Am heutigen Sonntag beginnen wir unsere Tour in North Carolina. Als deutsche CIOs zu Gast an amerikanischen Hochschulen wollen wir digitale Innovationen in Lehre und Forschung unter die Lupe nehmen, wollen strategische Ansätze und die Rahmenbedingungen für deren Umsetzung auf Übertragbarkeit an unseren Heimat-Hochschulen prüfen.
Im weitläufigen Park der Duke University begegnen uns viele Studenten, die mit ihren Smartphones in der Hand in einer Schnitzeljagd den Campus erkunden. Ein Gebäude mit Wandelgang weckt unsere Aufmerksamkeit. Von außen wirkt es wie ein Kloster; innen wird unser Blick sofort auf die hohen Holzbalken des Deckengewölbes gelenkt. Unten überraschen uns metallglitzernde Theken, die mit Köstlichkeiten von Sushi bis Tacos aufwarten. Darüber finden sich auf luftigen Konstruktionen aus Glas und Holz viele Balkons mit Arbeitsplätzen für Studenten. Mit Zetteln oder Notebooks, allein oder in Gruppen wird hier gegessen, geplaudert und gelernt. In den Maker Spaces im Duke Arts Center geht es handwerklich zur Sache. Ganz traditionell an Werkbänken zur Metall- und Holzbearbeitung und an großen, rustikalen Arbeitstischen können Studierende ihre Kunstwerke produzieren. Wie laut das wohl manchmal ist? Von der Decke baumeln lange Stromkabel. Was unser „TÜV“ dazu sagen würde? An einer Wand steht eine Farm mit etwa 20 3D-Druckern, einer über und neben dem anderen. Drei von ihnen ziehen fleißig ihre Bahnen, angesteuert aus der Ferne. Am Palmsonntag ist der Raum aber fast leer; dagegen ist die Kirche voll.
Ganz anders in der Bibliothek der North Carolina State University. Rappelvoll ist es. Einzelne Plätze sind noch frei, aber alle Gruppenarbeitsräume sind belegt. Es wird gelesen, geschrieben, präsentiert, diskutiert. Trotzdem schlucken Wände und Einrichtung die meisten Geräusche. Das Mobiliar strahlt in verschiedensten Farben, Formen und Materialien. Dazwischen Whiteboards und Smartboards, Drucker und Scanner, Burger und Kaffee. Aber kaum Bücherregale. Die Bücher sind in einem großen Hochregallager verschwunden, zum Teil unterirdisch. Ein Roboter holt blitzschnell heran, was elektronisch angefordert wird. Faszinierend sind die Proportionen: Der überwiegende Teil der Bibliothek besteht aus Arbeitsplätzen, nicht aus Bücherregalen. Digitalisierung wird konsequent umgesetzt; Analoges und Digitales so miteinander verbunden, dass das Lernen unterstützt wird.
Die Digitalisierung greift auch im Restaurant um sich. Auf unserem Tisch steht ein kleines Display, nimmt Bestellungen und auch Kreditkarten entgegen. Sonderwünsche oder Nachfragen ausgeschlossen. Dafür ist Werbung inklusive. Das Essen wird aber noch von Menschen gebracht. Wann gibt es dafür Roboter? Digitalisieren wir nicht sonst die einfachen Routine-Aufgaben? Wo genau liegt der Mehrwert einer menschlichen Bedienung?
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Text: Ulrike Lucke
Online gestellt: Alina Grünky
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