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Zwischen Ausbildung und Therapie – Die Akademie für Psychotherapie und Interventionsforschung ist spezialisiert auf Entwicklungsstörungen

Bücherregal mit der Aufschrift "Verhaltenstherapie"
Photo :
Foto: Georgia Pelz

Sie können nicht stillsitzen, nicht zuhören, ihre Gedanken scheinen wild umherzuspringen. Konzentration und Ausdauer sind ihre Sache nicht. Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom fordern ihre Umgebung über alle Maßen heraus.  Meist aber stehen sie sich selbst im Weg und leiden unter den Problemen, die ihr unstetes Verhalten verursacht. ADS, in Kombination mit Hyperaktivität auch ADHS, ist eine der häufigsten Störungen, die in der Akademie für Psychotherapie und Interventionsforschung (API) an der Universität Potsdam behandelt werden. In der Aktionswoche „Uni findet Stadt“ wird der Leiter der Akademie, Prof. Dr. Günter Esser, über mögliche Therapien berichten und einen Einblick in die Arbeit der Akademieambulanz geben.

 

Als der Professor für Klinische Psychologie 1998 die API als An-Institut der Universität gründete, hatte er vor allem eines im Blick: die damals noch eklatant schlechte Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen zu verbessern. Für ihn lag es nahe, den in der Wissenschaftsregion Berlin/Potsdam versammelten Fachverstand auf die verstärkte Ausbildung von Psychotherapeuten zu richten. Anerkannte Kinderpsychologen, Kapazitäten aus ganz Deutschland, vermitteln seither in der Akademie neueste Diagnose- und Behandlungsmethoden. Die Qualität des dreijährigen Aufbaustudiums hat sich unter Pädagogen und Psychologen herumgesprochen, nicht zuletzt wegen des hohen Praxisbezugs. Aus ganz Deutschland kommen Interessenten nach Potsdam, um sich hier ausbilden zu lassen. In der Ambulanz betreuen sie unter Anleitung eigene Patienten: Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche, mit auffälligem Sozialverhalten, Ängsten oder Aggressionen, Jugendliche mit Essstörungen, depressiven Verstimmungen oder – was in jüngster Zeit häufiger vorkommt – Onlinesucht.

Dass immer mehr Kinder mit einem vermeintlichen ADHS in die Ambulanz kommen, habe nicht mit einer Zunahme der Fälle, sondern mit einer gewachsenen Sensibilität für diese Entwicklungsstörung zu tun, meint Günter Esser. „Oft stellen sich andere Ursachen für das unkonzentrierte Verhalten heraus.“ Wichtig sei deshalb, das Kind in seinem alltäglichen Umfeld genau zu beobachten und umfängliche Tests durchzuführen, um die richtige Diagnose stellen zu können.  „Wir hospitieren im Unterricht, vergleichen das Verhalten des Kindes mit dem seiner Mitschüler und befragen Lehrer und Eltern“, beschreibt Esser den langwierigen Prozess, in dem die Psychotherapeuten das differenzierte Diagnostizieren lernen und dabei die eigenen Fachkompetenzen entwickeln. „Während der Therapie reflektieren die Psychologen dann im Gespräch mit erfahrenen Fachkräften den Verlauf der Behandlung. So können wir ein qualitativ hohes Niveau sicherstellen“, erklärt der Leiter der Akademie.
Was er vor 18 Jahren mit einer kleinen Ambulanz in der Potsdamer Gutenbergstraße begann, ist inzwischen zu einem über die Stadtgrenzen bekannten Therapiezentrum am Platz der Einheit und in der Posthofstraße herangewachsen. 80 Psychologen arbeiten derzeit im Haus. Fast 300 Fachleute hat die bundesweit größte Ausbildungsstätte für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in den vergangenen Jahren hervorgebracht. Spezialisten, die dank der universitären Anbindung stets auf dem aktuellsten Stand der Forschung sind.

Behandelt werden Patienten von Null bis 21 Jahren. Es gibt eine Säuglingssprechstunde für sogenannte Schreikinder, ein Therapiezentrum für Schüler mit Lernschwierigkeiten sowie Einzel- und Gruppentherapien für nahezu alle bekannten Entwicklungsstörungen.

Günter Esser ist es gelungen, hierfür ein tragfähiges Netzwerk mit Ärzten, Pädagogen und den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu knüpfen. „Ohne diese guten Kooperationen wären wir nicht so erfolgreich“, ist er sich sicher. „Wenn wir wollen, dass eine Therapie nachhaltig wirkt, müssen wir alle einbeziehen, besonders die Familie“, sagt er und beschreibt dies am Beispiel des ADHS: „Oft müssen wir zunächst das konfliktbeladene Verhältnis zwischen Eltern und Kind verbessern. Das Kind lernt, seine positiven Ressourcen zu aktivieren, sich selbst zu steuern, genau hinzuhören, nicht abzuschweifen und seinen Selbstwert zu steigern. Bei all dem braucht es viel Lob und Unterstützung.“

Aktionswoche „Uni findet Stadt“
Uni findet Gesundheit
7. Juni 2016, 16 Uhr
ADHS – Modediagnose mit fatalen Folgen? – Vortrag von Prof. Dr. Günter Esser, Leiter der Akademie für Psychotherapie und Interventionsforschung (API)
Akademie für Psychotherapie und Interventionsforschung, Friedrich-Ebert-Str. 112, 14467 Potsdam

Kontakt:

Akademie für Psychotherapie und Interventionsforschung an der Universität Potsdam
Prof. Dr. Günter Esser
Friedrich-Ebert-Str. 112
Tel.: 0331 6472120

Text: Antje-Horn Conrad
Online gestellt: Agnetha Lang
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde

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