Zum Abschluss unserer Reise kehren wir den USA den Rücken zu und besuchen das kanadische Vancouver. Dort begeistern uns nicht nur die zahlreichen Weißkopfseeadler, sondern ebenso die überwältigende Gastfreundlichkeit.
Auch an der Simon Fraser University (SFU) war die IT hochgradig dezentral, wurde aber mit viel Fingerspitzengefühl neu organisiert. Entscheidungen werden bevorzugt nicht durch den CIO, sondern durch Komitees (für administration, teaching & learning sowie research) mit den Beteiligten selbst getroffen. Das stimuliert Diskussionsprozesse und stößt Kulturveränderungen an. Die Fakultäten können wahlweise eine autonome IT betreiben, müssen dafür aber eigene Gelder nutzen – oder sie haben an zentralen Projektmitteln teil und fügen sich in die zentrale Governance. Dafür wurden die IT-Budgets über Jahre hinweg kontinuierlich aufgestockt. Den Prozess unterstützt ein starkes Projektmanagement-Office.
Heterogenität ist in der Lehre der SFU ein großes Thema. Flexibilität durch Technologie wird nicht nur in Ort und Zeit, sondern medienpädagogisch vor allem in der Person interpretiert. Medieneinsatz im Klassenraum soll individuelle Lernerfahrungen bereichern und Gruppenbildungen fördern. Eine Herausforderung ist die Vielzahl der Kommunikationskanäle mit Studierenden – neben dem zentralen Learning Management System. Eine Integration ist geplant, zumal formative Assessments nicht auf Diensten wie WhatsApp basieren können. Beratend stehen für Innovationen in der Lehre hochschulweit etwa 30 Stellen zur Verfügung. Verbesserungspotenzial wird jedoch in einer Verbindung von Support-Prozessen und im Erfahrungsaustausch der lokalen Berater gesehen.
Im Bereich Forschung ist man besonders stolz auf die Big Data Initiative. Sowohl für die Regierung als auch für Firmenpartner werden Dienstleistungen angeboten. Ebenfalls etabliert ist der landesweite Supercomputing-Verbund. Öffentliche Fördermittel für IT (jenseits von Arbeitsplatzrechnern) erhalten die Forscher der Uni nur noch, wenn ‚Compute Canada‘ bestätigt, dass sie für diese Zwecke nicht nutzbar sind. Davon sind wir noch weit entfernt! Die Uni hat mit dem Thema Nachhaltigkeit einen weiteren Vorteil dieser Vorgehensweise erkannt: Nach Projektende gab es früher viele Anfragen zur weiteren Finanzierung von Hard- und Software. Diese Mittel können nun gespart werden – und darüber hinaus stehen die entstandenen Forschungsdaten für eine breitere Nutzung zur Verfügung.
Die University of British Columbia (UBC) hat ebenfalls erkannt, dass eine dezentrale IT nicht effizient und nachhaltig zu betreiben ist. Die Mehrheit der Dienste wurde zentralisiert; zugleich wurden Service Level Agreements abgeschlossen. Was nicht zu standardisieren ging, blieb jedoch dezentral. So wurde eine signifikante Autonomie der Fakultäten gewahrt. Die CIO hat die Befugnis, Policies für IT zu definieren. So gehen zum Beispiel alle IT-Beschaffungen der UBC ab einer bestimmten Größe über ihren Tisch. Interessant die Besetzung des IT Advisory Council: Neben Vertretern aus Fakultäten und IT sitzen dort auch externe Experten.
Ergänzend werden gerade ein Capital Planning Committee und ein Architecture Review Board eingerichtet, die alle neuen IT-Projekte durchlaufen müssen. Schon etabliert ist die Kooperation mit den Fakultäten in einen Learning Technology Hub. Dieser wird von einem kleinen, nicht paritätisch sondern nach Expertise besetzten Team gesteuert. Besonders spannend: Die wenigen Mitarbeiter mit Tätigkeiten überwiegend in der Lehre gelten nicht als Nicht-Forschende, sondern als Botschafter für neue Lehrpraktiken, als Multiplikatoren im Kulturwandel. Hilfe bei neuen Medienprojekten erhalten sie von einem zentralen Dev Shop, der Master-Studenten mit Programmierkenntnissen vermittelt. Der Vorteil: Architekturen und Technologien sind dadurch standardisierbar. Der durch die Hochschule subventionierte und dadurch konkurrenzfähige Stundensatz lockt; zudem sind zusätzliche Service-Pakete zum Beispiel für Pflege oder Support buchbar.
Zum Abschluss besuchen wir das UBC Studio mit dem Emerging Media Lab. Hier unterstützen qualifizierte Studierende innovative Medienprojekte für Lehre und Forschung mit großer Kreativität und Professionalität. Der Dozent drückt selbst auf den Aufnahmeknopf, doch die Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter und die technische Ausstattung suchen ihresgleichen.
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Text: Ulrike Lucke
Online gestellt: Alina Grünky
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