Am nächsten Tag folgen die ersten langen Busfahrten und die Besichtigung des Sankt Stephanos Klosters. Von Tabriz reisen wir etwa 150 Kilometer in Richtung Nordwesten entlang der Grenze zwischen Iran und Aserbaidschan. Die letzte Wegstrecke fahren wir den Grenzfluss Aras (Araks) aufwärts, der im Kleinen Kaukasus entspringt, am Ararat vorbeifließt und nach 1000 Kilometern im Kaspischen Meer mündet. Legenden zufolge wurde das Kloster im Jahre 62 n.d.Z. vom Apostel Bartholomäus gegründet. Auch wenn dies sicherlich nicht den historischen Tatsachen entspricht, so zählen die armenischen Christen zu den ältesten christlichen Gemeinschaften der Welt. Ein Vorgängerbau wurde wohl im 7. Jahrhundert errichtet und im 10. Jahrhundert erweitert. Gesichert ist jedoch, dass die Klosteranlage, die in ihrer heutigen Form im 16. Jahrhundert entstand, durch mehrere Erdbeben und Kriegen in dieser Grenzregion beschädigt wurde. Beeindruckend sind nicht nur die armenischen Ornamente und Reliefbilder, mit denen die Klosterkirche von außen verziert ist, sondern auch ihre hohen Mauern und Turmbastionen, die erkennen lassen, dass der Sakralbau im Zweifelsfall gegen umherziehende Gruppen verteidigt werden konnte.
Wie schon an den vorherigen Tagen kommt es auch am Kloster zu Begegnungen mit iranischen Touristen, viele bitten uns, sich mit uns fotografieren zu dürfen. Hier ändern sich die Perspektiven: Nicht nur die Sehenswürdigkeiten und die „einheimische“ Bevölkerung sind Attraktionen, auch wir selbst werden mit dem Klicken von Smartphones „in Besitz genommen“. Diejenigen, die zu zurückhaltend sind uns zu fragen, beschränken sich darauf, „die Deutschen“ im Hintergrund ihrer Selfies zu platzieren.
Von Julfa geht es wieder an Tabriz vorbei nach Ardabil. 380 Kilometer! Ankunftszeit: Weit nach Mitternacht. Der Programmpunkt „free time“ entfällt.
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Text: Prof. Dr. Nathanael Riemer
Online gestellt: Agnes Bressa
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