Eigentlich ist das mit dem Freunde finden auch gar nicht seine Frage, sondern die der Potsdamer Bürgerstiftung. Als gemeinnützige Mitmachstiftung ohne großes Kapital gegründet, will sie Plattform sein für Menschen, die eigene Projekte für mehr Nachhaltigkeit, Kultur, Toleranz und Verständigung starten wollen und Unterstützung brauchen, etwa bei der Beantragung von Fördergeldern. Die Stiftung selbst setzt vor allem auf ehrenamtliche Arbeit. Dennoch braucht sie Geld: für ein paar Bürostunden und -material, technische Ausstattung und Informationsverbreitung. Das sollen idealerweise die Freunde der Stiftung spenden. Je mehr, desto besser. Tobias Föhl will helfen, sie zu finden. Denn er ist Mitglied der studentischen Unternehmensberatung uniClever, die 1998 an der Uni Potsdam gegründet wurde.
Unter dem Motto „Bilden. Beraten. Bewegen.“ unterstützen die Studierenden gegen schmales Entgelt kleine und mittelständische Unternehmen. Da in der Pandemie etliche Betriebe in wirtschaftliche Schieflage gerieten, starteten sie die Initiative „uniClever vs. Corona“. Professionell arbeitende Teams greifen mit ihrem Know-how den ratsuchenden Unternehmen unter die Arme – und diesmal kostenlos. Die Idee stammt von Studentin Nicole Brunkhorst, die sich im Verein um das Marketing kümmert. Das Social-Media-Team von uniClever streute das Angebot übers Internet. Bei Instagram stieß darauf Marie-Luise Glahr.
Die Juristin hatte vor zehn Jahren die Potsdamer Bürgerstiftung gegründet und ist seither deren Vorsitzende. „Ich habe uniClever sofort eine Nachricht geschrieben“, erinnert sie sich lachend. „Das hat keine zwei Minuten gedauert!“ Denn auch die Stiftung, die zu Beginn des Jahres 2020 in den „geliehenen“ Räumen des ehemaligen Restaurants „Klosterkeller“ richtig loslegen wollte, musste im Lockdown die Füße stillhalten. „Wir waren endlich mitten in der Stadt angekommen, wollten Tür und Tor öffnen und mit den Menschen ins tägliche Gespräch kommen – und dann mussten alle zu Hause bleiben“, sagt Glahr.
Ihre Bitte um Unterstützung blieb nicht ungehört. uniClever hat ein erprobtes System. „Zunächst werden die Anfragen vom Customer-Relations-Team entgegengenommen und gesichtet“, erklärt Nicole Brunkhorst. „Dann besprechen wir das Problem und fragen, wer sich damit befassen möchte.“ Ist ein Team gefunden, meist vier Leute, nehmen die Studierenden Kontakt auf, klären den Auftrag, entscheiden sich für einen Lösungsweg und machen sich an die Arbeit. Den Abschluss bildet eine Präsentation, in der konkrete Lösungsansätze geschildert werden. Im Gegenzug erhalten die Studierenden ein Feedback von den Auftraggebern. Doch was besprochen wird zwischen Team und Unternehmen, unterliegt strenger Geheimhaltung – Berater-Ehrenwort.
Die immer neuen Herausforderungen, die Arbeit im Team und das Networking inspirieren Tobias Föhl, der sofort bereit war, die Bürgerstiftung zu unterstützen: „Ich finde es großartig, ein Projekt verantwortlich von vorne bis hinten zu begleiten.“ Vier Beratertage hatte er dafür veranschlagt, 32 Stunden gemeinsam mit drei Teammitgliedern gearbeitet, eine knapp 20-seitige Präsentation vorbereitet. „Am spannendsten war es, eine geeignete Strategie zu finden.“
Marie-Luise Glahr ist beeindruckt: „Wirklich eine tolle Arbeit!“ Einiges hat die Potsdamer Bürgerstiftung gleich umgesetzt – wie ein Pop-up-Fenster, das jedes Mal aufspringt, wenn jemand die Website der Bürgerstiftung öffnet. Allerdings wird dort im Moment nicht um Freunde geworben, sondern für die Online-Petition zum kommunalen Einweg-Plastik. Doch nicht nur die Bürgerstiftung hat von der der Pro-bono-Arbeit der Studierenden profitiert. Auch eine Musikschule, ein Berliner Verein namens „Migrant Mama“, ein Potsdamer Autohaus, sogar eine Forschungseinrichtung aus Golm.
Die Teammitglieder von uniClever kommen aus nahezu allen Fachbereichen der Uni. „Nicht jede oder jeder will nachher im Marketing oder in der Unternehmensberatung arbeiten“, betont Nicole Brunkhorst. „Einige möchten einfach nur Erfahrung in der praktischen Arbeit sammeln.“ Damit die Verantwortlichkeiten klar sind, gibt es die verschiedenen Zuständigkeitsbereiche, neben Marketing und Human Resources auch Social Media und IT. Im zweiwöchigen Jour-fixe wird der Stand der Dinge besprochen, denn die Beratung ist zeitintensiv und verantwortungsvoll. Neuen Input, etwa zu Rechtsfragen und Versicherungen, erhält uniClever vom Dachverband studentischer Unternehmensberatungen, dem „Junior Consultant Network“.
Neue Leute sind bei uniClever jederzeit willkommen. „Hier zählen vor allem Soft Skills: Engagement und guter Wille. Man kann sich bei uns ab dem ersten Semester bewerben – dann hat man ausreichend Zeit, Neues zu gestalten und die Nachrückenden vorzubereiten“, sagt Tobias Föhl. Damit alle voneinander lernen können, wird viel Wert auf Dokumentation gelegt. „Wissensmanagement“, nennt es Föhl. Davon können sogar die profitieren, die nicht mitarbeiten. Das Social-Media-Team teilt regelmäßig Inhalte auf Instagram, im Blog und im selbst produzierten Podcast „Pausengespräch“. Die hoch zufriedene Bürgerstiftung hat bereits um eine Fortsetzung der Zusammenarbeit gebeten. Das mit der Freundschaft hat also schon geklappt.
Der Beitrag erschien in „Portal Transfer 2021/22“
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin „Portal Transfer 2021/22“ (PDF).