Zehn Fragen* für ein Buch, gestellt an Markus Krah, Mirjam Thulin und Bianca Pick, Herausgeber und Herausgeberinnen von „PaRDeS, Bd. 24, Cultures of Wissenschaft des Judentums at 200“. Erschienen im Universitätsverlag Potsdam, 2018.
Was steht in Ihrem Buch – in drei Sätzen?
THULIN: Die Wissenschaft des Judentums wird in diesem Jahr 200 J. alt und die Forschung dazu blüht seit ca. zwei Dekaden. Wir haben Beiträge v.a. junger Kolleg*innen versammelt, die die Geschichte der Wissenschaft des Judentums erläutern, durch neue Perspektiven beleuchten und bislang unbekannte jüdische Gelehrte einer breiteren (akademischen) Öffentlichkeit vorstellen.
Hat Ihr Buch eine Geschichte? (Wie ist es entstanden: aus einer Tagung, einem Projekt, einer Dissertation?)
KRAH: Wir haben lange überlegt, wie wir das Jubiläum der „Wissenschaft des Judentums“ würdigen können, die in weiten Teilen gut erforscht ist, wie die zahlreichen Konferenzen und anderen Veröffentlichungen dazu im Jubiläumsjahr zeigen. Mit der Frage nach „Wissenskulturen“ wollten wir einen eigenen Weg beschreiten, der etwas abseits dieser ausgetretenen Forschungspfade verläuft. Und tatsächlich haben wir Themenvorschläge zu solchen Fragen bekommen, etwa den komplexen Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft des Judentums und Orthodoxie.
Warum ist Ihr Buch wie kein anderes?
THULIN: Es ist up to date und spiegelt aktuelle Forschungstrends wider.
Sie veröffentlichen im Universitätsverlag Potsdam – und damit open access. Warum?
PICK: Der offene Zugang mag zwar kein Garant für eine breite Leserschaft sein, aber die Sichtbarkeit, die dadurch gewährleistet ist, gibt mehr Leser*innen die Möglichkeit, sich mit den thematischen Bereichen der Jüdischen Studien auseinanderzusetzen.
Wer sollte Ihr Buch lesen – und wann?
KRAH: Jeder, der sich für die intellektuelle und kulturelle Modernisierung des Judentums in den letzten 200 Jahrhunderten interessiert: Wissenschaftler*innen, Studierende und alle, die besser verstehen wollen, welche geistigen Grundlagen das heutige Judentum hat, aber auch wie die wissenschaftliche Beschäftigung damit in Jüdischen Studien, Judaistik und Jüdischer Theologie entstanden ist.
Was lesen Sie selbst?
PICK: Aktuell treiben mich Texte um, die auf literarische und wissenschaftliche Preisausschreiben zurückgehen; insbesondere die „Antworten“ auf Preisfragen amerikanischer Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein Großteil der Texte und Autoren sind heute weitgehend unbekannt, manche Texte gelten als verschollen. Peu à peu versuche ich, mir dieses Korpus zu erschließen, und dabei bin ich immer wieder überrascht, wie viele Texte noch auf ihre Leser warten.
THULIN: Ich lese derzeit für mein zweites Buchprojekt Forschungsliteratur über die Geschichte der jüdischen Kunst, Künstler und Porträtmalerei und jüdische „Ikonographie“ in der Malerei (Stichwort Jewish Icons von Richard Cohen).
KRAH: Ich warte darauf, das neueste Buch meines Doktorvaters Jack Wertheimer zu bekommen: The New American Judaism: How Jews Practice Their Religion Today. Das US-amerikanische Judentum ist mein wichtigstes Forschungsgebiet, und das Buch verspricht eine aktuelle Bestandsaufnahme, die auf Gesprächen mit vielen Akteuren beruht, nicht auf abstrakten Statistiken.
Was hat Spaß gemacht beim „Buchmachen“ – und was eher nicht?
KRAH: Die Neugierde auf jeden Text, den die Beiträger*innen schicken, bleibt – und am Ende das gute Gefühl, ein klein wenig zum wissenschaftlichen Austausch über ein wichtiges Thema beizutragen, neue Erkenntnisse sichtbar zu machen und ein wichtiges Jubiläum zu würdigen. Dazwischen liegt die Arbeit, die manchmal mühsam sein kann, aber dazu gehört: die Texte mit größter Sorgfalt zu lesen und mit den Autor*innen zu debattieren, ob wir Fußnote 17 nicht in den Hauptteil nehmen, aber den vorletzten Absatz im Exkurs auf Seite 13 streichen. Auf diese Weise lernt man Kolleg*innen, die man auf der Straße nicht erkennen würde, auf ganz eigene Weise gut kennen, und das macht (meistens) Spaß.
Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie gut ist Ihr Buch?
THULIN, PICK UND KRAH: Im Durchschnitt unserer Antworten sind wir auf mehr als sechs und weniger als zehn Punkte gekommen – Details bleiben Herausgeber*innen-Geheimnis.
Wenn Sie könnten: Würden Sie sich für das Buch einen Preis verleihen – und wenn ja, welchen?
KRAH: Vielleicht einen Preis für das innovative Cover? Wahrscheinlich hat noch keine Fachzeitschrift in den jüdischen Studien ein amerikanisches Autonummernschild als Titelmotiv gehabt.
Und nun noch 3 Sätze zu Ihnen …
PICK: Ich wurde erstmals mit der Aufgabe betraut, als Herausgeberin tätig zu sein. Die Möglichkeit, sich auf diese Weise untereinander auszutauschen, neue Themenfelder zu erschließen, und fächerübergreifende Sichtweisen kennenzulernen, empfinde ich als eine große Bereicherung. Dass mir die Arbeit an der aktuellen und neuen Ausgabe auch in der Abschlussphase meiner Dissertation nie ‚zu viel‘ wurde, werte ich als ein gutes Zeichen.
THULIN: Üblicherweise gelten Herausgeberschaften als undankbare Aufgabe, v.a. Sammelbände. Das ist – das habe ich gelernt – mit einer Zeitschrift wie PaRDeS anders. Ich habe erstmals an PaRDeS mitgewirkt und bin erfreut über unsere gute Zusammenarbeit im Herausgeberteam, aber auch mit dem Verlag. Das nächste Heft ist schon in Arbeit – und das beschäftigt mich/uns bereits seit einem knappen halben Jahr.
KRAH: Die Herausgeberschaft von PaRDeS ist eine Liebhaber-Beschäftigung, die neben meiner Haupttätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Jüdische Religions- und Ideengeschichte steht. Beide Aufgaben eröffnen die Möglichkeit, die fast unendliche Vielfalt der Themen in den Blick zu nehmen, die die Jüdischen Studien interessieren. Das nächste Heft von PaRDeS etwa steht unter einem ganz anderen Thema: Es geht um die transformative Kraft von Übersetzungen in der modernen jüdischen Geschichte und Kultur.
* Den Autorinnen und Autoren steht es frei, welche der zehn gestellten Fragen sie beantworten wollen. Deshalb kann es passieren, dass letztlich nicht zehn Fragen und Antworten veröffentlicht werden.
Text: Matthias Zimmermann
Online gestellt: Alina Grünky
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