Arbeitsweise und Wirkungsmach des UN-Menschenrechtsrates (12.07.2012)
Tagungsbericht
In der Veranstaltungsreihe „Studientag Vereinte Nationen“, dies das MenschenRechtsZentrum der Universität Potsdam (MRZ) seit 2007 durchführt, fand am 12. Juli 2012 ein Vortrag mit anschließendem Podiumsgespräch statt, der sich mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beschäftigte.
Referent war Dr. Theodor Rathgeber, der die Arbeit des Rates (und zuvor der Menschenrechtskommission) für das Forum Menschenrechte und andere Nichtregierungsorganisationen seit vielen Jahren beobachtet und begleitet. Auf dem Podium diskutierte mit ihm VLR Anke Konrad. Die Diplomatin war von 2006-2010 in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland beiden Vereinten Nationen in Genf tätig und ist seither im Arbeitsstab Menschenrechte weiterhin für den Menschenrechtsrat zuständig. Moderiert wurde der Studientag Vereinte Nationen vom geschäftsführenden Direktor des MRZ, Prof. Dr. Andreas Zimmermann.
Rathgeber schilderte einführend die Hintergründe des Wechsels von der Menschenrechtskommission zum Menschenrechtsrat, gab einen Überblick über die Aufgaben und erläuterte die Bedeutung beider Gremien für die Zivilgesellschaft weltweit. Die hochgespannten Erwartungen der Zivilgesellschaft an den Rat seien zunächst enttäuscht worden, als die alten Arbeitsweisen und Haltungen der Mitglieder zum Menschenrechtsschutz sich bruchlos fortgesetzt hätten. Mittlerweile gebe es allerdings Anlaß für einen gedämpften Optimismus.
Um dies zu begründen, beschrieb Rathgeber zunächst die Zusammensetzung des Rates und ging danach ausführlich auf die Arbeitsweise ein. Dabei hob er die deutlich verlängerte Sitzungszeit hervor - im Prinzip sei der Rat heute fast ein permanent tagendes Gremium - und ging auf das Verhalten einzelner Akteure und Akteursgruppen im Rat ein.
Die USA hätten nach dem Amtsantritt der Obama-Administration ihre Aktivität im Rat deutlich erhöht und sich strategisch um verläßlichere Mehrheiten für Länderresolutionen bemüht und sich für neue Länderresolutionen eingesetzt. Dem komme entgegen, daß es in Afrika mehr demokratisch legitimierte Regierungen gebe als früher. Diese agierten im Gegensatz zu den Vorgängerregierungen eher normorientiert und akzeptierten zivilgesellschaftliche Kritik. Außerdem herrsche unter den Ratsmitgliedern insgesamt eine größere Offenheit gegenüber thematischen Fragen.
Der nach fünf Jahren Ratstätigkeit vorgeschriebene Reviewprozeß habe nur kleinere Änderungen gebracht, etwa die minimale Verlängerung des UPR-Verfahrens. Aus Sicht der Zivilgesellschaft sei die Aufwertung der Nationalen Menschenrechtsinstitutionen im UPR-Verfahren besonders hervorzuheben. Beachtung verdienten auch die informellen Änderungen in den Arbeitsbedingungen des Menschenrechtsrates, so die Möglichkeit, Dringlichkeitsdebatten durchzuführen oder Ad-hoc-fact-finding-missions zu mandatieren.
Konrad stimmte zu, daß der Reviewprozeß erwartungsgemäß weitgehend ergebnislos geblieben sei. Sie schloß sich dem Lob der informellen Praxis anund befand, der Rat changiere zwischen „Macht und Ohnmacht“. Als „Sprachrohr der Opfer“ sei er sehr wichtig, er besitze eine hohe Relevanz für NGOs und verfüge über wichtige Instrumente. Seine Positionierung im System der Vereinten Nationen garantiere dem Thema Menschenrechte und dem Gremium selbst Aufmerksamkeit.
Während sich in den letzten Jahren gerade in Afrika eine größere Offenheit gegenüber dem Thema Menschenrechte gezeigt habe - Konrad führte dies auf die außenpolitische Schwächung von Algerien und Ägypten zurück - bleibe der selektive Themenzugang des Rates insgesamt zu beklagen. Auch die fehlende Durchsetzungsmöglichkeit bedeute eine klare Schwäche. Die Erwartungen an die Zukunft seien trotzdem nicht zu negativ. Dies erklärte Konrad mit dem Follow-up-Element in der zweiten Runde des UPR-Verfahrens, durch das ein „Shame-Faktor“ eingeführt werde. Außerdem arbeiteten die Sonderberichterstatter inzwischen recht kreativ und führten gemeinsam Länderbesuche durch. Die Vertreterin des Auswärtigen Amtes äußerte allerdings auch Kritik an „seltsamen“ Mandaten wie der neuen Arbeitsgruppe für das Recht auf Frieden.
In der Diskussion wurden zahlreiche weitere Themen angesprochen. So ging es unter anderem um das Abstimmungsverhalten im Rat, die Zusammenarbeit einzelner Staaten mit dem Rat, das Verhältnis des Menschenrechtsrates zum Sicherheitsrat und die Rolle der EU im Menschenrechtsrat.
Die gut besuchte Veranstaltung machte deutlich, daß die vom MRZ durchgeführte Reihe „Studientag Vereinte Nationen“ mit ihren ausgewählten Themen rund um die Vereinten Nationen eine interessante Ergänzung des Lehrangebots an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam darstellt. Die Juristische Fakultät hat den diesjährigen „Studientag Vereinte Nationen“ aus Mitteln der Zielvereinbarung unterstützt.