So könnte sie aussehen, die Zukunft im Klassenzimmer. „Jedes Kind lernt anders“, sagt die Bildungswissenschaftlerin Rebecca Lazarides. „Dieser Heterogenität im Unterricht gerecht zu werden und alle individuell zu fördern, ist ein wichtiges Ziel für Lehrkräfte und natürlich auch der schulpädagogischen Forschung.“ Gleichwohl sei das bei bis zu 30 Schülern pro Klasse für die Lehrkräfte allein nicht zu schaffen. Doch mithilfe intelligenter Assistenz- oder Tutorsysteme (ITS) und Lernrobotern, ließe sich diese Lücke eventuell schließen. „Diese können und sollen die Lehrer keineswegs ersetzen, sondern sie unterstützen“, erklärt die Forscherin. So gebe es bereits Programme, die beispielsweise bei Aufgabenserien, die am Tablet abgearbeitet werden, erkennen, wann ein Schüler Hilfe braucht – und dann Tipps geben.
Rebecca Lazarides selbst geht schon lange der Frage nach, welche Rolle die Motivation von Schülerinnen und Schülern für ihren Lernerfolg spielt. Gemeinsam mit Prof. Dr. Ulrich Schiefele von der Pädagogischen Psychologie an der Universität Potsdam untersucht sie in der groß angelegten, DFG-geförderten Teach-Studie, wie motiviert Jugendliche im Unterricht sind und was die Motivation der Lehrperson und die Unterrichtsqualität damit zu tun haben. „Die Motivation von Lernenden ist zentral für ihren Lernerfolg. Mittlerweile wissen wir auch, dass die Lehrkräfte und ihre eigene Motivation zu unterrichten eine große Rolle spielen bei der Förderung der Lernmotivation von Schülerinnen und Schülern. Allerdings sind Lernende im Unterricht sehr unterschiedlich motiviert. Hierbei stellt sich die Frage, wie guter Unterricht solche Unterschiede aufgreifen kann“, fasst sie ein erstes Ergebnis zusammen.
Nun will sie gemeinsam mit Informatikern der Humboldt-Universität zu Berlin Intelligente Tutorsysteme so weiterentwickeln, dass diese nicht mehr nur die kognitive, sondern auch die motivationale und emotionale Entwicklung von Lernenden bestmöglich befördern. Schließlich sei aus der erziehungswissenschaftlichen Forschung bekannt, dass besser lernt, wer dies mit Freude tut, von Aufgaben nicht überfordert ist, sich durch Lernerfolge selbst als kompetent wahrnimmt und damit auch den Wert des Lernens erkennt. „Wir wollen nun die ITS so programmieren und modellieren, dass sie entsprechend dieser Annahmen positive Lernerfahrungen ermöglichen“, sagt Rebecca Lazarides. In einem ersten Schritt wollen die Forschenden nachweisen, dass es für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern lern- und leistungsförderlich ist, auf Motivation und Emotionen mithilfe von Lernrobotern einzugehen. Dafür werden kleinere Schülergruppen mit unterschiedlichen ITS und Lernrobotern arbeiten – die einen mit rein leistungsbezogener Unterstützung, die anderen zusätzlich mit Berücksichtigung ihrer Lern- und Leistungsemotionen. In einem zweiten Schritt erhoffen sich Rebecca Lazarides sowie ihre Kolleginnen und Kollegen Erkenntnisse darüber, wie Lehrkräfte in Zukunft die Motivation und Emotionen ihrer Schülerinnen und Schüler noch besser erkennen und im Unterricht berücksichtigen können. Zum Beispiel indem sie passende Aufgaben und Materialien auswählen, je nachdem welches Ausgangsniveau die Schülerinnen und Schüler zeigen – in der Motivation und bei den Lern- und Leistungsemotionen.
Erste Voruntersuchungen haben gezeigt: Schülerinnen und Schüler, die mit einem ITS arbeiten, verfolgen selten das Ziel im Lernprozess, besser als andere Lernende zu sein und erreichen schließlich auch sehr gute Leistungen in kognitiven Tests. Gleichwohl werde künftig nicht durchweg mit ITS gelernt, ist sich Rebecca Lazarides sicher. „Wir wollen auch untersuchen, in welche Unterrichtsphasen ITS passen und in welche nicht. Es hat sich auch bei Computern oder Tablets gezeigt, dass sie besser eingesetzt sind, wenn es durchdacht unter Berücksichtigung (fach-)didaktischer Überlegungen geschieht.“
Dass Peter, seine ganze Klasse und viele weitere Schüler in ganz Deutschland Woche für Woche mit Cozmo lernen, sei indes noch Zukunftsmusik, sagt die Bildungswissenschaftlerin. Nicht nur weil die Geräte bislang sehr teuer seien. „Unser Projekt ist Grundlagenforschung. Wir wollen zunächst herausfinden, wie sich solche Systeme entwickeln lassen und welche genauen Auswirkungen sie auf Lernprozesse haben.“ Auf jeden Fall soll bis zum Ende des Clusters in fünf Jahren ein funktionierender virtueller Tutor mit einem Händchen für Emotion und Motivation fertig sein.
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2020 „Bioökonomie“.