Forschen vom ersten Tag im Studium an? iGEM macht es möglich. Bei dem großen internationalen Biotechnologie-Wettbewerb ging 2017 – nach fünf Jahren – wieder ein Team von Studierenden der Universität Potsdam an den Start. Matthias Zimmermann sprach mit dem Initiator des Potsdamer Teams, Bryan Nowack.
Wie war die Arbeit auf der Zielgeraden? Können Sie ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, wie es da so zugeht?
Sie ist sehr stressig. Man ist eigentlich die ganze Zeit damit beschäftigt, alles unter einen Hut zu bekommen und nichts zu vergessen. Besonders zum Ende hin habe ich Checklisten schätzen gelernt. Sie helfen, die Übersicht zu behalten.
Eine der wichtigsten Deadlines war der wiki-freeze. Am 31.Oktober wurden die Webseiten der Teams eingefroren. Von da an konnte man keine Änderungen mehr vornehmen. Es ist die berühmt-berüchtigte Deadline von iGEM und jeder hat seine Geschichten zu erzählen über diesen Tag. Wir belagerten einen Raum in der Bibliothek von Öffnung bis Schließung und gingen nur für 30 Minuten raus, um zu essen. Die abschließenden Änderungen wurden dann gegen Mitternacht gemacht. Zum Glück hatten sich drei Mitglieder unseres Teams sehr früh auf die Webseite fokussiert, wodurch das Ganze erst möglich wurde.
Ansonsten bleib in den letzten Tagen hin und wieder etwas Verzweiflung nicht aus. Wie bei jedem anderen iGEM Team spielte die Zeit stets gegen uns. Wir haben in den letzten Tagen vor dem Flug zur Konferenz in Boston versucht, noch ein paar Ergebnisse einzuholen. Leider hat es nicht geklappt und die Messungen mussten verworfen werden. Aber sobald wir in Boston waren, überwog eigentlich nur noch die Freude, endlich da zu sein und es bis hierher geschafft zu haben.
Können Sie die Ergebnisse Ihrer Arbeit in drei Sätzen zusammenfassen?
Wir haben nachgewiesen, dass ein Protein in Hefezellen gelb fluoreszierende Tröpfchen bilden kann. Außerdem konnten wir mithilfe eines Modells auch die Valenz dieses Proteins, also wie viele Moleküle sich gegenseitig gleichzeitig binden können. Das Ziel war, mit diesem Konzept die Geschwindigkeit von biochemischen Reaktionen zu erhöhen. Die ersten Stoffwechselmessungen schlugen jedoch fehl, wodurch wir dort keine Ergebnisse vorweisen konnten.
Das große Finale war das „Giant Jamboree“ in Boston am MIT. Wie lief es dort?
Es war großartig, die anderen Teams aus aller Welt zu sehen. Jeder hat seine eigenen Geschichten von Fehlern und lustigen Szenen im Labor. Es tat gut zu sehen, dass man nicht allein ist mit seinen Problemen. Die Veranstaltung dauerte dreieinhalb Tage – mit drei Tagen voller Präsentationen der Teams, Workshops und jeweils abends einer großen Poster Session, wo man rumgegangen ist und mit anderen über ihre Projekte geredet hat. Am Montag gab es dann die große Abschlusszeremonie mit der Preisverleihung.
Es ist leider nicht Gold, Silber oder Bronze geworden. Trotzdem herzlichen Glückwunsch – fürs Durchhalten auf diesem langen Weg! Was nehmen Sie mit von dieser Zeit?
Das ist schwer zusammenzufassen. Ich denke, dass jedes Teammitglied seine eigenen Erkenntnisse daraus ziehen wird. Ich für meinen Teil habe sehr viel über das Leiten eines Teams und das Planen von Experimenten gelernt.
Dadurch, dass man mit iGEM den kompletten wissenschaftlichen Prozess durchläuft – von der Themenfindung und Drittmitteleinwerbung bis hin zum experimentelles Design, der Laborarbeit und Präsentation –, erfährt man so viel, von dem viele Studierende nur träumen können. Da kommt keine Hausarbeit oder HiWi-Stelle ran. Eine wichtige Erkenntnis ist wohl auch, dass es in der Wissenschaft wirklich nie so läuft, wie man es gerne hätte. Experimente, die für drei Tage geplant sind, können dann auch gerne mal anderthalb Monate in Anspruch nehmen.
Würden Sie dergleichen noch einmal machen?
Ich bin derzeit dabei, ein Team für das nächste Jahr zusammenzubringen, damit wir eine iGEM-Tradition an dieser Uni schaffen können. Das liegt mir besonders am Herzen, da ich das Team ja letztes Jahr quasi im Alleingang aufgebaut habe. Ich werde das Team betreuen und Tipps geben, mich jedoch nicht so massiv einbringen wie dieses Jahr. Ich muss ja auch noch irgendwann studieren. Ich könnte mir jedoch vorstellen, vielleicht im Master noch einmal mitzumachen, vielleicht auch als Teamleiter. Wer interessiert ist, noch dieses Jahr an iGEM teilzunehmen, kann mich (bnowackuuni-potsdampde) gerne anschreiben.
Was würden Sie einem Team fürs nächste Jahr mit auf den Weg geben?
Lasst euch nicht einschüchtern! Die Hälfte des letzten Teams war im dritten Semester des Bachelors. Wir hatten von so viel keine Ahnung. Und jetzt haben viele mehr Laborstunden und praktische Erfahrung als so mancher Masterstudent. iGEM basiert auf „learning by doing“ und das muss man sich zu Herzen nehmen. iGEM bietet für jeden die Möglichkeit, sich einzubringen, egal ob es nun Modellierungen, Webdesign, Sponsoring oder Laborarbeit ist.
Kontakt: Bryan Nowack, E-Mail: bnowackuuni-potsdampde
Text: Matthias Zimmermann
Online gestellt: Alina Grünky
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuuni-potsdampde