Digitale Quellenerschließung in Riga, Berlin/Potsdam und Tartu ab 2016
Merkels Briefe
Unter der Leitung von Prof. Dr. Andris Levans und Dr. Aija Taimina ist im Rahmen des Projekts über mehrere Praktika hinweg an der Erschließung eines Teils des Briefnachlasses von Garlieb Merkel gearbeitet worden. Digitalisate der Briefe von und an Merkel können nun über die LNB digital abgerufen werden. Darüber hinaus wurden Metadaten der Briefe erfasst und die Inhalte in Regesten zusammengefasst.
Herders Volkslieder
"Johann Gottfried Herder (1744–1803), der deutsche Dichter, Kritiker, Theologe und Philosoph – ein Aufklärer und Vorläufer der deutschen Romantik, sammelte und veröffentlichte auch mündlich tradierte Texte mehrerer europäischer Völker. J. G. Herder schuff den Begriff "Volkslied", unter welchem er die Dichtung – im weitesten Sinne – verstand, die im Volk ihren Ursprung hatte. Besser bekannt waren bisher die Veröffentlichungen von Herders Volksliedsammlungen, doch ihre Originale, die in den Konvoluten in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz aufbewahrt sind, sind schwerer zugänglich und entsprechend weniger erforscht. Lettische Volkslieder und ihre Übersetzungen in der deutschen Sprache werden in der 14. J. G. Herders Handschriften-Kapsel (Nr. 28, 29; 50, 51, 52, 53) aufbewahrt. Einen Teil der Volkslieder-Originale haben der Folklorist Ludis Bērziņš (1870–1965) und der Historiker Leonid Arbusow (1870–1965) erforscht. Lettische Volkslieder sind in J. G. Herders Volksliedersammlungen „Alte Volkslieder” (1773/74, unveröffentlicht), „Volkslieder” (1778/79, Teil 2, Buch 4) und „Stimmen der Völker in Liedern” (1807) vorzufinden.
Von 1764 bis 1769 lehrte J. G. Herder an der Domschule in Riga und war zugleich als Pfarradjunkt an den Jesus- und Gertrudekirchen angestellt. J. G. Herders Werke aus seiner Rigaer Schaffensperiode widmen sich der Literatur: „Fragmente über die neuere deutsche Literatur” (1767), „Über Thomas Abbts Schriften” (1768) und „Kritische Wälder” (1769). Es gibt aber auch Annahmen, dass J. G. Herder gerade während seinen Rigaer Jahren – indem er das Alte Testament als ein von Autoren geschaffenes literarisches Phänomen betrachtete und in Berührung mit lettischen Traditionen kam – sein besonderes Interesse für die Volkslieder entwickelte.
Die Texte der lettischen Volkslieder bekam J. G. Herder in seinen Besitz 1770, 1777 un 1778; die Volkslieder sind in unterschiedlichen Handschriften notiert. Unter seinen Korrespondenten waren mehrere Geistliche und Verteidiger der Aufklärungsideen aus Vidzeme. Durch die Korrespondenz wurden etwa 80 lettische Volkslieder gesammelt. Herder bat den Rigaer Verleger und Händler Johann Friedrich Hartknoch (1740–1789) und den deutschbaltischen Pastor, Historiker und Publizisten im estnischen Teil von Vidzeme August Wilhelm Hupel (1737–1819) um die Einsendung der Lieder. Hupel bat die Literate und Geistliche aus Vidzeme auf, der Aufforderung Herders Folge zu leisten und lettische Volkslieder sowie Notenmaterial einzusenden. Auf Hupels bitte reagierten der deutschbaltische Naturforscher, Apotheker und Buchhalter Jakob Benjamin Fischer (1731–1793); der deutschbaltische Künstler, Ethnograpf und Historiker Johann Christoph Brotze (1742–1823); der deutschbaltische Pastor in Liezēre und Cēsis (Wenden), Propst des 1. Teils Wendenschen Kreises, Bibliograph Heinrich Baumann (1716–1790).
Weitere Einsender der lettischen Volkslieder waren wahrscheinlich auch: der Pastor in Rubene, Literat und Verleger Christoph Harder (1747–1818); der deutschbaltische Pastor in Āraiši, Mazsalaca un Rūjiena, Folklorist, Verleger Gustav von Bergmann (1749–1814); Johann Gottlieb Kreutzfeld (Creutzfeld, Kreuzfeld, 1745–1784) – deutscher Dichter, Pädagoge, Professor für Dichtkunst und Bibliothekar an der Universität Königsberg. 1775 übberreichte er Herder sieben litauische Volkslieder samt Übersetzung, 1779 dankt Herder ihn wiederum für seine Zusammenarbeit bezüglich der lettischen Lieder."