Der heutige Tag ist der gemeinsamen Analyse der am Vortag gesammelten Drohnendaten gewidmet. Doch ehe wir die Bearbeitung der Punktwolken beginnen, gibt uns Bodo Bookhagen eine detaillierte Einführung in die Structure-From-Motion-Methode. So bekommen wir das nötige Verständnis für die Datenverarbeitung und können diese Kenntnisse später für unsere eigenen Fragestellungen in den jeweiligen Arbeitsgebieten anwenden.
Anschließend wird die errechnete Punktwolke mit verschiedenen Visualisierungsprogrammen analysiert und zu unseren eingemessenen Referenzpunkten in Beziehung gesetzt. Das vermessene Gebiet ist trotz seiner Trockenheit teilweise mit Vegetation bedeckt, was die Erstellung eines digitalen Geländemodells der Erdoberfläche stark einschränkt. Deshalb führen wir in einem nächsten Schritt eine Klassifizierung der Punktwolke durch und unterscheiden zwischen der eigentlichen Erdoberfläche („bare Earth“) und der Vegetationsbedeckung. Somit sind wir nun in der Lage, die Vegetation zu interpolieren. Ehrlich gesagt rauchen uns mittlerweile die Köpfe, aber das Resultat unserer Anstrengungen ist wirklich phänomenal. Wir haben nun ein digitales Geländemodell mit einer Auflösung von 50 Zentimetern! Diese neue Datenbasis stellt die mithilfe der Drohne aufgenommene Faltenstruktur mit großer Genauigkeit dar, sodass wir nun alle rezenten Deformationsphänomene erkennen und beziffern können.
Unsere Daten zeigen eindeutig, dass die tektonische Deformation der Erdkruste in den engen Andentälern auch im Erdzeitalter Quartär, also etwa während der letzten 2,6 Millionen Jahre, weiterhin stattgefunden hat und die Region vermutlich auch weiterhin prägen wird. Unsere dokumentierte Faltenstruktur im südlichen Calchaquí-Tal passt nun auch in den Kontext eines Erdbebens, das im Jahr 1930 mit der Magnitude 6.8 in La Poma, im extremen Norden des Tals, sein Zentrum hatte und über das uns Professor Manfred Strecker bereits in der regionalen Einführung informiert hat. Dabei wurde am 4. Dezember 1930 die Kleinstadt La Poma völlig zerstört und viele Menschen kamen ums Leben. Die Stadt wurde nicht wieder aufgebaut, stattdessen legte man weiter südlich eine neue Siedlung. Diese Informationen wirken bei uns noch lange nach und führen uns vor Augen, wie wichtig geowissenschaftliche Untersuchungen und die Erkennung von Naturgefahren in diesen erdbebengefährdeten Hochgebirgsregionen tatsächlich sind.
Nach einer kurzen Pause geht es am Abend mit unserer Vortragsreihe weiter: Constanza Rodriguez Piceda informiert uns über computergestützte Sedimentbeckenmodellierungen, Enrico Ribacki spricht über pegmatitische Lagerstätten in den Anden sowie Seltene Erdmetalle und deren wirtschaftliche Bedeutung für die High-Tech-Industrie.
Um 20 Uhr sind wir „erschlagen“, freuen uns aber sehr auf das heutige Asado im Innenhof des ehemaligen Schulgebäudes. Es gibt Spezialitäten vom Grill; das Feuer sorgt für den typischen Geruch des Campo in Nordwestargentinien: eine Mischung aus brennender Holzkohle des Algarrobo-Baums und des aromatischen Jarillobusches. Wir fühlen uns wohl. Das stimmt auch Manfred ein, um beim gemütlichen Beisammensein allen beteiligten Lehrenden und Kooperationspartnern für ihren engagierten Einsatz zu danken und die Wichtigkeit unseres Projekts für die Bildung internationaler Netzwerke, den Transfer von Wissen und den kulturellen Austausch hervorzuheben. An dieser Stelle danken wir auch Dr. Veronica Torres Acosta, die sämtliche logistischen Vorbereitungen bereits von Potsdam aus organisiert hat und vor Ort für einen reibungslosen Ablauf des Workshops und der bevorstehenden Geländeschule sorgt.
Es ist spät – se hizo tarde. ¡Estamos muy cansados y tenemos que irnos a la cama!
Hintergrundinformationen zur Reise der Potsdamer Geowissenschaftler
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Text: Malte Stoltnow, Gregor Lauer-Dünkelberg
Online gestellt: Matthias Zimmermann
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuuni-potsdampde