Double-blind-Reviewing, also das Verbergen der Identität der Autor*innen vor den Gutachtenden, wurde eingeführt, um weniger bekannten Nachwuchsforschenden eine faire Chance zu geben, sich gegen bekanntere Kolleg*innen durchzusetzen. Diese Begutachtungsform verhindert zudem einen möglichen Gender-Bias, also dass Beiträge abgelehnt werden, weil sie von Frauen stammen. Allerdings können auch Sprachstile oder andere Kennzeichen in einem Text zu Vorannahmen über das Geschlecht der Autor*innen führen.
Für eine empirische Bestandsaufnahme des Frauenanteils in der Informatik führten wir mit internationalen Kolleg*innen eine Studie durch. Ziel war es herauszufinden, in welcher Größenordnung die Unterrepräsentanz vorliegt und ob das Double-blind-Reviewing auch Diversität fördert. Dazu untersuchten wir den Frauenanteil unter den Autor*innen Zehntausender wissenschaftlicher Artikel aus den Jahren 1975 bis 2020.
Die Studie zeigt, dass der Frauenanteil erfreulicherweise seit Jahrzehnten kontinuierlich steigt, unabhängig von der Begutachtungsform. Allerdings gibt es die Hypothese, dass dieser Anstieg vor allem durch die stetig wachsende Zahl von Nachwuchswissenschaftlerinnen insgesamt bedingt ist und andere Hindernisse dadurch verschleiert werden. Besonders spannend im Hinblick auf die Gender-Diversität und mögliche Barrieren wäre es daher, den Frauenanteil abgelehnter Beiträge zu untersuchen. Es wird aber auch deutlich, dass die Informatik noch einen weiten Weg vor sich hat, um ebenso divers wie die Gesellschaft zu werden.
Link zum Artikel zur Studie: https://hpi.de/fileadmin/user_upload/fachgebiete/naumann/publications/PDFs/Bonifati2021diversity.pdf
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2022 „Diversity“ (PDF).