Normalerweise hätten am 25. September 2020 knapp 2000 Kinder über den Campus Golm strömen sollen –auf der Suche nach spannenden Vorlesungen. Aber auch die Universität Potsdam musste auf die Covid-19-Pandemie reagieren und entschied, die Kinder-Universität in diesem Jahr nicht vor Ort stattfinden zu lassen. Alternativ wurde in kurzer Zeit ein Konzept entwickelt, dass die Kinder-Universität in die Schulen bringt. Statt spannender Vorträge im Hörsaal sollte es Videovorlesungen geben. Dafür ging das Filmteam vom Zentrum für Informationstechnologie und Medienmanagement (ZIM) an die Arbeitsplätze der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und produzierte kurze, kindgerechte Filme – zu Rekorden im Pflanzenreich, zum Immunsystem und zum Weltall, die am Tag der Kinder-Universität online gingen. Weitere Filme werden in den folgenden Monaten folgen.
Der Botanische Garten ist fast sein zweites Zuhause: Steffen Ramm ist dort Gartenpädagoge und erzählt bei verschiedensten thematischen Führungen Kindergruppen viel Spannendes rund um den Botanischen Garten und die Pflanzenwelt. Mit ihm wurde vor Ort gedreht. Im Film ist um ihn herum alles grün und bunt, wie es für einen Botanischen Garten typisch ist. Das Kameraequipment fiel da auf – so viel silbernes und schwarzes technisches Gerät gibt es in den Gewächshäusern selten. „Nur wenn das RBB-Wetter zu Besuch ist“, sagt Steffen Ramm. Es war also nicht das erste Mal, dass er vor der Kamera stand, und so wunderte es ihn auch nicht, dass für die kurzen Lehrfilme der Kinder-Universität – seine Einführung in die Pflanzenrekorde überzeugt in rund 17 Minuten – ein ganzer Drehtag gebraucht wurde. „Ich musste mir merken, was ich gesagt habe, wie ich die Hände hielt, weil wir in verschiedenen Kameraeinstellungen gedreht haben und manches wiederholte werden musste. Das kenne ich so nicht“, so der Gartenpädagoge, dessen Film unter anderem mit einer Drohne gedreht wurde. „Das war schon toll – ich arbeite zwar mit Pflanzen, aber ich mag solche Technik und fand das total spannend.“
Für die Biologin Prof. Dr. Katja Hanack war es ebenfalls nicht der erste Dreh. Sie setzt sich in einem ihrer Forschungsprojekt auch mit einfacher Wissensvermittlung auseinander. „Mir macht es einfach Spaß, Wissen an Laien zu vermitteln. Deshalb finde ich die Kinder-Universität so toll. Für mein BMBF-Projekt stehe ich auch manchmal vor der Kamera, aber hier konnte ich allgemeineres Wissen vermitteln – dazu, wie das Immunsystem funktioniert“, so die Professorin für Immuntechnologie. „Was ich besonders fand, was ich nicht kannte, war, dass Animationen eingebaut wurden. Das mussten wir später abstimmen und es ist wirklich toll geworden.“ Das findet nicht nur Katja Hanack, auch ihr zehnjähriger Sohn ist ganz begeistert von dem Video: „Mein Sohn zeigt es jetzt überall herum, weil er ganz stolz ist.“ Gedreht wurde das Video im Labor von Katja Hanack, ein Ort, der stets steril sein muss, weshalb die Kinder bei der normalen Kinder-Uni keinen Zutritt hätten. „Das ist natürlich ganz anders, als eine Vorlesung zu halten“, sagt die Forscherin. Das Ergebnis ist also nicht nur lehrreich, sondern auch eine einmalige Gelegenheit für die Kinder, einen Blick in Arbeitsalltag und -umfeld der Wissenschaftlerin zu werfen.
Einmal „auf den Geschmack“ gekommen, drehte das ZIM-Team auch mit dem Astrophysiker Dr. Martin Wendt an einem besonderen Ort: der Übungssternwarte der Universität, denn er unternimmt in seiner Vorlesung eine kleine Reise von der Erde bis ins Weltall. Normalerweise steht Martin Wendt bei der Kinder-Uni in einem Vorlesungssaal –vor 150 Kindern und mit einem Sack Fragen: „Ich lasse die Kinder Zahlen schätzen und Dinge raten. Das geht bei einem Film natürlich nicht so“, sagt der Astrophysiker. Ohne Publikum und stattdessen für ein Kamerateam zu sprechen, war für den Astrophysiker neu: „Eine Art Vorlesung direkt für die Kamera zu halten, war wirklich etwas gewöhnungsbedürftig.“ Dem Ergebnis, von dem auch Martin Wendt begeistert ist, hat es nicht geschadet. Er hofft, dass er möglichst viele junge, aber gerne auch ältere Zuschauer erreicht und sie für die Astrophysik begeistern kann.
So sehr ihnen das neue Format Spaß gemacht hat, die drei sind sich einig: Was der digitalen Kinderuniversität fehlt, sind die Kinder. Sie stellen tolle Fragen, die Lehrenden merken, was sie interessiert und können darauf besser eingehen. Martin Wendt meint: „Man merkt, dass das Erlebte oft viele neue Gedanken und Ideen anstößt. Das ist schön mitzuerleben. Außerdem ist eine reguläre Vorlesung dynamischer und lebendiger.“ Steffen Ramm, dessen Metier die Arbeit mit Kindern ist und der seiner regulären Arbeit momentan nur eingeschränkt nachgehen kann, sieht aber auch die Chance, die sich durch die digitale Kinder-Uni bietet: „Das wir jetzt überhaupt eine Alternative haben, ist toll und ich konnte endlich mal wieder meinem Job nachgehen. Das war schon schwierig die letzten Monate.“ Auch die Kinder-Universität im digitalen Gewand hat Vorteile, glauben die Wissenschaftler: Man erreiche so mehr Kinder und das Material lasse sich vielleicht besser in den Unterricht einbauen. Die drei Forschenden waren gern Versuchskaninchen der digitalen Kinder-Universität und hoffen gleichzeitig, im nächsten Jahr wieder in Hörsälen voller Kinder zu stehen. Bis dahin schicken sie ihnen ihre Videovorlesungen.