Wenn am 5. August 2016 die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro beginnen, wird auch Ralf Buchheim unter den Teilnehmenden sein. Der VWL-Student an der Universität Potsdam ist Sportschütze, seine Spezialdisziplin ist das Skeet-Schießen. Noch vor den Olympischen Spielen, konnte Petra Görlich mit ihm sprechen.
Herr Buchheim, Sie haben sich als einziger Deutscher für das Skeet-Schießen in Rio qualifiziert. Wie hoch ist der Druck?
Der ist natürlich da. Aber bei manch anderen Athleten dürfte er noch größer sein als bei mir. Dann nämlich, wenn es Titel zu verteidigen gilt, erfolgreiche Traditionen fortgesetzt werden sollen. Das ist in meiner Disziplin nicht der Fall, deutsche Medaillengewinner gab es hier lange nicht mehr. Der letzte Olympiasieger war Axel Wegner 1988 in Soul. Mein Vater konnte 1972 den dritten Platz in München belegen. Damals siegte auch ein Deutscher: Konrad Wirnhier.
Mit welchem Zuschauerinteresse rechnen Sie in Rio?
Das lässt sich schwer abschätzen. Es soll schwierig sein, Karten zu bekommen. Woran das genau liegt, weiß ich allerdings nicht. Bei den Spielen in London waren die Tribünen jedenfalls voll.
Sie erleben bereits Ihre zweiten Olympischen Spiele. Inwiefern werden sich die beiden Großveranstaltungen nach Ihrer Ansicht unterscheiden?
London war damals sensationell. Das von vielen befürchtete Chaos in der Stadt blieb aus. Alles war beeindruckend organisiert. Wir werden sehen, wie das in Rio ist. Es wird wohl etwas temperamentvoller zugehen. Und die Organisation werden die Brasilianer auch schaffen.
Worum geht es beim Skeet-Schießen?
Es ist eine Disziplin des Flintenschießens. Die anderen beiden, die hierzu zählen, sind das Trap-Schießen und das Doppel-Trap-Schießen. Ein normaler Wettkampf findet über zwei Tage statt. Im Vorkampf wird auf 125 Scheiben geschossen, 25 in jeder Runde. Wir rufen dabei Scheiben ab und müssen sie dann innerhalb von zwei bis zweieinhalb Sekunden treffen. Es gibt übrigens eine besondere Reihenfolge: Die Wurfmaschine wirft abwechselnd Einzeltauben und Dubletten heraus. Im Finale, in dem die sechs Besten antreten, gibt es dann allerdings nur noch Dubletten.
Wie groß sind die Scheiben?
Wir schießen auf 110 Millimeter große, 105 Gramm schwere, zerbrechliche Wurfscheiben. Sie gelten als getroffen, wenn wenigstens ein Stück abbricht.
Schützen müssen sich immer wieder dem Vorurteil erwehren, Schießen sei kein Sport. Was entgegnen Sie den Kritikern?
Ein Schuss hat allein 60 Kilopond Rückschlag. Das entspricht etwa der Kraft eines Schwergewichtsboxers beim Schlag. Dem müssen wir körperlich gewappnet sein und deshalb über solche körperliche Grundvoraussetzungen wie Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Ausdauer verfügen. Wer es nicht glaubt, sollte es einfach mal ausprobieren.
Welche Chancen rechnen Sie sich für Rio aus?
Ich kann sicher gut mitmischen. Um ganz vorn zu sein, braucht man vermutlich rund 122 Treffer. Meine Bestleistung liegt bei 124, im Jahresdurchschnitt bei etwas mehr als 122.
Woher kommen die Favoriten?
Es ist schwer, hier jemanden herauszunehmen. 32 Athleten gehören dem Starterfeld an. Jeder von ihnen hat nachgewiesen, dass er im internationalen Vergleich Wettkämpfe gewinnen kann. Aber sicher ist der zweifache Olympiasieger Vincent Hancock, ein Amerikaner, zu beachten.
Sie sind sozusagen auf dem Schießstand groß geworden …
Ja, mein Vater war erfolgreicher Sportschütze. Heute ist er mein Trainer. Mit 14 Jahren habe ich begonnen, den Sport zu betreiben. Im Jahr 2000 kam ich dann in die Nationalmannschaft.
Wie bringen Sie Leistungssport und VWL-Studium unter einen Hut?
Da ich mich erst im zweiten VWL-Semester befinde, besitze ich da noch nicht viele Erfahrungen. Aber sicherlich werde ich mit den Lehrenden sprechen, um sie über meine besondere Studiensituation zu informieren und für Verständnis zu werben. Ich habe zuvor allerdings schon erfolgreich ein sportwissenschaftliches Studium an der Uni absolviert. Die Unterstützung im Institut war damals sehr gut.
Text: Petra Görlich
Online gestellt: Agnetha Lang
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