Durch Gletscher gestaute Seen können sich innerhalb kürzester Zeit entleeren und katastrophale Fluten zur Folge haben, die in besiedelten Gebieten immer wieder zu starken Schäden führen. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Fläche von Gletscherseen weltweit gewachsen. Allerdings konnten Forschende der Universität Potsdam zeigen, dass die meisten der sich entleerenden eisgestauten Seen in den letzten Jahren kleiner geworden sind. „Dennoch gibt es Ausnahmen und die dürfen wir nicht ignorieren“, sagt Natalie Lützow, Doktorandin am Institut für Umweltwissenschaften und Geographie. „Denn genau diese Seen sind es, die lokal zu einer Verstärkung der Gefährdung für die flussabwärts siedelnde Bevölkerung führen könnten.“
Zu diesen Ausnahmen zählt auch der Desolation Lake im Südosten Alaskas, der im Fokus der jüngsten Studie der Forschenden liegt, die jetzt in „The Cryosphere“ erschienen ist. Seit seiner Entstehung in den 1970er Jahren entleerte sich der See nahezu jährlich, insgesamt fast 50 Mal. Doch während andere Seen nach Einsetzen der ersten Seeausbrüche kleiner geworden sind, vervielfachte sich die Fläche des Desolation Lake auf bis zu zwölf Quadratkilometer. Zwischenzeitlich verdreifachten sich die Ausbruchsvolumina des Sees. Um die Gründe für diese Entwicklung zu untersuchen, konzentrieren sich die Autorinnen und Autoren der Studie darauf, wie sich die Gletscher ringsum den See veränderten. Dabei stellten sie fest, dass der Lituya-Gletscher, der den Desolation Lake aufstaut, in den letzten fünf Jahrzehnten rund 50 Meter Höhe verloren hat. „Wir gehen davon aus, dass dünner werdende Gletscher einer der Hauptgründe für das Schrumpfen vieler eisgestauter Seen sind“, so Natalie Lützow.
Wenn der Gletscherdamm immer weiter abschmilzt, dann sollte auch der dahinter liegende Eisstausee immer weniger Wasser speichern. Doch warum ist der Desolation Lake dann weiter gewachsen? „Entscheidender Faktor dafür ist der Rückgang der Gletscherfläche“, erklärt die Hauptautorin der Studie. Der Desolation Lake liegt in einem Tal und ist neben dem Lituya-Gletscher auch mit dem Fairweather-Gletscher in Kontakt. Der Fairweather-Gletscher sei drastisch zurückgeschmolzen und habe somit das Flächenwachstum des Sees ermöglicht. Dass bei einem Ausbruch mehr Wasser abfließt, sei allerdings nur möglich, wenn das räumliche Wachstum des Sees größer ist als der Wasserverlust durch die – infolge des abschmelzenden Gletschers – sinkenden Seespiegel. „Es geht somit um die Balance aus der Verringerung der Eisdicke und des Rückgangs der Gletscherfläche, die beide mit der Gletscherschmelze einhergehen“, so Natalie Lützow. In den zurückliegenden Jahren hat sich der Rückgang des Fairweather-Gletschers jedoch stark verlangsamt. Die Forschenden gehen daher davon aus, dass die Ausbrüche des Sees in Zukunft kleiner werden könnten und der Desolation Lake sich damit wieder in den Zyklus vieler anderer eisgestauter Seen einreiht. Dennoch können auch kurzzeitige Anstiege der Flutvolumina die Gefährdung durch Schmelzwasserfluten in besiedelten Gebieten stark erhöhen. Die Erkenntnisse der Studie bieten daher eine wichtige Grundlage zur Identifizierung von Gebieten mit potenziell gefährlichen eistopographischen Bedingungen.
Die Studie online: Natalie Lützow, Bretwood Higman, Martin Truffer, Bodo Bookhagen, Friedrich Knuth, Oliver Korup, Katie E. Hughes, Marten Geertsema, John J. Clague & Georg Veh, Larger lake outbursts despite glacier thinning at ice-dammed Desolation Lake, Alaska, The Cryosphere, https://tc.copernicus.org/articles/19/1085/2025/
Fotos:
2025_026_Desolation Lake_Foto_Natalie Luetzow: Blick auf den Desolation Lake aus der Luft. Foto: Natalie Lützow
2025_026_Fairweather-Gletscher_Foto_Natalie Luetzow: Der Fairweather-Gletscher, dessen Zurückschmelzen das Wachstum des Desolation Lake ermöglichte. Foto: Natalie Lützow
Kontakt:
Natalie Lützow, Institut für Umweltwissenschaften und Geographie
E-Mail: natalie.luetzowuuni-potsdampde
Medieninformation 12-03-2025 / Nr. 026