Der Wecker klingelt um 7:30 Uhr, wie jeden Morgen auf Sardinien. Heute soll der regenreichste Tag der Woche werden. Wir stellen uns also schon einmal auf nasse Klamotten ein. Dass uns das Wetter aber noch unseren halben Tagesplan ruinieren wird, hätten wir so nicht gedacht.
Erst einmal besuchen wir das neue archäologische Stadtmuseum Villa Sulcis in Carbonia. Hier werden Objekte und Dokumentationen von der Prähistorie über die Nuraghenzeit, die phönizische und die römische Zeit bis zum Mittelalter gezeigt. Da gerade nur wenige Touristen auf Sardinien, insbesondere in den archäologischen Stätten, unterwegs sind, ist die deutsche Reisegruppe der Universität Potsdam in der Gegend schon recht bekannt geworden. Nach unserem gestrigen Aufenthalt im Museum in Santadi hat dessen Leiter auch direkt von unserem Besuch in den sozialen Medien berichtet. Die Führerin des Stadtmuseums Villa Sulcis wusste also schon von uns. Das 2008 eröffnete Museum hat einige didaktische Besonderheiten: Hier können tatsächlich originale antike Fundstücke angefasst und genau studiert werden, sodass das Museum vor allem für Schulklassen attraktiv ist. Es gibt multimediale Ausstellungsobjekte, und mit entsprechender Verkleidung können die Schülerinnen und Schüler in die Rolle der Menschen der Antike schlüpfen.
Auf unserer Weiterfahrt Richtung Norden geht es über Serpentinen auf und ab, bis wir schließlich den Tempel von Antas erreichen. Die archäologische Sehenswürdigkeit liegt in einem abgelegenen Tal des Flusses Antas im Südwesten der Insel an den Hängen des Berges Conca 'e s'Omu. Es ist ein ursprünglich punisches, später römisches Heiligtum, das dem Gott Sardus Pater gewidmet ist. Sowohl vom punischen als auch vom römischen Heiligtum, bestehend aus Pronaos, Cella und Adyton, blieb nur wenig erhalten: einige Säulen und eine zwanzig Meter lange Fundamentplattform. Üblicherweise richteten die Römer ihre Tempel nach Osten aus. Dieser aber zeigt, wie sein punischer Vorläufer, in nordwestliche Richtung. Am Eingang stehen vier etwa acht Meter hohe Säulen aus heimischem Kalkstein, die bei der 1976 abgeschlossenen Restaurierung wiederaufgestellt wurden.
Auf einer kleinen Anhöhe neben dem Tempel sind noch die Überreste eines Nuraghendorfes zu sehen, welches auf ca. 1200 v. Chr. datiert wird. Umliegende Wanderwege führen uns von dem mystischen Ort hinauf auf einen kleinen Berg, aus dem die Römer die riesigen Steine für die Säulen gehauen haben. Während im Hochsommer der Tempel und die Wanderwege von Touristen überfüllt sein sollen, haben wir jetzt in der Nebensaison die Möglichkeit, uns alles in Ruhe anzuschauen.
Auf dem Rückweg nach Cagliari möchten wir noch die Gräber von Matzanni, ein nuraghisches Bergheiligtum im Südwesten Sardiniens, besichtigen. Mit unserem Kleinbus aber kommen wir auf dem steilen und schlammigen Weg zum 692 Meter hohen Berggipfel nicht voran. Wir entscheiden uns umzukehren. Auch unser letztes Tagesziel, die archäologische Stätte San Cromazio, müssen wir wegen einer Absperrung und des schlechten Wetters ausfallen lassen.
Das schmälert aber nicht den Erfolg unserer Exkursionswoche, an deren Ende wir noch einmal zu einem gemeinsamen Abendessen zusammenkommen. Am nächsten Morgen trennen sich unserer Wege. Einige sitzen schon im Flieger, andere verbringen den Tag noch im Botanischen Garten und im Vogelschutzgebiet von Cagliari, bevor eine Übernachtung im Flughafen von Mailand ansteht und der finale Flug nach Berlin abhebt.