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Zehn Fragen für ein Buch – Ankommen … in 11 Kurzgeschichten

Die „Macher“ des Buches (v.l.n.r.): Linn Schulz, Aline Kanis, Lena Rabolt, Julia Willems, Patrick Tolxsdorf, Christina Flügel, Petra Lenz, Dorothee Mitteldorf. Es fehlen Anne Luther, Susanne Lauks, Vanessa Schilling und Tobias Schweiger (Grafiker). Foto: Karla Fritze.
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Die „Macher“ des Buches (v.l.n.r.): Linn Schulz, Aline Kanis, Lena Rabolt, Julia Willems, Patrick Tolxsdorf, Christina Flügel, Petra Lenz, Dorothee Mitteldorf. Es fehlen Anne Luther, Susanne Lauks, Vanessa Schilling und Tobias Schweiger (Grafiker). Foto: Karla Fritze.

Zehn Fragen für ein Buch – gestellt an Petra Lenz, Herausgeberin von „Ankommen … in 11 Kurzgeschichten“. Universitätsverlag Potsdam, 2016.

Was steht in Ihrem Buch – in drei Sätzen?

Das Buch gibt in elf Kurzgeschichten Einblicke in das Erleben, Denken und Fühlen von Jaro, Malia und ihren Kinder beim Ankommen in Deutschland. Die Familie ist vor Naturkatastrophen und den daraus resultierenden bürgerkriegsähnlichen Zuständen aus einem kleinen und hier unbekannten Land geflüchtet und gehört der Religion der Ahaquee an. Das Buch legt seinen Fokus auf die Überraschungen, Irritationen und Missverständnisse, die durch das Zusammentreffen der aus einer fremden Kultur stammenden Familie mit den einheimischen Deutschen resultieren.

Hat Ihr Buch eine Geschichte? (Wie ist es entstanden: aus einer Tagung, einem Projekt, einer Dissertation?)

Das Buch entstand in einem Seminar der Fachdidaktik des Faches Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER). Inhalt des Kurses sollten fachdidaktische Überlegungen zum religionskundlichen Lernen im Fach LER sein. Gemeinsam mit den Studierenden wollte ich darüber nachdenken, wie es nicht nur gelingen kann, Schüler/-innen Wissen über Religion(en) zu vermitteln, sondern ein Verstehen anzubahnen, dass für die Mehrzahl der Menschen auf der Welt religiöse Deutungen der Welt ihrem Leben Sinn verleihen. In einer immer komplexer werdenden Welt bieten Religionen Orientierung und religiöse Gemeinschaften erfüllen auf eine spezifische Weise das Bedürfnis von Menschen nach Vertrauen, Sicherheit und Schutz. Doch mein im Frühsommer 2015 geschriebener Seminarplan erschien mir im Herbst nicht mehr sinnvoll. Zu sehr beschäftigten uns alle die Menschen, die nach Europa und Deutschland geflüchtet waren, und die Ereignisse und Diskussionen im Zusammenhang mit den Flüchtlingsströmen. Ich erinnerte mich an Janne Tellers Buch „Krieg. Stell dir vor, er wäre hier“. Darin führt sie dem Leser sehr eindringlich das Thema Flucht aus der Perspektive einer deutschen Familie vor Augen, die aufgrund des Zusammenbruchs der westlichen Welt in den Orient flüchtet. So entstand in mir die Idee, mit den Studierenden des Kurses unsere Überlegungen in ein Produkt münden zu lassen, das Lehrer/-innen und Schüler/-innen Anregungen und Unterstützung beim Lehren und Lernen bieten kann. Die Idee zu einem Buch war geboren und traf bei den Studierenden auf Zustimmung. So ließen wir uns gemeinsam auf ein Projekt mit ungewissem Ausgang ein.

Was macht Ihr Buch zum Unikat?

Die Kurzgeschichten, die ein bestimmtes lebensweltliches Phänomene wie Freundschaft, Familie, Geburt oder auch den Tod unter der Perspektive der fiktiven Religion Ahaquee thematisieren. Die einzelnen Geschichten zeichnen auch in der Gesamtschau kein vollständiges Bild der Religion, womit bewusst offengelassen wird, was es genau mit bestimmten Ritualen, der Heiligen Schrift usw. auf sich hat. Dieser Ansatz ist gewollt, denn auch in der Realität werden wir zunächst mit bestimmten Äußerlichkeiten einer Religion konfrontiert und erfahren lediglich inhaltliche Versatzstücke, ohne dass sich uns die tieferen religiösen Sinnzusammenhänge erschließen. Das Erfinden einer Religion bot uns die Möglichkeit, prototypische Phänomene von Religion und Religiosität, individuelles (religiöses) Erleben und Fühlen und realitätsnahe Fluchtursachen in die Geschichten einfließen zu lassen, ohne uns der Gefahr auszusetzen, eine Religion falsch oder unzureichend-lückenhaft darzustellen. Aus dem individuellen Sprachgebrauch und Schreibstil der Autoren resultiert eine besondere Lebhaftigkeit, die das Buch besonders macht.

Wem hilft Ihr Buch?

Das Buch unterstützt, so unsere Hoffnung, Schüler/-innen primär darin zu verstehen, warum es zu Irritationen und Missverständnissen im Zusammenleben mit Menschen kommt – auch mit Angehörigen der eigenen Kultur und insbesondere dann, wenn Menschen aus anderen Teilen der Welt zu uns kommen. Damit dies gelingen kann, sind jeder Geschichte didaktische Überlegungen hinzugefügt. Dies sind Aufgaben auf unterschiedlichen Kompetenzniveaus und Anregungen, bestimmte zentrale Begriffe und Konzepte wie bspw. Religion, Kultur oder Erwachsenwerden zu hinterfragen. Den Kern der Lehrertätigkeit macht die professionelle Kompetenz aus, das Lernen der Schüler/-innen zu ermöglichen und anzuleiten. Wenn Lehrer/-innen dafür in unserem Buch Anregungen finden, hat unser Projekt einen guten sinnvollen Ausgang gefunden.

Wer sollte Ihr Buch lesen?

Alle, die nach Wegen suchen, ein verständnisvolles und gelingendes Leben mit Menschen aus anderen Kulturen zu gestalten. Und natürlich Lehrer/-innen, die LER, Ethik oder Religion unterrichten, die Schüler/-innen, aber auch deren Eltern.

Sie veröffentlichen im Universitätsverlag Potsdam – und damit open access. Warum?

Dies erschien mir ganz selbstverständlich, da das Buch durch Studierende in einem Kurs an der Universität Potsdam entstand.

Was lesen Sie selbst?

Tätigkeitsbedingt vor allem pädagogische, didaktische und philosophische Texte. Privat, wenn es die Zeit erlaubt, Gegenwartsliteratur und Autobiografien. Im Moment liegt „Unterleuten“ von Juli Zeh auf meinem Nachttisch.

Was hat am Entstehungsprozess Spaß gemacht – und was eher nicht?

Die meiste Freude machte tatsächlich die Arbeit im Seminar mit den Studierenden, deren Nachdenklichkeit und Wissen, Engagement und Offenheit mich immer wieder tief beeindruckte. Eher anstrengend empfand ich das Redigieren und Korrekturlesen – eine mühsame Arbeit.

Wenn Sie könnten: Würden Sie sich für das Buch einen Preis verleihen – und wenn ja, welchen?

Es sollte einen Preis für die beste didaktische Arbeit von Lehramtsstudierenden geben. Dafür würde ich das Buch sofort vorschlagen.

Und nun noch drei Sätze zu Ihnen …

Nach vielen Jahren als Lehrerin an verschiedenen Schulen im Land Brandenburg freue ich mich, heute an der Ausbildung zukünftiger Lehrer/-innen beteiligt zu sein. Neben fachdidaktischen Fragestellungen beschäftigt mich seit vielen die philosophische Diskussion um den Krankheitsbegriff. Einen Ausgleich zur „Kopf- und Schreibtischarbeit“ finde ich am ehesten unterwegs mit dem Rucksack auf einsamen Wanderwegen.

„Zehn Fragen für ein Buch“ öffnet die Tür zum Potsdamer Universitätsverlag und stellt regelmäßig Neuerscheinungen vor. Ankommen … in 11 Kurzgeschichten ist hier (http://verlag.ub.uni-potsdam.de/cgi-bin/publika/view.pl?id=908) online verfügbar. Weitere Neuerscheinungen aus dem Universitätsverlag hier (http://verlag.ub.uni-potsdam.de/aktuell.php).

Text/Fragen: Matthias Zimmermann
Online gestellt: Daniela Großmann
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde

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