Forscher der Universität Potsdam untersuchen die physikalischen Prozesse, die zu Eruptionen auf der Sonne führen. Diese Materieauswürfe und Verstärkungen der solaren Ultraviolett- und Röntgenstrahlung stören die Bedingungen im interplanetaren Raum, das sogenannte Weltraumwetter. Dies kann wiederum die äußere Erdatmosphäre und damit die satellitengestützte Kommunikation und Navigation und sogar die Arbeit von Astronauten beeinträchtigen. Ein internationales Team, unter ihnen der Astrophysiker Dr. Bernhard Kliem von der Universität Potsdam, veröffentlichte jetzt neue Erkenntnisse über solare Eruptionen in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications.
Protuberanzen sind rot leuchtende Plasmawolken, die über der Sonnenoberfläche im Gleichgewicht magnetischer Kräfte und der Schwerkraft der Sonne schweben. Wenn sie ausbrechen und damit ein gestörtes Weltraumwetter verursachen, muss sich ihr Magnetfeld zum interplanetaren Raum hin öffnen. Magnetische Feldlinien sind jedoch stets geschlossene Linien, da es, im Gegensatz zu elektrischen Ladungen, keine magnetischen Ladungen gibt. Im Zuge einer Eruption tauschen magnetische Feldlinien der Protuberanz und des interplanetaren Raumes ihre Verbindungen aus. Dieser Prozess findet in kleinen Gebieten statt, die bisher nicht abgebildet werden konnten. Mit einem neuen, hochauflösenden Teleskop im südchinesischen Hochplateau gelang es nun einem Team aus chinesischen und Potsdamer Wissenschaftlern, die magnetische Neuverbindung, die sogenannte Rekonnexion, in einer eruptiven Protuberanz erstmals detailliert zu beobachten. Sie erlaubt die Entspannung der zuvor stark verdrillten Feldlinien und versetzt die Protuberanz dadurch in eine Drehbewegung, ähnlich einem Tornado. Die Wissenschaftler fanden heraus, wie magnetische Energie in solaren Protuberanzen gespeichert und in der Eruption wieder freigegeben wird. Das Verständnis dieser Schlüsselprozesse ist Voraussetzung dafür, zukünftig Störungen des Weltraumwetters mit gut begründeter Wahrscheinlichkeit vorherzusagen.
So wie auch das Wettergeschehen, beschreiben computergestützte Modelle bereits jetzt die solaren Quellen des Weltraumwetters. Das Modell der Gruppe an der Universität Potsdam wurde mit den beobachteten Werten des Magnetfeldes vor der Eruption „gefüttert“ und reproduzierte dann die beobachtete Entwicklung, das Ausbrechen und die Tornadobewegung der Protuberanz. Auf diese Weise erhalten die Forscher Sicherheit darüber, dass sie die wesentlichen Prozesse erkannt und korrekt in ihr Modell einbezogen haben. Künftig soll ein erweitertes Modell die Entwicklung zu einer Eruption über mehrere Tage beschreiben und dann Wahrscheinlichkeitsaussagen über das Auftreten von Eruptionen liefern.
Kontakt: Dr. Bernhard Kliem, Institut für Physik und Astrophysik
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Foto: Sonneneruption, aufgenommen am 12. April 2012 vom Solar Dynamics Observatory (SDO) der NASA. Foto: Courtesy of NASASDO and the AIA, EVE, and HMI science teams. Download
Originalveröffentlichung:
Z. Xue, X. Yan, X. Cheng, L. Yang, Y. Su, B. Kliem et al., 2016. Observing the release of twist by magnetic reconnection in a solar filament eruption. Nature Communications 7, 11837, doi:10.1038/ncomms11837
Medieninformation 21-06-2016 / Nr. 095
Dr. Barbara Eckardt, Dr. Bernhard Kliem
Universität Potsdam
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