Ist die Kinder-Universität ein Herzensprojekt?
Das ist es in der Tat. Nicht nur, weil ich einen Sohn im Alter der Zielgruppe der Kinder-Universität habe! Ich finde es sehr wichtig, dass wir die Kinder zu uns einladen, um sie für Dinge zu begeistern, die nicht unbedingt Teil des Unterrichts an den Schulen sind. Sie kommen zu uns, wo neues Wissen entsteht, das vielleicht später Eingang in ihre Schulbücher findet. Und vielleicht kommen einige von ihnen später als Studenteninnen und Studenten an die Universität Potsdam zurück.
Ich habe schon oft Vorlesungen für Schüler gehalten, bin auch einmal ans Marie-Curie-Gymnasium in Wittenberge in der Prignitz gefahren. Wenn aber mehr als tausend Kinder an die Universität Potsdam kommen, die Uni mit bunten Luftballons geschmückt ist und es Nudeln mit Tomatensoße in der Mensa gibt – das ist schon ein besonderes Ereignis.
Einige Ihrer Kollegen sind mit kurzen Filmen von ihrem Arbeitsplatz online gegangen. Sie wollten lieber eine Live-Zoom-Vorlesung halten. Warum?
Das war ein Vorschlag aus der Erfahrung des laufenden Sommersemesters. Das Zentrum für Informationstechnologie und Medienmanagement (ZIM) hat einen tollen Job gemacht, uns im Frühjahr innerhalb weniger Tage mit den nötigen Werkzeugen zum synchronen und asynchronen Unterricht zu versorgen. Damit hatte ich während des Semesters viel gearbeitet, auch Workshops und internationale Kurse für Doktorandeninnen und Doktoranden veranstaltet.
Als ich die Anfrage zur Kinder-Universität bekam, hatte ich also einige Übung und mir war sofort klar, dass ich gerne live in die Klassenzimmer sprechen möchte, statt eine Vorlesung aufzuzeichnen und online zu stellen. Dabei habe ich allerdings die großartige Arbeit des ZIMs bei der Vorlesungsaufzeichnung unterschätzt, die Filme sind wirklich ganz toll geworden!
Ihnen lauschten schätzungsweise 1200 Kinder, aber diese waren ja in der Regel nicht zu sehen und das Audio der Teilnehmer ausgestellt … Wie war das ganz konkret?
In den vergangenen Jahren hatte ich etwa 150 Kinder und Lehrerinnen und Lehrer im Hörsaal, was schon beeindruckend ist. Über 1200 Kinder, das war aber eine fantastische Erfahrung, als sich die Schulklassen nach und nach einloggten, alle mit einem „Guten Morgen, hier ist die Klasse 6b von der Grundschule…!“ begrüßten und sich im Chat gegenseitig mit den technischen Einstellungen halfen. Der Chat war für mich wichtig, um mir der großen Zahl von jungen Zuhörenden bewusst zu sein. Und er wurde auch eifrig für Fragen genutzt!
Wie war es, Fragen aus dem Chat zu beantworten? Auch im Vergleich zu den Nachfragen während der regulären Kinder-Universität?
Im Hörsaal melden sich die Kinder spontan, strecken den Zeigefinger in die Luft und stellen dann Fragen, die oft nur am Rande etwas mit dem gerade Gesagten zu tun haben. Nachdem ich also erzählt hatte, wann der erste Schädel vom Neandertaler gefunden wurde, erzählt uns eine Schülerin, dass sie auch schon einmal einen Knochen im Garten gefunden hat.
Das sind tolle Geschichten, die leider nicht zu mir durchdringen, wenn Lehrerinnen und Lehrer die Fragen ihrer Schülerinnen und Schüler gefiltert in den Chat schreiben. Aber auch diese Fragen waren allesamt sehr interessant, ich habe sie vorgelesen und mündlich beantwortet, wie auch im Unterricht für die Studentinnen und Studenten während des vergangenen Sommersemesters.
Haben bisher schon Teilnehmer ihr Angebot genutzt und weiterführende Fragen gestellt?
Die meisten Fragen haben wir nach der Vorlesung beantwortet. Die eigentliche Vorlesung dauerte etwa 45 Minuten, anschließend hab ich über eine halbe Stunde lang Fragen beantwortet. Eine Lehrerin schrieb in den Chat, dass die Kinder sehr viele Fragen hätten und sie sich via Email meldet, was sie anschließend auch getan hat. Ich habe auch ein kleines Aufgabenblatt erstellt und mit einer Lösung hochgeladen. Leider weiß ich nicht, ob es eine Schule genutzt hat.
Haben Ihnen die Kinder als Gäste im richtigen Hörsaal gefehlt?
Ja, sehr! Die Vorlesung beginnt im Hörsaal in absoluter Stille, das ist wirklich beeindruckend! Die Lehrerinnen und Lehrer haben ihre Klassen offenbar gut im Griff – bis das Wort „Neandertaler“ fällt und ein passendes Bild dazu gezeigt wird. Dann gibt es kein Halten mehr, alle gehen total mit und stellen viele Fragen!
Sehr schön ist es, wenn nach der Vorlesung die Kinder zu mir nach vorne strömen und mir ihre „Schulhefte“ zeigen, die sie von der Pressestelle der Uni zur Kinder-Universität bekommen haben. Manche haben einige der Schädel von unseren Vorfahren abgezeichnet, mit bemerkenswerter Genauigkeit, während andere komplizierte Namen wie „Australopithecus“ mitgeschrieben haben.
Wenn nächstes Jahr wieder alles möglich wäre, wie sähe die ideale Kinder-Uni für Sie aus?
Ich denke, dass allen klar geworden ist, dass eine hybride Form ideal wäre. Kinder sollten die Universität besuchen können, sobald es die Situation wieder erlaubt.
Die Liste der Schulen, welche die Vorlesung live ins Klassenzimmer übertragen haben, zeigt jedoch, dass wir damit eine sehr viel größere Reichweite haben. Wir haben entlegene Ecken Brandenburgs und sogar darüberhinaus erreicht, von wo aus uns zuvor nie eine Schulklasse besucht hatte. Und natürlich ist bei diesem Format die Teilnehmerzahl nicht begrenzt, es könnten noch sehr viel mehr als 1.200 Kinder zuhören.
Übrigens finde ich es sehr schade, dass ich jedes Jahr mehr oder weniger dieselben Kollegeninnen und Kollegen in der Kinder-Universität sehe. Unseren großartigen Gartenpädagogen Steffen Ramm treffe ich jedes Jahr im benachbarten Hörsaal, immer mit einem anderen botanischen Thema – und dieses Mal hat er einen tollen Film gedreht!