Voltaire-Preisträgerin 2025: Rosario Figari Layús
Die aus Argentinien stammende Soziologin Prof. Dr. Rosario Figari Layús vom Zentrum für Versöhnungsforschung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn erhält in diesem Jahr den „Voltaire-Preis für Toleranz, Völkerverständigung und Respekt vor Differenz“. Mit dieser Auszeichnung ehrt die Universität Potsdam bereits zum neunten Mal eine Persönlichkeit aus der Wissenschaft, die sich in besonderer Weise für den gesellschaftlichen Dialog, die Freiheit von Forschung und Lehre sowie für das Recht auf freie Meinungsäußerung einsetzt. Der von der Friede Springer Stiftung finanzierte und mit 5.000 Euro dotierte Preis wird heute im festlichen Rahmen des Neujahrsempfangs der Universität Potsdam auf dem Campus Griebnitzsee übergeben.
Prof. Dr. Rosario Figari Layús widmet ihre Forschung und ihr gesellschaftliches Engagement der Verteidigung der Menschenrechte, der wissenschaftlichen Aufklärung und der Förderung von Gerechtigkeit und Frieden, besonders in Lateinamerika. Dort hat sie in Kontexten extremer Gewalt und Diskriminierung geforscht und gleichzeitig unermüdlich daran gearbeitet, den Stimmen der Opfer Gehör zu verschaffen und deren Rechte zu verteidigen. Bereits während ihres Studiums in Buenos Aires interviewte sie für ein Forschungsprojekt zu den Verbrechen der Militärdiktatur in Argentinien Angehörige von Verschwundenen sowie Überlebende illegaler Inhaftierungen und Folter. Später befasste sie sich mit der paramilitärischen Gewalt in Kolumbien und arbeitete eng mit Opfern des bewaffneten Konflikts zusammen. Dies erforderte nicht nur Mut, sondern auch ein hohes Maß an ethischem Verantwortungsbewusstsein. „Frau Layús stellte stets den Schutz und die Würde der Betroffenen in den Mittelpunkt ihrer Forschung und sorgte dafür, dass diese möglichst von den Ergebnissen profitieren konnten“, hebt Jurymitglied Prof. Dr. Florian Schweigert in seiner Laudatio hervor.
Während ihrer wissenschaftlichen Arbeit wurde Rosario Figari Layús mehr und mehr bewusst, dass in von Gewalt geprägten Gebieten oft auch die Sicherheit von Forschenden bedroht ist. Deshalb gründete sie 2018 mit Kolleginnen und Kollegen das internationale Netzwerk „Academicxs en Riesgo“, das dabei hilft, die Risiko- und Bedrohungslage in Lateinamerika international sichtbarer zu machen, Unterstützungen zu fördern und gemeinsame Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Dieses Netzwerk umfasst mittlerweile 200 Mitglieder aus 15 Ländern und wächst stetig weiter. Seit zwei Jahren ist Rosario Figari Layús zudem Mitglied im Beirat des Chair for the Protection of Human Rights Defenders der UNESCO, in dem sie sich aktuell für die Entwicklung eines „good practice“-Fahrplans engagiert: Bis 2026 sollen Universitäten konkrete Werkzeuge an die Hand bekommen, um Menschenrechte und Meinungsfreiheit aktiv zu verteidigen und bedrohten Forschenden sichere Räume zu schaffen. „Frau Layús verkörpert mit ihrer Arbeit, ihrer Beharrlichkeit und ihrem Mut die Ideale Voltaires auf beeindruckende Weise“, betont Laudator Florian Schweigert. „Ihre Bereitschaft, für die Meinungsfreiheit einzutreten, auch wenn es unbequem oder gar gefährlich wird, ist in unserer heutigen Zeit ein unverzichtbares Vorbild.“ Forschung zu sensiblen Themen wie Menschenrechten, politischer Gewalt und sozialen Bewegungen berge nicht nur persönliche Risiken, sondern erfordere auch eine außergewöhnliche Klarheit und Standhaftigkeit, so Prof. Dr. Florian Schweigert.
Rosario Figari Layús studierte Soziologie an der Universität von Buenos Aires und Politikwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. An der Philipps-Universität Marburg promovierte sie zum Thema „Soziale Auswirkungen von Strafprozessen wegen Menschenrechtsverletzungen in Argentinien“. Der Schutz der Menschenrechte gehört zu den Schwerpunkten ihrer wissenschaftlichen Arbeit, wie auch die Friedens- und Versöhnungsforschung, Transitional Justice, politische und geschlechtsspezifische Gewalt sowie die Wissenschaftsfreiheit. Derzeit bekleidet sie eine Juniorprofessur für Versöhnungsforschung an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.