Die Juristische Hochschule des MfS (JHS) 1965 bis 1990
Am 20. Juni 1965 wurde der seit 1955 bestehenden „Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit“ in Eiche bei Potsdam der offizielle Hochschulstatus verliehen. Sie erhielt den Namen „Juristische Hochschule Potsdam“ (JHS) und blieb dem Minister für Staatssicherheit direkt unterstellt. Ihr Lehr- und Forschungsbetrieb wurde umstrukturiert und erweitert, wobei die grundlegenden Direkt- und Fernstudienlehrgänge beibehalten blieben. Maßnahmen wie die Einrichtung eines Senats oder die Ernennung eines Rektors sowie Prorektoren sollten die JHS an das Hochschulsystem der DDR anpassen.
Diese Reformen können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Juristische Hochschule bis 1989 offiziell nie zum DDR-Hochschulsystem gehörte. Dies lag nicht nur in ihrer Unterordnung und damit Abhängigkeit zum MfS begründet. Es galt auch das strikte Gebot der Geheimhaltung. Dieses stand dem fachlichen Austausch mit anderen akademischen Instanzen sowie der Überprüfbarkeit der eigenen Forschungsergebnisse – essentielle Kriterien der Wissenschaftlichkeit – diametral entgegen.
Zudem war die JHS in keinem Hochschulregister der DDR verzeichnet. Sie existierte damit in der Öffentlichkeit nicht. Auf Prüfungszeugnissen, Urkunden oder im Schriftverkehr erschien sie lediglich als „Juristische Hochschule Potsdam“. Die Zugehörigkeit zum Ministerium für Staatssicherheit sollte auf diese Weise verschleiert werden.
Die Studiengänge der JHS schlossen sowohl im Direkt- als auch im Fernstudium mit einem rechtswissenschaftlichen Diplom ab. Somit war die Ausbildung in Eiche formell einem rechtswissenschaftlichen Studium einer anderen DDR-Hochschule gleichgestellt. Am 18. Juni 1968 kam zudem das Verleihungsrecht für den akademischen Grad Doktor eines Wissenschaftszweiges, also hier „Doctor iuris“, hinzu, der gemäß der allgemeinen Hochschulgesetzgebung der DDR der Promotion A entsprach. Am 1. Juni 1981 folgte schließlich das Recht auf die Durchführung der Promotion B und die Verleihung des akademischen Grades Doktor der Rechtswissenschaften, dem „Doctor scientia iurum/iurisprudentiarum“.
Auch in den 1980er Jahren wurde die Juristische Hochschule sukzessive ausgebaut und vor allem auf die Qualifizierung des Nachwuchses ausgerichtet. Eine der wichtigsten Maßnahmen war die Einrichtung eines Hochschuldirektstudiums der Rechtswissenschaft für vornehmlich Abiturienten im Jahr 1984. Die alten Direktstudiengänge für erfahrene MfSKader liefen hingegen aus. Des Weiteren wurde die Juristische Hochschule des MfS 1986 der Leitung der Hauptabteilung Kader und Schulung unterstellt. Dies betraf vor allem die Beteiligung an der Ausarbeitung von Lehrprogrammen, am Zulassungsverfahren und bei Personalangelegenheiten der Hochschule.
Trotz unzureichender Quellenlage, lässt sich vermuten, dass der Lehrbetrieb der JHS im Direktstudium bis in den Herbst 1989 hinein weitgehend isoliert und unbehelligt vom Tagesgeschehen vonstattenging. Erst durch die Umwandlung des Ministeriums für Staatssicherheit in das Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) im November 1989 und seiner im Dezember eingeleiteten Auflösung unter der neuen Regierung Hans Modrows wurde auch die JHS in den Strudel der Ereignisse gerissen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch vier Lehrgänge des Hochschuldirektstudiums und des Fernstudiums im laufenden Ausbildungsbetrieb. Ein weiterer Jahrgang war bereits im Rahmen des studienvorbereitenden Prozesses in den Diensteinheiten aktiv und wurde hier auf den geplanten Studienstart im Sommer 1990 vorbereitet. Die kurz vor dem Abschluss stehenden Jahrgänge konnten ihr Studium bis zum Januar 1990 unter Durchführung verkürzter Diplomprüfungen abschließen. Das letzte Promotionsverfahren wurde am 15. Dezember 1989 abgeschlossen. Die im ersten oder zweiten Studienjahr stehenden „Kursanten“ wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1990 in ihre zuständige Diensteinheit zurückversetzt. Die Auflösung des Lehrkörpers setzte im Dezember 1989 ein. Personen höheren Alters gingen vorzeitig in Pension. Jüngere Dozenten erhielten hingegen Arbeitszeugnisse als Angestellte des Ministeriums des Innern.
Offiziell gilt der 31. März 1990 als Stichtag für die Auflösung der JHS, weil an diesem Tag alle ehemaligen MfS-Mitarbeiter entlassen wurden. Tatsächlich erfolgte die Einstellung des Lehrund Forschungsbetriebes bereits Ende Januar. Der Standort wurde bis Ende Februar 1990 nahezu vollständig geräumt. Die Rechtsträgerschaft für das Hochschulareal wechselte mit Wirkung zum 1. März 1990 zur Pädagogischen Hochschule „Karl Liebknecht“. Während das Wissenschafts- und Lehrpersonal den Standort vollständig verließ, ging der Großteil des technischen Personals ebenfalls in den Bestand der Pädagogischen Hochschule über.