Ereignisreiche zehn Tage Exkursion durch die wunderschönen Landschaften der Türkei liegen hinter uns. Wir haben nicht nur geologische, sondern auch viele kulturelle Eindrücke gewinnen können. Unsere Exkursionsroute von über 1600 km führte uns vom Süden des Landes bis in den Norden Anatoliens und dann weiter nach Westen bis nach Istanbul. Auf dieser Reise sahen wir Zeugnisse dramatischer gebirgsbildender Prozesse sowie weitreichende Landschaftsveränderungen, die sich im Spannungsfeld zwischen Kräften im Erdinneren und den Auswirkungen klimatischer Steuerungsmechanismen entwickelt haben. Für uns war es eine Reise durch ein natürliches Labor, das uns einen Einblick in verschiedenste geologische Prozesse und Zeitskalen erlaubte.
In Südanatolien sahen wir die Spuren der Austrocknung des Mittelmeeres, Ergebnisse von Verkarstungsprozessen und der Heraushebung des Anatolischen Mikrokontinents. Im Inneren Anatoliens dagegen wurden uns die mächtigen Kräfte aktiver Störungen deutlich, die ganze Landschaften absenken oder anheben; nahezu 4000 m hohe Schichtvulkane und zahlreiche vulkanische Ascheströme verdeutlichten die Prozesse der Magmengenese und des explosiven Vulkanismus. Vor allem in Kappadokien hat uns das Zusammenspiel von Vulkanismus und der frühen Besiedlung durch den Menschen beindruckt und konnte uns nicht deutlicher zeigen, wie geologische Rahmenbedingungen die Besiedlungs- und Kulturgeschichte einer Region beeinflussen können. Kappadokien mit seiner jahrtausendealten Kultur war sicher einer der Höhepunkte unserer Exkursion.
Zum Schwarzen Meer hin bot sich ein ganz anderes Bild: Die fortwährenden tektonischen Prozesse am Nordrand des Anatolischen Plateaus zeigten sich durch steil gestellte und verfaltete Gesteinseinheiten, die die Bildung von Flusstälern und damit landwirtschaftlicher Flächen kontrollieren. Gleichzeitig bilden diese herausgehobenen und verformten Gesteinseinheiten wichtige Klimabarrieren, die das Hochland von Anatolien zur Steppe machen und für ein humides Klima auf ihrer Nordseite sorgen. Als Höhepunkt wurde zur Abrundung die Nordanatolische Verwerfung analysiert, die hinsichtlich ihrer Länge, der auftretenden Erdbeben und Verformungsprozesse vergleichbar ist mit der nordamerikanischen San Andreas-Verwerfung. Hier wurde uns vor Augen geführt, wie wichtig die feldgeologischen Untersuchungen an solchen Verwerfungszonen sind, um Aussagen über etwaige Erdbebengefährdungen zu treffen und um Menschenleben zu retten.
Jetzt sitzen wir im Flugzeug und lassen die Küstenlinien von Bosporus und Marmarasee hinter uns. Prägende Eindrücke und wichtige Erfahrungen beim Erkennen, Charakterisieren und Interpretieren geologischer Phänomene, die nur im Feld selbst erlernt werden können und bei unseren zukünftigen Tätigkeiten als Geowissenschaftler wichtig sein werden, bleiben uns Studenten in Erinnerung. All das war nur durch die großartige Organisation und Leitung unserer Dozenten möglich. Wir danken Manfred Strecker, René Dommain und Cengiz Yildirim für diese Möglichkeit und die Lösung vieler kleiner Probleme am Rande des Programms.
Text: Jan Kärstens
Online gestellt: Agnes Bressa
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