Zehn Fragen* für ein Buch, gestellt an Anke Geißler-Grünberg, Autor von „NS-Raubgut: Forschungsbericht zur Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek Potsdam 2014–2018“, Universitätsverlag 2018.
Was steht in Ihrem Buch – in drei Sätzen?
Das Buch entstand im Rahmen eines Provenienzforschungsprojektes an der Universitätsbibliothek Potsdam. Sämtliche Bücher ihrer judaistischen Sammlung wurden auf einen verfolgungsbedingten Entzug in der NS-Zeit hin untersucht. Das nun vorliegende Buch blickt auf die Entstehung der Sammlung und die Herausforderungen des Projekts anhand ausgewählter Bücher zurück.
Hat Ihr Buch eine Geschichte? (Wie ist es entstanden: aus einer Tagung, einem Projekt, einer Dissertation?)
Provenienzforschung und insbesondere zu NS-Raubgut ist in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt und wird, wenn überhaupt, auf Gemälde reduziert. Für eine kleine Ausstellung im UB-Gebäude Golm im Herbst 2017 zeigten wir darum Bücher, die einen Querschnitt dessen abbildeten, womit wir es im Projekt zu tun hatten. Um diese Präsentation und ihren Gesamtzusammenhang bekannter zu machen, entschieden wir uns für die nun vorliegende Publikation. Das Buch will auch die Arbeit des Kooperationsverbundes „Looted Cultural Assets“ würdigen, ohne den dieses Projekt in der Form nicht möglich gewesen wäre.
Warum ist Ihr Buch wie kein anderes?
Das Projekt war einzigartig. Denn hier wurden Bücher untersucht, die sich bis 1945 vor allem in jüdischem Besitz befanden und in ihrer Mehrheit in hebräischer Sprache verfasst sind. Sehr viele Provenienzhinweise sind ebenfalls in Hebräisch. Basiswissen über das junge Feld der NS-Raubgutforschung am konkreten Beispiel der UB Potsdam in aufgelockerter Form zu vermitteln und mit einem Blick hinter die Kulissen zu verknüpfen, war das Ziel des Buches. Auch wenn es schwierig war, eine aussagefähige Auswahl der Themen und Beispiele zusammenzustellen, ist das Buch dennoch kurzweilig zu lesen. Es stellt zudem die erste Publikation zum Thema NS-Raubgut in Bibliotheken im Land Brandenburg dar.
Sie veröffentlichen im Universitätsverlag Potsdam - und damit open access. Warum?
Das Projekt war in der Universitätsbibliothek angesiedelt, weil dort die Bücher stehen. Da das Projekt mit öffentlichen Geldern finanziert wurde, ist es nur selbstverständlich, seine Ergebnisse über Open Access kostenfrei anzubieten und bekannter zu machen.
Wer sollte Ihr Buch lesen - und wann?
Das Buch richtet sich an all jene, die sich mit dem Thema Provenienzforschung vertraut machen oder es weitertragen wollen: Studenten, historisch Interessierte, Lehrer. Auch soll es Bibliothekare dazu ermuntern, ihre eigenen Bestände auf NS-Raubgut zu prüfen. Großartig wäre, wenn dieses Büchlein einen Beitrag dazu leisten könnte, weitere solche Projekte zu realisieren und die politischen Rahmenbedingungen für eine Verstetigung der Provenienzforschung in Bibliotheken zu schaffen.
Was hat Spaß gemacht beim „Buchmachen“ – und was eher nicht?
Die Idee selbst und die Motivation, andere für das Thema zu begeistern. Persönlich faszinierte mich die Beschäftigung mit den Biografien der drei Gelehrten, deren Privatbibliotheken den Grundstock der untersuchten Buchsammlungen bilden. Aber auch die Recherche zur Geschichte dieser Sammlungen, die zahlreiche Mosaiksteine der schwierigen deutsch-jüdischen Beziehungsgeschichte freilegte, war berührend.
Auf einer Skala von 1 bis 10: wie gut ist Ihr Buch?
Das müssen die Leser entscheiden.
Wenn Sie könnten: Würden Sie sich für das Buch einen Preis verleihen – und wenn ja, welchen?
Ja, und zwar den Preis für Völkerverständigung.
Und nun noch 3 Sätze zu Ihnen ...
Bodenständig und zugleich weltoffen, neugierig und geduldig. Mein Hauptinteresse gilt der deutsch-jüdischen Landesgeschichte. Die Möglichkeit der Mitarbeit in diesem Projekt, hier in Potsdam, hat dieses Interesse um viele Facetten bereichert. Seit einigen Jahren bin ich zudem maßgeblich an der Dokumentation jüdischer Friedhöfe in Brandenburg beteiligt, die die Erschließung einer einzigartigen geschichtlichen Quelle zum Ziel hat.
„Zehn Fragen für ein Buch“ öffnet die Tür zum Potsdamer Universitätsverlag und stellt regelmäßig Neuerscheinungen vor. „NS-Raubgut: Forschungsbericht zur Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek Potsdam 2014–2018“ ist hier online verfügbar – oder hier als Buch zu bestellen. Weitere Neuerscheinungen aus dem Universitätsverlag hier.
* Den Autorinnen und Autoren steht es frei, welche der zehn gestellten Fragen sie beantworten wollen. Deshalb kann es passieren, dass letztlich nicht zehn Fragen und Antworten veröffentlicht werden.
Text: Matthias Zimmermann
Online gestellt: Alina Grünky
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuuni-potsdampde