„Es gibt bisher wenige Anwendungen im VR Bereich, die mathematikdidaktisch gut durchdacht sind“, so Lena Florian. Die Entwicklung geeigneter Unterrichtsmaterialien steht noch ganz am Anfang. Sie selbst arbeitet derzeit an einer solchen Anwendung für den Mathematikunterricht an der Grundschule. Und sie weiß, worauf es dabei ankommt. Schließlich war sie selbst zwei Jahre als Lehrerin für Mathematik und Latein tätig.
Das Unterrichten habe ihr unheimlich Spaß gemacht, sagt die Didaktikerin. „Aber die Forschung hat mir gefehlt.“ Nun verknüpft sie beides miteinander, entwickelt digitale Lehrmaterialien für den Unterricht und erforscht zugleich, wie sich diese auf das Lernen auswirken. „Cubeling-VR“ heißt ihr aktuelles Projekt, das Grundschulkindern ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen vermitteln soll.
Im Mittelpunkt der Anwendung stehen die beschriebenen würfelförmigen Klötzchen, die mit ihnen gebildeten Stapel – und deren Schatten. „Diese Repräsentationswechsel zwischen zwei und dreidimensionalen Darstellungen sind ganz wichtig für das mathematische Verständnis“, erklärt Lena Florian. „Das ist in dieser Form in der Realität nur schwer möglich.“
Derzeit wird CubelingVR in der Schulpraxis erprobt und stetig weiterentwickelt. Dabei messen Masterstudierende um Lena Florian auch, welche mathematischen Kompetenzen mit dem Programm gefördert werden und ob sich das räumliche Vorstellungsvermögen verbessert. „Es steckt so viel Potenzial dahinter, neue Formen von Interaktionen und Handlungen auszuprobieren“, schwärmt sie von den Möglichkeiten. „Abstrakte Konzepte wie die Unendlichkeit lassen sich über VR tatsächlich erlebbar machen. Oder versuchen Sie mal, eine unendliche Gerade auf dem Papier zu zeichnen“, sagt die Forscherin und lacht. Dabei gehe es aber immer darum, die herkömmlichen Methoden zu ergänzen, betont sie. „Der virtuelle und der reale Handlungsraum können so miteinander zu einer neuen Lernumgebung verknüpft werden.“
„Für mich selbst ist CubelingVR auch ein Lernprojekt“, sagt die Mathematikerin. Die notwendige Programmiersprache hat sie sich in ihrer Freizeit selbst beigebracht – mithilfe von Lernvideos und Handbüchern. Ein sehr zeitaufwendiges Unterfangen, gibt sie zu. „Aber es hat sich gelohnt. Wer es lernen will, muss es einfach machen.“
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Zwei 2020 „Digitalisierung“ (PDF).