, war für die russischen Studentinnen sehr spannend. Dort wurde uns erläutert, wie diplomatische Beziehungen auch in schwierigen Zeiten weiterlaufen und in diesem Zusammenhang auch verschiedenen Sichtweisen der Krimkrise diskutiert. Bei diesen Gesprächen trat ein kultureller Unterschied sehr stark zutage: die deutschen Studierenden diskutierten eifrig, während sich die Gäste durchaus ihre Meinung gebildet hatten, diese aber nicht im offenen Plenum ansprechen wollten, da sie es eher nicht gewohnt sind Autoritätspersonen zu widersprechen oder deren Aussagen offen zu hinterfragen. Im Laufe der Sommerschule kamen dann aber auch immer mehr Fragen und Kommentare unserer Gäste.

In der zweiten Woche ging es dann an die Umsetzung der Workshops, die die verschiedenen Kleingruppen erarbeitet hatten. Die Arbeitsweise in den Workshops war sehr divers. Die Arbeitsanweisungen reichten von einem Planspiel der Wirtschaftsgruppe, die uns die Aufgabe gaben in verschiedenen Arbeitsgruppen einen Businessplan für eine Sprachschule in Russland zu errichten, über Stationsgespräche der Gruppen Außenpolitik, Kultur und Zivilgesellschaft, bis hin zum Erstellen von Medienbeiträgen in Kleingruppen zu einem politischen Szenario aus verschiedenen Perspektiven (deutsches, russisches und polnisches Fernsehen).

Da just mit der Sommerschule auch der warme Teil des Sommers begann, verbrachten wir unsere Freizeit gemeinsam in schönen Potsdamer Parks, an Seen und einige machten am freien Wochenende einen kleinen Ausflug nach Dresden. Beim Abschlussdinner wurde dann die weitere Zusammenarbeit besprochen. Es sollen zwischen den Partneruniversitäten nun auch gemeinsame Projekte stattfinden. So soll ein Reiseführer für die jeweiligen Städte, aus denen die Teilnehmer kamen, auf Russisch und Deutsch entstehen.


Die Sommerschule war damit sowohl inhaltlich, als auch im Zusammenbringen russischer und deutscher Studierender ein voller Erfolg.


Bericht von Elena Reck