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„Wir sind das Gewissen der Politik“ – Warum man sich einfach mal trauen sollte, die Welt zu retten

Tobias Föhl
Aktion vor dem Reichtstag
Photo : Nura van Dongen
„Die Jugendbotschafter sprechen ein Stück weit für die kommenden Generationen.“ – Tobias Föhl studiert Wirtschaft und Politik an der Universität Potsdam und engagiert sich als Jugendbotschafter von ONE.
Photo : Marco Urban
Aktion vor dem Reichtstag

Tobias Föhl hat sich viel vorgenommen. Der 23-Jährige studiert Wirtschaft und Politik an der Universität Potsdam – und engagiert sich als Jugendbotschafter von ONE, einer globalen gemeinnützigen Organisation, die 2004 unter anderem von U2-Sänger Bono gegründet wurde.

Ob er die Welt retten wolle? „Definitiv“, sagt er ohne zu zögern. Keine Frage, das gehe nicht von heute auf morgen. „Aber wer soll es machen, wenn nicht wir? Wir haben die Chance, etwas zu bewegen“, sagt er. „Also sollten wir es auch probieren. Ich denke, was wir tun, kann einen Unterschied machen. Selbst, wenn es nur etwas Kleines ist.“

Dabei ist die Aufgabe, die ONE sich selbst gestellt hat, alles andere als klein. Denn die Organisation setzt sich für die Bekämpfung extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten überall auf der Welt ein. „ONE hat nur dieses eine Ziel“, so Föhl. „Und im Idealfall kann die Organisation sich auflösen, wenn es erreicht ist!“ Die Besonderheit: Im Unterschied zu vielen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ist ONE ausschließlich in der politischen Arbeit aktiv. ONE-Akteure machen Lobbyarbeit, vor allem in den sogenannten G8-Staaten, um dafür zu sorgen, dass diese ihr Engagement in der Entwicklungshilfe für ärmere Länder steigern und ihren Einfluss nutzen, um strukturelle Entwicklungshemmnisse abzubauen. „Wir sind das Gewissen der Politik!“, sagt Tobias Föhl. Anfangs setzte ONE auf die Wirkung prominenter Fürsprecher, die in großangelegten Kampagnen politische Entscheidungsträger an ihre Hilfsversprechen gemahnten. Ab 2007 auch in Deutschland: So gaben 2008 Prominente wie Udo Lindenberg, Günther Grass und Roger Willemsen dem Aufruf „Nicht aufhören. Weitermachen!“ ein Gesicht. Seitdem folgen nahezu jährliche Kampagnen: mal gegen drohende Kürzungen der deutschen Entwicklungshilfen, mal für mehr Engagement bei der Stärkung von Frauen in Entwicklungsländern oder gegen die Kürzung der deutschen Beiträge für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose.

Jugend mischt mit

Seit 2016 gibt es das Jugendbotschafterprogramm, das Tobias Föhl in doppelter Hinsicht sinnvoll findet: Zum einen gebe es jungen Menschen eine Möglichkeit sich einzubringen – in politische Prozesse, bei einem Herzensthema, für Menschen, die sonst kaum Gehör finden. „Zum anderen werden die Jugendbotschafter auch anders wahrgenommen als ältere Menschen“, sagt er. „Immerhin sprechen sie ein Stück weit für die kommenden Generationen.“ Die Aktiven erproben sich in politischer Lobbyarbeit: Sie treffen Abgeordnete, Bundesminister, Büroleiter. Sie stellen unbequeme Fragen, bohren nach und kritisieren, wo nötig. Damit sie wissen, was sie tun, werden sie vom zentralen ONE-Büro in Berlin für ihr Engagement gewissermaßen ausgebildet – mit Trainings, Policy Briefings und Fortbildungen. Aber auch Informationsstände in Fußgängerzonen und öffentlichkeitswirksame Kampagnen gehören zum Geschäft: „Im Sommer 2023 haben wir unter dem Motto #LuftNachOben zwei Ballons mit den Gesichtern von Olaf Scholz und Christian Lindner vor dem Bundestag aufsteigen lassen“, so Tobias Föhl. „Die Botschaft: Obwohl der Koalitionsvertrag der Ampel klare Ziele enthält, droht der deutschen Entwicklungspolitik die Luft auszugehen.“

Aktuell sind allein in Deutschland mehr als 50 Jugendbotschafter*innen aktiv, überall im Land verteilt. Aber auch in Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Belgien (hier für die EU) gibt es das Programm. Jedes Jahr kommen neue Aktive hinzu, andere hören auf. Tobias Föhl ist schon das dritte Jahr dabei – aus Überzeugung. „Ich bin mit meinen Eltern viel gereist. Der Kontakt zu Menschen anderer Kulturen hat mir die Augen geöffnet für Dinge, die man sich nicht vorstellen kann, und den Wunsch geweckt, mich zu engagieren und etwas Positives zu bewirken.“ Der Student stieß während eines Aufenthalts an einer Sprachschule in Großbritannien auf ONE. Zurück in Deutschland, frisch an der Universität Potsdam eingeschrieben, bewarb er sich als Jugendbotschafter und wurde genommen.

Noch mehr Engagement

Das Engagement bei ONE lässt sich sehr gut mit dem Studium verbinden, findet er. Dank der langfristigen Planung der Aktionen bleibt neben Seminaren, Vorlesungen und Prüfungen genug Zeit – etwa für Gespräche wie 2023 mit der Staatsministerin für nachhaltige Entwicklung Sarah Ryglewski.

Und Tobias Föhl hat sogar noch Luft für mehr: So war er seit seinem zweiten Semester an der Uni Potsdam in der studentischen Unternehmensberatung uniClever aktiv. „Ich war schon immer an der Consulting-Branche interessiert. Bei uniClever konnte ich dafür wichtige Erfahrungen sammeln und Teil einer tollen Gemeinschaft sein, die mich auch ein Stück weit durch die Pandemie getragen hat!“

Seinen Bachelor hat Tobias Föhl inzwischen in der Tasche. Und weil ihn die Welt reizt, wird er sein Studium anderswo fortsetzen. Wenn alles gut geht an der Stockholm School of Economics. Gelegenheit sich politisch zu engagieren, wird er sicherlich auch dort finden.

ONE ist immer auf der Suche nach neuen Jugendbotschafter*innen, die sich im Kampf gegen Armut und vermeidbare Krankheiten engagieren wollen.

Weitere Informationen: https://act.one.org/survey/one-ehrenamt

 

Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2024 „Welt retten“ (PDF).