Studiengänge an der JHS
Das Hochschuldirektstudium
An der Juristischen Hochschule des MfS (JHS) umfasste das Hochschuldirektstudium ohne geheimdienstliche Spezialausbildung und Abfassung der Diplomarbeit zumeist eine reine Ausbildungszeit von drei Jahren. Dies entsprach einer um zwei Jahre kürzeren Regelstudiendauer im Vergleich zu einem regulären rechtswissenschaftlichen Studium in der DDR.
Zunächst richtete sich das Direktstudium an der JHS vorrangig an erfahrene Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, die auf diese Weise eine Weiterqualifizierung erfuhren. So erfolgte eine Zulassung zum Studium lediglich nach Delegierung durch die jeweilige Diensteinheit oder die Hauptabteilung Kader und Schulung. 1984 fand schließlich die Einführung einer neuen Studienform statt, dem sogenannten „Offiziersschülerlehrgang“. Der alte Studiengang lief damit aus. Dadurch veränderte sich die Zusammensetzung der Studentenschaft im Direktstudium, die nun hauptsächlich aus Abiturienten bestand. Der Fokus wurde auf diese Weise mehr und mehr auf die Ausbildung leitender und mittlerer leitender Nachwuchskader gelegt, die künftig als Akademiker im Geheimdienst tätig werden sollten.
Die Schulabgänger wurden zunächst in das MfS eingestellt und einer sechswöchigen militärischen Grundausbildung unterzogen. Daran schloss für die Dauer eines Jahres die Zuweisung zu einer Diensteinheit an. Erst im Anschluss an diesen sogenannten „studienvorbereitenden Prozess“ erfolgte die Delegierung an die JHS. Diese Vorlaufphase diente zum einen als Eignungsprüfung und zum anderen als ideologische Vorprägung. Sie umfasste ausschließlich geheimdienstliche Tätigkeitsfelder. Dies entsprach allerdings ebenfalls dem Studium an der JHS selbst. Zwar wurden hier ausschließlich rechtswissenschaftliche Abschlüsse vergeben, doch bei einem Anteil von 20 Prozent rechtswissenschaftlicher Lehrgebiete war es nicht vorgesehen, Juristen für den Justizdienst zu befähigen.
Das Direktstudium bestand seit 1986 aus 12 Lehrgebieten mit einem Arbeitsaufwand von insgesamt 2.616 Stunden:
- Grundlagen des Marxismus-Leninismus
- Die Arbeit mit IM sowie die Anwendung ausgewählter operativer und kriminalistischer Mittel und Methoden
- Grundfragen der marxistisch-leninistischen Theorie des sozialistischen Staates und des sozialistischen Rechts, des Staatsrechts der DDR und des Völkerrechts
- Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und des MfS - Grundfragen der marxistisch-leninistischen Imperialismusanalyse und der vom Imperialismus ausgehenden Subversion gegen den realen Sozialismus
- Operative Psychologie
- Politisch-operative Grundlagenarbeit zur Sicherung von gesellschaftlichen Bereichen, Territorien und Personenkreisen
- Grundfragen der Verwirklichung des Rechts im Kampf gegen die subversiven Angriffe des Feindes
- Die Bearbeitung von Operativen Vorgängen
- Grundfragen der Leitung der politisch-operativen Arbeit und der Nutzung der EDV in der politisch-operativen Arbeit
- Ausbildung in der russischen Sprache
- Militärische Ausbildung
Im Rahmen des 1. – 3. Studienjahres fand eine Grundausbildung durch Lehrveranstaltungen in Form von Vorlesungen, Seminaren und Übungen statt, ergänzt durch ein obligatorisches Berufspraktikum. Dieses berufsbezogene Praktikum konzentrierte sich auf die Arbeit mit inoffiziellen Mitarbeitern. Dies schloss ebenso die Vorbereitung und Teilnahme an Mitarbeitertreffen ein, wie die Vergabe von Aufgaben an diese und die Einschätzung ihrer Arbeitsleistung. Auch wurden die Praktikanten direkt in die operative Arbeit, wie z.B. Personenkontrolle, einbezogen.
Im Anschluss daran erfolgte im 4. Studienjahr eine 12-wöchige Spezialausbildung. Das Studium schloss mit der Anfertigung der Diplomarbeit, die innerhalb von 5 Wochen zu erfolgen hatte, sowie deren Verteidigung. Bei erfolgreichem Abschluss des Studiums wurde das rechtswissenschaftliche Diplom verliehen sowie der Absolvent in den Rang eines Leutnants erhoben.
Das Hochschulfernstudium
Das Hochschulfernstudium ähnelte dem Direktstudium an der Juristischen Hochschule des MfS (JHS) in hohem Maße. Auch hier sollten leitende und mittlere leitende Kader ausgebildet werden. Es fand in den Außenstellen der JHS statt und stand Studenten im Alter zwischen 25 und 35 Jahren offen. Die damit im Durchschnitt zehn Jahre älteren Fernstudenten mussten im Gegensatz zu den jüngeren Direktstudenten neben einer allgemeinen Hochschulreife auch eine je nach Studienordnung drei- bis fünfjährige politischoperative Diensterfahrung im MfS vorweisen. Zudem sollten sie eine Dienststellung ab Arbeitsgruppenleiter innehaben oder einer Kaderreserve für derartige Dienststellungen angehören. Das Studium erfolgte neben dem Einsatz im MfS in Form von regelmäßigen Freistellungen für Unterrichtseinheiten und Seminartagen. Da auf diese Weise ein höchstmöglicher Grad der Vereinbarkeit von Weiterbildung und Arbeitsleistung ermöglicht wurde, handelte es sich bei dem Hochschulfernstudium um die am häufigsten gewählte Studienform an der JHS.
Auch das Hochschulfernstudium wies insgesamt – inklusive Abfassung der Diplomarbeit – eine Dauer von vier Jahren auf. Es umfasste allerdings mit bis zu 954 Unterrichtsstunden ein wesentlich geringeres Studienvolumen als das Direktstudium mit 2.616 Stunden. Daher verfügte es auch nur über sieben Lehrgebiete:
- Der Marxismus-Leninismus als Grundlage der Politik der Partei und des Kampfes des MfS
- Grundfragen der Verwirklichung des Rechts zur Vorbeugung und Bekämpfung subversiver Angriffe
- Grundfragen der Leitung der politisch-operativen Arbeit
- Die politisch-operative Sicherung von Bereichen, Territorien, Personenkreisen und ihre Leitung
- Die Entwicklung Operativer Vorgänge und Vorkommnisuntersuchung
- Probleme der Verwirklichung des Völkerrechts und der Schlußakte von Helsinki
- Pädagogisch-psychologische Aspekte der Arbeit mit den Kadern.
Nach erfolgreicher Abfassung und Verteidigung der Diplomarbeit innerhalb von 5 Wochen schloss das Hochschulfernstudium ebenfalls mit einem rechtswissenschaftlichen Diplom sowie der Erhebung in den Rang eines Leutnants ab.
Das Fachschulstudium
Die 1970 eröffnete Fachschule war ein festintegrierter Bestandteil der JHS. Sie setzte sich aus einer Leitstelle und den jeweiligen Außenstellen in den Bezirksverwaltungen zusammen. Die Kurseinheiten wurden von Lehrpersonen der JHS durchgeführt.
Das Fachschulstudium richtete sich vornehmlich an die unterste Leitungsebene des MfS und wurde rege in Anspruch genommen. Einige Schätzungen liegen bei insgesamt fast 20.000 Absolventen, davon 74 Prozent im Fachschulfernstudium. Zulassungsvoraussetzung war der Abschluss der 10. Klasse sowie u.a. eine erfolgreiche Offiziersausbildung im MfS.
Das Studium wurde in 15 Spezialisierungen angeboten, die entweder mit der fachlichen Ausrichtung Rechtswissenschaft oder Staatswissenschaft gelehrt wurden. Die genaue Studienwahl erfolgte nach der Art der jeweiligen Dienststellung. Die Ausbildungsdauer variierte je nach Spezialisierung und Fachrichtung beim Direktstudium zwischen etwa 12 bis 24 Monate und beim Fernstudium zwischen etwa zwei bis drei Jahren. Das Studium schloss mit einer ca. dreißigseitigen Abschlussarbeit.
Nach erfolgreichem Abschluss war der Absolvent der Fachrichtung Rechtswissenschaft dazu berechtigt, den Titel „Fachschuljurist“ und der Absolvent der Fachrichtung Staatswissenschaft den Titel „Staatswissenschaftler“ zu führen.
Das externe Studium
Im Zentrum des externen Studiums an der Juristischen Hochschule des MfS (JHS) stand die Aus- bzw. Weiterbildung von besonders erfahrenen und bewährten leitenden Angestellten (wie Leiter von Hauptabteilungen oder Bezirksverwaltungen u.a.). Die Anzahl der Auszubildenden war auf 10 - 15 Teilnehmer beschränkt. Die Studiendauer betrug 18 Monate. In deren Verlauf mussten nicht nur insgesamt 18 Zwischen- und Hauptprüfungen absolviert werden. Auch die Diplomarbeit war in dieser Zeit zu schreiben.