In dieser Woche startete der erste Kurs im Qualifizierungsprogramm für geflüchtete Lehrerinnen und Lehrer an der Universität Potsdam. Hunderte Frauen und Männer hatten sich für das deutschlandweit erste Programm dieser Art beworben. „Die große Resonanz hat uns überwältigt“, sagt die Initiatorin des Projekts, Prof. Dr. Miriam Vock. Ursprünglich hatte sie mit 15 Teilnehmern gerechnet. Dank einer zusätzlichen Förderung durch das brandenburgische Wissenschaftsministerium können noch im Sommersemester zwei weitere Kurse eröffnet werden.
Die Interessenten, die aus Brandenburg und Berlin, aber auch aus dem gesamten Bundesgebiet kommen, sind überwiegend sehr gut qualifiziert, berufserfahren und hoch motiviert, in Deutschland als Lehrerinnen und Lehrer zu arbeiten. Zu den ersten Teilnehmern gehört die 23-jährige Alaa Kasaab, die aus dem syrischen Aleppo nach Deutschland geflohen ist. In ihrer Heimat hatte sie bereits Englisch gelehrt und freut sich nun sehr darauf, bald wieder in einer Schule Kinder zu unterrichten.
„Wir hoffen, dass auch andere Universitäten ein ähnliches Programm auflegen werden“, sagt Miriam Vock vom Department für Erziehungswissenschaften. Für die vielen geflüchteten Kinder an deutschen Schulen werden dringend mehr Lehrer benötigt. Allein in Brandenburg sind es 4.000 Mädchen und Jungen aus verschiedenen Herkunftsländern. „Die Lehrkräfte unter den Geflüchteten könnten gute Brückenbauer sein, indem sie sprachlich und kulturell zwischen den neuen Schülern sowie deren Eltern und den deutschen Schulen vermitteln“, so die Potsdamer Bildungswissenschaftlerin.
In einem ersten Schritt sollen die größtenteils aus Syrien stammenden Lehrkräfte am Zentrum für Sprachen und Schlüsselkompetenzen der Universität Potsdam einen intensiven Deutschkurs erhalten. Ab dem Herbst werden sie dann in einem speziellen Kurs und in Hospitationen mit dem deutschen Schulsystem vertraut gemacht. Zahlreiche Schulen haben bereits ihre Bereitschaft erklärt, geflüchteten Lehrkräften Einblicke in die Unterrichtspraxis zu ermöglichen. Auch das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität ist hier mit einbezogen. „Schule funktioniert in Syrien eben sehr anders als in Deutschland“, erklärt Mitinitiator Dr. Frederik Ahlgrimm. Nicht nur was die Klassenstärke betreffe, sondern auch die Unterrichtsmethodik und die Bewertungsweise.
Geplant ist, dass deutsche Lehramtsstudierende am Kurs teilnehmen und mit den Lehrkräften Tandems bilden, um sich gegenseitig über die Schulsysteme in den Herkunftsländern der Geflüchteten zu informieren. „Für ihre spätere Arbeit an Schulen mit geflüchteten Kindern wird dies sehr hilfreich sein“, so der Vizepräsident für Studium und Lehre der Uni Potsdam, Prof. Dr. Andreas Musil, der zugleich Direktor des Zentrums für Lehrerbildung und Bildungsforschung ist. Für die Studierenden bestehe hier eine große Chance, interkulturelle Kompetenzen zu erwerben.
Text: Antje Horn-Conrad
Online gestellt: Matthias Zimmermann
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