Hurra, unser Bus ist wieder da – und schon brechen wir auf in Richtung Pontisches Gebirge am Nordrand des Plateaus, um die Gebirgsbildung zwischen Plateau und Schwarzem Meer zu erkunden. Unser Ziel ist die Stadt Kastamonu. Einen ersten Stopp machen wir nach kurzer Fahrtzeit in der Nähe von Acıgöl, immer noch in der anatolischen Vulkanprovinz südwestlich von Ürgüp. Die Landschaft ist geprägt durch kleine kegelförmige vulkanische Eruptionszentren und dazwischenliegende, kreisrunde Senken. Beide Phänomene eröffnen uns die fantastische Möglichkeit, weitere Formen von Vulkanismus in enger Nachbarschaft zueinander zu erkunden. Wir halten an einer solchen Senke. Zunächst werden in altbewährter geologischer Arbeitsweise die Gesteine und Komponenten des Aufschlusses erfasst und charakterisiert, um die Entstehung der Ablagerungen zu verstehen.
Das Vorhandensein von vulkanischem Glas (Obsidian), vulkanischer Asche und aus großer Tiefe herausgeschleuderten, zerbrochenen Gesteinsklasten (Xenolithe), die in nach außen geneigten Schichtlagen am Rand der Senke sichtbar sind, deuten auf den explosiven vulkanischen Ursprung der Ablagerungen hin.
Diese geologischen und morphologischen Eigenschaften lassen uns darauf schließen, dass wir uns in einem der vielen Maare dieser Region befinden, wie wir sie beispielsweise auch aus der Eifel kennen. Doch was zeichnet ein Maar aus und warum ist der Ausbruch so explosiv? Maare verdanken ihre Entstehung der Interaktion von Magma und Grundwasser. Hierbei kommt das aufsteigende Magma in einer Tiefe von etwa hundert Metern mit Grundwasser in Kontakt, das in einer Explosion verdampft und einen Krater hinterlässt. Beim Abschreckungsvorgang des Magmas entsteht dabei auch das vulkanische Glas.
In unmittelbarer Nähe des Maars befindet sich eine Erhebung, die einem stumpfen Kegel gleicht und ebenso vulkanischen Ursprungs ist. Diese Erhebung hat jedoch eine andere Entstehungsgeschichte: Hier trat sehr zähflüssiges, siliziumreiches Magma wie aus einer Zahnpastatube an der Erdoberfläche aus und bildete einen sogenannten rhyolithischen Dom. Diese Art von Magma entsteht, wenn es lange in der Erdkruste verbleibt, das umliegende Krustengestein mit aufschmilzt und dadurch reich an Silizium wird.
Wir fahren vorbei an alten Karawansereien weiter ins Tuz Gölü (dt. Salzsee)-Becken – gleichsam wie eine Reise vom Feuer ins Salz, denn hier befindet sich der mit 110 Quadratkilometern Fläche größte Salzsee der Türkei. Zum Vergleich: Dieses Seebecken ist zweimal so groß wie der Bodensee, salzhaltiger als der Große Salzsee in Utah und eine wichtige Lagerstätte für Borate und Lithium. Die Entstehung des seismisch aktiven Tuz Gölü-Beckens hängt zusammen mit aktiven grabenbildenden Verwerfungen. Eine dieser Störungszonen schauen wir uns auf der Grabenschulter am Südostrand des Beckens an und erörtern neben der tektonischen Entwicklung auch hydrologische Veränderungen im Zusammenhang mit Klimaschwankungen des Eiszeitalters. Erstaunlicherweise gab es hier während der letzten Eiszeit keine Salzpfanne, sondern einen tiefen Süßwassersee, als Folge feuchterer Klimabedingungen im anatolischen Hochland, die auch die Vergletscherung der benachbarten Schichtvulkane ermöglichten. Bei Einbruch der Dunkelheit verlassen wir die Hochebene und fahren nun über Ankara in das Pontische Gebirge.
Text: Rebecca Amberger und Martina Rosskopf
Online gestellt: Matthias Zimmermann
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