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"Gesetze sind wie mathematische Formeln" – Warum es die Georgierin Nazi Tsirekidze zum Jurastudium nach Potsdam zog

Neben deutschen waren im Wintersemester 2017/18 auch 2.200 Studierende aus 114 Ländern an der Universität Potsdam eingeschrieben. Eine davon ist Nazi Tsirekidze. Die gebürtige Georgierin studiert Rechtswissenschaften an der Juristischen Fakultät – und wurde 2017 zur besten georgischen Studentin in Deutschland gekürt.

Kaum denkbar, dass Nazi Tsirekidze jemals etwas anderes hatte werden können als Juristin. Während viele nach dem Abitur noch ihren Weg suchen, führte der von Nazi Tsirekidze direkt an die Universität. Jura war ihr Kindheitstraum. „Der Job von Richtern und Staatsanwälten hat mich immer schon fasziniert.“ Dabei gebe es in ihrer Familie fast nur Lehrer, fügt sie lachend hinzu. Geboren und aufgewachsen in Kutaissi, im Westen Georgiens, ging sie 2007 zum Studium in die Hauptstadt Tiflis. Dass es die richtige Wahl war, merkte die angehende Juristin schnell. „Ich habe sehr gern studiert, bin sogar nach den Vorlesungen ins Gericht gegangen und habe Prozesse beobachtet. Ich wollte sehen, wie die Praxis aussieht. Denn die Falle und wie sie gelöst werden, das ist das eigentlich Spannende.“ Und das Auswendiglernen? Das habe in ihrem Studium kaum eine Rolle gespielt. „Vieles wurde einfach so oft wiederholt, dass es sich festgesetzt hat.“ Vielmehr vergleicht Nazi Tsirekidze ihre Profession mit Mathematik. „Ich finde, Jura hat große Ähnlichkeit mit Logik. Und Gesetze sind wie Formeln, mit denen man seine Aufgaben lösen kann.“ Auch im Rechtsstreit gebe es – wie oft in der Mathematik – verschiedene Wege, eine gestellte Aufgabe zu losen. „Im Gericht muss man dies dann einfach überzeugender tun als die Gegenseite, um zu gewinnen.“

Nach dem Bachelorstudium machte sich Nazi Tsirekidze daran, ihr Studium in Deutschland zu organisieren. Zunächst ging sie als Au-pair nach München, wo ihre Schwester studierte. „Das erschien mir die beste Möglichkeit, Sprache und Kultur ganz praktisch kennenzulernen.“ Als ihre Gastfamilie nach Berlin zog, ging sie mit. Auf der Suche nach einem intensiven Deutschkurs stieß sie 2013 erstmals auf die Uni Potsdam. Ein halbes Jahr lang hieß es nun von 8 bis 17 Uhr Deutsch pauken. Nach einem Semester und geschaffter Sprachprüfung stand fest: Sie wollte bleiben, bewarb sich für ein Masterstudium Rechtswissenschaften. Für die nächsten zwei Jahre war – auch dank Wohnheimplatz – der Campus Griebnitzsee ihr Zuhause. „Eine sehr schöne Zeit“, sagt Nazi Tsirekidze. Sie habe schnell Freunde gefunden. Wie ihre Mitbewohnerin, eine Französin, die im deutsch-französischen Studiengang der Fakultät studierte. „Das Studium war anders als in Georgien: Alle waren engagiert, zielstrebig, wussten, was sie wollten“, so die angehende Juristin. „Und natürlich pünktlich.“

Zwischen ihrer Heimat und Deutschland zu vergleichen, hat sie auch als Wissenschaftlerin fortgesetzt. So beschäftigte sich Nazi Tsirekidze in ihrer Abschlussarbeit mit dem Verfassungsrecht beider Staaten. Ein lohnendes Unterfangen für die Forscherin, die dank ihrer Sprach- und Rechtskenntnisse bewusst zwischen den Stühlen zu sitzen vermochte: „Für mich war das besonders spannend, weil Georgien in den vergangenen Jahren sein Rechtssystem stark reformiert hat. Das Land versucht, sich ein Verfassungssystem zu geben, das dem vieler europäischer Länder ähnlich ist. Auch, um an die EU heranzurücken.“ Dass der jungen Frau die Rechtswissenschaft im Blut liegt, hatte sich spätestens mit ihrem Abschluss herumgesprochen: Ihre Arbeit wurde in der Zeitschrift Osteuropa- RECHT abgedruckt und sie als beste georgische Studentin in Deutschland 2017 ausgezeichnet. Ihr selbst habe die Arbeit aber vor allem gezeigt: Es reicht noch nicht. „Ich habe schon sehr viel gelernt. Aber ich wollte noch tiefer eintauchen ins Rechtssystem.“ Deshalb studiert sie seit Anfang 2017 noch einmal Rechtswissenschaften, nun auf Staatsexamen.

Fast nebenbei hat Nazi Tsirekidze den Schritt in die Praxis gewagt. Nach einem Praktikum an der georgischen Botschaft in Berlin arbeitet sie mittlerweile in einer Berliner Anwaltskanzlei: „Für mich ist es eine schöne Erfahrung, nun ganz konkret Menschen als Juristin beraten und ihnen helfen zu können. Ein tolles Gefühl. Und es verschafft mir eine prima Balance zwischen Theorie und Praxis.“

Diesen und weitere Beiträge zu aktuellen Themen an der Universität Potsdam finden Sie im Universitätsmagazin
 "Portal".

Text: Matthias Zimmermann
Online gestellt: Jana Scholz
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktion@uni-potsdam.de