Dienstagmittag, die Vorlesung Persönlichkeitspsychologie I ist nicht sehr voll. „Vielleicht sind viele krank. Es ist ja Winter“, sagt Lars Girbinger. Er ist anwesend, wie fast immer – es sei denn, ihm kommt die Schule dazwischen. Lars Girbinger ist einer von derzeit neun Juniorstudierenden an der Universität Potsdam, und er hat trotz Schule und Studium Zeit für ein Treffen gefunden.
Girbinger ist schon ein alter Hase, könnte man sagen. Er ist Juniorstudent der Psychologie im dritten Semester und kennt sich mittlerweile so gut auf dem Campus Golm aus, dass er ehemaligen Mitschülern, die ihr reguläres Studium begonnen haben, beim Zurechtfinden helfen kann. In der Schule belegt er den Leistungskurs Psychologie und möchte genau dieses Fach auch später studieren. Die Voraussetzungen bringt er mit – seine erste Klausur in der Allgemeinen Psychologie hat er mit 1,0 bestanden. Diese gilt, wie er erzählt, in der Schule als Vorabitur-Klausur. „Das wusste selbst an der Uni niemand“, berichtet er.
Für Mattea Wernicke, die Juniorstudentin der Rechtswissenschaft ist, und Maximilian Speer, der Veranstaltungen in Informatik und Computational Science belegt, ist die Uni hingegen noch sehr neu. Wernicke ist froh, dass sie einen Tutor hat, der sie in die ersten Veranstaltungen begleitete und ihr ein Buch zur Vorlesung Staatsrecht I empfehlen konnte. Sie hat sich entschieden, vorerst keine Leistungspunkte zu erwerben, da sie die an zwei Terminen in der Woche stattfindende Vorlesung nur dienstags besuchen kann. Montags gehen schulische Verpflichtungen vor. Für sie ist das Juniorstudium vor allem eine gute Möglichkeit, den eigenen Studienwunsch frühzeitig mit der Realität abzugleichen. Genau wie Girbinger hat sie schon mehrere Praktika in dem Bereich, in dem sie später arbeiten möchte, absolviert. „Und jetzt war eben ein Juniorstudium dran, weil ich wissen wollte, wie es ist, Rechtswissenschaft zu studieren“, sagt sie.
Nach ein paar Wochen an der Uni war den drei Juniorstudierenden klar, dass sie das Fach, das sie gerade ausprobieren, auch studieren möchten. Mattea Wernicke hatte bereits vor dem Juniorstudium in Kanzleien Praxiserfahrung gesammelt – sie schätzt die beruflichen Möglichkeiten, die ein Jura-Studium ihr bietet. Für ihren Kommilitonen Maximilian Speer steht ebenfalls fest: Informatik soll es sein. Und das, obwohl er das Fach an seiner Schule nicht als Leistungskurs belegen konnte, da dieser nicht zustande kam. Momentan reizt ihn besonders, später am Hasso-Plattner-Institut zu studieren. Er hofft, dass er durch das Juniorstudium den fehlenden Leistungskurs etwas ausgleichen kann. Hauptsächlich will er aber von der Pike auf lernen, wie man programmiert, nachdem er damit schon in seiner Freizeit begonnen hatte. Lars Girbinger wiederum möchte Psychologie studieren, weil das Fach so vielseitig ist. „Mich würden auch Soziologie oder Biologie sehr reizen. Doch in der Psychologie ist von alldem etwas dabei“, sagt er. Besonders interessieren ihn Neurowissenschaften, wozu er momentan auch ein Seminar belegt. Girbingers Wissensdurst kommt das Juniorstudium sehr entgegen.
Alle drei machen dieses Jahr ihr Abitur – dennoch sagen sie, die Zeit ins Juniorstudium ist gut investiert. Sie lernen ihr Fach kennen, können sich informiert entscheiden und, da sind sie sich sicher, entspannter an ihre Zeit als Erstsemester herangehen, weil für sie dann nicht mehr alles so neu ist. Robert Meile von der Zentralen Studienberatung kennt die Vorteile des Programms: „Das Juniorstudium ist eine großartige Chance für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für die Universität, die so früh besonders begabte und leistungsstarke Schüler an sich binden kann. Wir würden uns gleichzeitig mehr E-Learning-Angebote wünschen, damit wir auch Juniorstudierende von weiter weg aufnehmen können.“ Während ihrer Zeit an der Universität Potsdam werden die Nachwuchsstudis von der Zentralen Studienberatung begleitet, nehmen an einer Einführungsveranstaltung, Feedbackgesprächen sowie Gesprächen zur Prüfungsvorbereitung teil. Diese Rundumbetreuung kommt bei allen dreien gut an: Sie erzählen, dass sie auf Mails meist noch am selben Tag eine Antwort bekommen und bewerten die Angebote und das Engagement der Universität durchweg positiv.
Das Juniorstudium im Überblick
Seit dem Wintersemester 2012/13 gibt es das Juniorstudium an der Universität Potsdam. 64 Schülerinnen und Schüler haben diese Möglichkeit seitdem genutzt. Einsteigen können Interessierte immer zum Wintersemester und im darauf folgenden Semester auf Antrag weiterstudieren. Das Juniorstudium richtet sich an besonders begabte und leistungsstarke Schüler und Schülerinnen ab der 10. Klasse. Anders als im Schnupperstudium nehmen die Juniorstudierenden regelmäßig an ihren Veranstaltungen teil und können auch Leistungspunkte erwerben. Maximal sind 18 Leistungspunkte für das gesamte Juniorstudium möglich, die auch im späteren Studium angerechnet werden können. Auch für die Studienplatzbewerbung in Brandenburg lässt sich das Juniorstudium einsetzen – die Schülerinnen und Schüler können so ihre Note um 0,1 verbessern. Koordiniert wird das Programm von der Zentralen Studienberatung.
www.uni-potsdam.de/studium/studienangebot/juniorstudium.html
Fotos zum Download:
Lars Girbinger in der Bibliothek. Foto: Ernst Kaczynski
Maximilian Speer am Rechner. Foto: Tobias Hopfgarten
Text: Magda Pchalek
Online gestellt: Sabine Schwarz
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuuni-potsdampde
Dieser Text erschien im Universitätsmagazin Portal - Eins 2020 „Bioökonomie“ (PDF).