Skip to main content

Staat – Gesellschaft – Religion: Einführung in das deutsche Religionsverfassungsrecht und in die Rechtsbeziehungen des Staates zu den Religionsgemeinschaften

Beginn der Vorlesung: Dienstags, 16 Uhr (c.t.) bis 18 Uhr beginnend am 05.11.2024

Ort der Vorlesung: Raum S 16 Komplex Griebnitzsee

Dozenten: MR Prof. Dr. Norbert Janz, Präs. a.D. Ulrich Seelemann

Diese Vorlesung richtet sich an interessierte Studierende der Rechtswissenschaft, aber auch der Theologie, der historischen, Sozial- und politischen Wissenschaften. In ihr werden die Grundlagen der vielfältigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat, den Religionsgemeinschaften und sich daraus ergebenden Auswirkungen der Rechtsbeziehungen zu den Bürgern auf der Grundlage des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland und im Vergleich zu anderen Europäischen Rechtsordnungen dargestellt.

Das Angebot richtet sich auch an Studierende der EUV, der FU und der HU Berlin.

Gliederung


I. Grundlagen

Gegenstände der Vorlesung, Begriffsklärung

Begriff des Staatskirchen- und Religionsverfassungsrechts, historische Entwicklung vor Weimar, Weimarer Kulturkompromiss, Regelungen des Grundgesetzes (Präambel, Art. 4 und 140), Grundprinzipien des Zusammenspiels zwischen Staat und Kirche bzw. Religionsgemeinschaften, Neutralitätspflicht des Staates (Begriff der „fördernden Neutralität“), Rechtsquellen

II. Religionsfreiheit


1. Grundlagen: Menschenrechte, Menschenbild des GG, Art. 4 GG; Grundlagen im supranationalen und Völkerrecht; individuelle und kollektive Religionsfreiheit; historischer Exkurs: Entwicklung seit der Reformation in Deutschland (cuius regio eius religio, Toleranzedikte, Art. 137 I WRV); Beispiele anderer Staaten

2. Inhalte: Glaubensfreiheit des Einzelnen, positive und negative Religionsfreiheit, Glaubens- und Glaubensausübungsfreiheit, Freiheit der Bildung von Religionsgemeinschaften, Freiheit des Religionswechsels, Rechtsfolgen in der Gesellschaft und dem Staat gegenüber (Art. 3 II GG, AGG)

III. Das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und seine Grenzen

Begriff der Religionsgemeinschaft („Religionsgesellschaft“, dazu Pastafari-Entscheidung), Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die Regelung des Art 137 III WRV, Selbstorganisationsrecht, Selbstdefinitionsrecht (wer und was ist Kirche, was ist kirchliches Handeln, was fiskalisches Hilfsgeschäft?), Pandemieauswirkungen, Ämterverleihungsrecht „innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze“, AGG, Recht der EU

IV. Selbstbestimmungsrecht und individuelle Glaubensfreiheit, kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht

Begründung eines eigenständigen Dienst- und Arbeitsrechtes, Besonderheiten kirchlichen Arbeitsrechtes, Loyalitätspflichten und Tendenzschutz vs. Glaubensfreiheit des Einzelnen, Entwicklung der Rechtsprechung auf nationaler und EU-Ebene, Grundsätze und Einzelfälle

V. Glaubensfreiheit versus Gemeinwohl
Kindeswohlgefährdung in Sekten, Corona-Regelungen, religiöse „Versammlungen“ und Art. 8 GG, Homeschooling

VI. Der Körperschaftsstatus für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften
Rechtsformen von Religionsgemeinschaften, Bedeutung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, Erlangung und Verlust des Status, Rechtsfolgen des Status, dabei insbesondere das Steuererhebungsrecht: Inhalt und Bedeutung, Begriff der Steuer, Unterschied zu Beiträgen, Kirchensteuereinzug, Rechtsfolgen für Kirchen, Rechtsprechung zur Konkursunfähigkeit der Kirche

VII. Förderung der Religionsgemeinschaften durch Staatsleistungen
Regelung des Art. 138 WRV, historische Begründung der Staatsleistungen, Arten von Staatsleistungen (Zuschüsse, Baulasten, Staatspatronate), Rechtsnatur, Novation durch Staatskirchenverträge, neue Begründungen, Abgrenzung zu Leistungsentgelten, Fördermitteln, Ablösungsgebot für welche Art, neue(ste) Entwicklungen

VIII. Schutz der Glaubensfreiheit und Gemeinsame Aufgaben
Seelsorge für besondere Gruppen, Krisenbewältigung, Zeugnisverweigerungsrecht Geistlicher, Beicht- und Seelsorgegeheimnis, Kirche am „Sozialmarkt“: Staatskirchenrechtliche Stellung diakonischer Träger und Verbände, Begriff der Diakonie, historische Entwicklung, Diakonie und „Sozialmarkt“, Subsidiaritätsprinzip im Sozialmarkt, besondere Herausforderungen durch Eingliederung kirchlichen Handelns in staatliche Hilfesysteme

IX. Religionsunterricht und Religionsgemeinschaften
Art. 7 Abs. 3 GG, historische Einordnung, „Bremer Klausel“ des Art. 141 GG, Religionsunterricht und Ethikunterricht, Religionsunterricht und Neutralitätspflicht des Staates, Probleme eines islamischen Religionsunterrichts

X. Schutz der individuellen Glaubensfreiheit im einfachen Recht
Diskriminierungsverbot, AGG, Grenzen der Privatautonomie durch Schutz der Glaubensfreiheit,

XI. Schutz der öffentlichen Religionsausübung
Sonn- und Feiertagsschutz, Art. 4 GG und 139 WRV: Schutzgut, Begünstigte, widerstreitende Interessen; weitere staatliche Schutzmaßnahmen, besondere strafrechtliche Schutznormen

XII. Abschlussblock:
1. Staatskirchenrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Migration und Asylrecht
„Kirchenasyl“, Religion als Verfolgungsgrund, Religionswechsel als Abschiebehindernis, Prüfungsrecht des Staates über Glaubensfragen im Asylverfahren
2. Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften
„Staatskirchenverträge“: Rechtsnatur, Beispiele und Regelungsbeispiele, Verträge mit anderen Religionsgemeinschaften
3. Ausblick Staatskirchenrecht
Neue Herausforderungen durch multireligiöse Gesellschaft, unterschiedliche Modelle in einer zusammenwachsenden EU, Möglichkeiten und Grenzen einer Kooperation, Inhalt und Grenzen des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber Religionsgemeinschaften
4. Abschlussrunde und Feedback