Der Wunsch dazu entstand während ihrer Schulzeit: „Wie vielen wurde mir bewusst, dass wir auf eine globale Krise zusteuern“, sagt sie. „Und obwohl bekannt ist, wohin dieser Weg führt, wird zu wenig getan. Diese Erkenntnis war für mich der Auslöser, mich zu engagieren.“ Lena Gundelfinger ging in die FFF-Ortsgruppe, stieg medienwirksam in die Ostsee und absolvierte ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Caritas, auch hier mit klarem Auftrag: Mehr Klimaschutz! Dabei organisierte sie – mitten in der Corona-Pandemie unter erschwerten Bedingungen – ein Festival zum Thema, Upcycling-Projekte und Workshops. „Die Corona-Pandemie hat die Aktionsformen von FFF und Co. stark verändert“, sagt sie. „Vieles ging lange nur digital – und die Vielzahl von Krisen, die seit 2020 die Nachrichten und Debatten bestimmen, haben die Klimakatastrophe, die sich vor unseren Augen ereignet, zum Teil verdrängt.“
Dabei habe FFF durchaus etwas erreicht, betont die Aktivistin: „Ich habe durchaus Hoffnung, wenn ich sehe, dass der Klimawandel und der Kampf dagegen präsenter sind als früher. Gleichzeitig habe ich auch Angst, dass das nicht reicht.“ Und auch politisch habe sich viel bewegt: „Die Bemühungen von Politik und anderen Akteuren gehen in die richtige Richtung. Aber über den Punkt, wo man das loben kann, sind wir hinaus.“
Nach Potsdam kam Lena Gundelfinger fürs Studium. Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre seien eine gute Mischung für jemanden, der unsere von Wirtschaftspolitik getriebene Gesellschaft dazu bewegen will, nachhaltigere Klimapolitik anzugehen, findet sie. „In vielen Diskussionen heißt es, diese oder jene Maßnahme sei wirtschaftlich nicht tragbar. Diesen scheinbaren Totschlagargumenten mit dem entsprechenden Wissen begegnen zu können, erscheint mir wichtig.“
Denn wer die Menschen ganz persönlich zum Umdenken bewegen will, braucht gute Argumente, weiß die Studentin. Mehr und günstigeren ÖPNV, erneuerbare Energien aus- und Bürokratie dafür abbauen, klimaschädliche Subventionen abschaffen – Instrumente, die spürbar helfen würden, gibt es viele. Doch sie umzusetzen, ist mitunter anstrengend, der Wille, daran mitzuwirken, oft nicht da. „Wir müssen den Menschen klarmachen, dass keine Transformation keine Möglichkeit ist“, so Gundelfinger. „Klimaschutz ist teuer, das ist klar. Aber viele reden darüber, als könnte man es auch lassen. Nur: Diese Wahl haben wir nicht. Es gibt nur jetzt oder später – aber später wird es viel, viel teurer.“
Deshalb sucht sich FFF immer häufiger Verbündete, die es zahlreich gibt. Anfang März riefen die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und FFF gemeinsam zum Streik auf und legten den Potsdamer Nahverkehr für einen Tag lahm. „Der Verkehr ist einer der stärksten Verursacher für schädliche Treibhausgase, sein Umbau hingegen viel zu langsam“, so die Aktivistin. „Also haben wir uns mit den Beschäftigten des ÖPNV zusammengetan, die ebenfalls ein großes Interesse daran haben, ihn auszubauen und attraktiver zu machen.“ Die Botschaft: Klimaschutz als Umbau, nicht nur Verzicht. Auch mit Initiativen und Akteuren gehen die FFF-Aktiven immer häufiger gemeinsam auf die Straße, etwa, als es im Februar darum ging, gegen Rechtsextremismus und für mehr Demokratie einzutreten. Lena Gundelfinger – als Versammlungsleiterin – mittendrin. „Wir merken, dass sich unsere Arbeit verändert, und damit auch die Wahrnehmung: Je mehr Bündnispartner wir haben, von denen viele auch breit anerkannt und gesellschaftlich anerkannt sind, desto stärker ändert sich das Außenbild von FFF. Unser Anliegen ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und wir kommen mit Menschen ins Gespräch, die wir vorher nicht erreicht haben.“
Der Weg zu den klimapolitischen Zielen, die sich die Weltgemeinschaft in Paris und anderswo gesteckt hat, ist freilich noch weit. Möglicherweise zu weit. Doch Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, ist diese Befürchtung für Lena Gundelfinger nicht: „Wenn ich denken würde, das schaffen wir nicht, wäre ich nicht mehr politisch aktiv.“
Dass sie einen langen Atem besitzt, hat die Aktivistin schon bewiesen. Und sie will dranbleiben, auch nach dem Studium. „Ich würde gern bei der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformation mithelfen“, sagt sie. „Vielleicht nicht direkt in der Politik, eher in einer Nichtregierungsorganisation (NGO), die politische Prozesse und Akteure berät.“
Fridays for Future Potsdam
„Mitmachen kann bei uns eigentlich jede/r. Einfach auf Insta anschreiben und beim nächsten Plenum vorbeikommen. Und wer meint dafür zu alt zu sein, geht einfach zu parents for future oder scientists for future.“
@fridaysforfuture.potsdam