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Dr. Stefanie Donner - BGR

Stefanie Donner bei der Installation eines Rotationssensors
Foto: Stefanie Donner

Wo arbeitest du und was ist deine Aufgabe?

Ich arbeite als Seismologin an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover (BGR) im Fachbereich „Erdbebendienst des Bundes / Kernwaffenteststopp“. Die BGR ist eine Ressortforschungseinrichtung, die dem BMWK unterstellt ist. Neben meiner Forschung zu Prozessen der Erdbebenquelle und der Rotationsseismologie bin ich Auswerterin für den Erdbebendienst des Bundes und leite gleichzeitig den Arbeitsbereich „Monitoring und Verifikation“.

Welches waren deine vorherigen beruflichen Stationen?

Nach meinem Studium der Geowissenschaften mit Diplom in Geophysik an der Universität Potsdam habe ich 2013 hier auch promoviert. Das Thema meiner Doktorarbeit lautete „Seismotectonic implications for the Alborz mountains, Iran, from regional moment tensors“. Danach bin ich an die LMU München gewechselt und habe im ROMY Projekt hauptsächlich daran geforscht, wie und mit welchem Mehrwert sich Messungen von Rotationsbodenbewegungen in die Wellenforminversion nach dem seismischen Momententensor integrieren lassen. An der LMU habe ich 2015 auch meine Habilitation begonnen, die ich dann 2020 von der BGR aus abgeschlossen habe.

Wie bist du zu deinem jetzigen Job gekommen?

Eigentlich hatte ich gerade angefangen einen Forschungsantrag zur Finanzierung meines weiteren beruflichen Laufweges vorzubereiten. Auch eine Bewerbung auf eine Juniorprofessur lief noch, als die BGR eine Stelle für eine*n Seismolog*in ausgeschrieben hatte. Für mich war dies die attraktivere Option und ich bin sehr froh, dass ich mich unter den wirklich sehr guten Mitbewerber*innen für diese Stelle durchsetzen konnte.

Was hat dich da an dem Job gereizt?

Zum einen decken sich meine eigenen Forschungsinteressen mit den Aufgaben und Zielen der BGR. So kann ich meinen Interessen weiterhin nachgehen, ohne dabei die immer weiter zunehmenden, zeitaufwendigen (Selbst-)Verwaltungspflichten einer Professur erfüllen zu müssen. Außerdem findet Ressortforschung in einem sehr interessanten Spannungsviereck zwischen Forschung, Politik/Wirtschaft, Öffentlichkeit und Industrie statt. Die Hauptaufgabe besteht darin, neueste Forschungsergebnisse ganz gezielt in die Anwendung für die Beantwortung von gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zu bringen. Immer öfter kommt es dabei auch zu Konflikten unterschiedlicher Interessen. Dann müssen geeignete Kompromisse gefunden werden, mit denen alle Interessen möglichst effektiv berücksichtigt werden. Hierbei übernimmt Ressortforschung eine wichtige Beratungsrolle.

Und, ja! Die Sicherheit einer unbefristeten Stelle war durchaus ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Anreiz. Der berechtigte Unmut über die zunehmend prekären Arbeitsbedingungen von Nachwuchswissenschaftler*innen nimmt zu; mich eingeschlossen. Dies zeigt sich auch deutlich unter dem Hashtag #IchbinHanna in den sozialen Medien.

Welche sind die wichtigsten Fähigkeiten, die man für diese Arbeit mitbringen sollte?

Im Prinzip, die gleichen Fähig- und Fertigkeiten, die man auch als Wissenschaftler*in in der akademischen Welt braucht. Hinzu kommen noch ein gewisses Gespür für gesellschaftsrelevante Themen (und dem damit verbundenen Konfliktpotenzial) sowie die Fähigkeit komplizierte Sachverhalte einfach aber nicht zu vereinfachend darzustellen und ein gewisses Mindestmaß an diplomatischem Geschick. Strukturelles Denken, Managementfähigkeiten und manchmal auch eine gut trainierte Resilienz (eine „dicke Haut“) sind ebenfalls sehr nützlich.

Wie sieht eine typische Arbeitswoche bei dir aus?

Die meiste Arbeit findet am Computer statt, egal ob es um die wissenschaftliche oder die beratende/koordinierende Arbeit geht. Kommunikation auf unterschiedlichen Ebenen und zu verschiedensten Akteuren nimmt einen großen Teil der Zeit ein. Ansonsten sieht meine Arbeit im Großen und Ganzen fast genau so aus, wie für eine Seismologin an einer Universität oder Forschungseinrichtung, einschließlich Drittmittelanträge schreiben und Geländearbeit ab und an.

Was gefällt dir an deinem Beruf und was fordert dich am meisten heraus?

Wie gesagt, das Spannungsviereck zwischen Forschung, Politik/Wirtschaft, Öffentlichkeit und Industrie finde ich sehr reizvoll. Ich habe den Eindruck, dass ich jetzt mehr als vorher für die Zukunft unserer Gesellschaft arbeite und durchaus Einfluss habe, Dinge positiv zu beeinflussen und mitzugestalten. Gleichzeitig ist das auch genau der herausfordernde Teil meiner Arbeit. Es wird sehr schnell politisch und insbesondere durch die sozialen Netzwerke wird aus einem Missverständnis schnell ein Shitstorm, den man nicht mehr so ohne Weiteres eingefangen bekommt. Präzise, adressatenorientierte Kommunikation ist enorm wichtig, strikte hierarchische Zuständigkeiten in einer Behörde sind da hilfreich.

Wie viel von dem erlernten Wissen aus deinem Studium brauchst du in deinem Job?

Da ich nach wie vor hauptsächlich als Wissenschaftlerin arbeite: alles.

Wie denkst du rückblickend über dein Geowissenschaftenstudium an der Uni Potsdam?

Die Zeit des Studiums war für mich weder leicht noch unbeschwert, was viel mit meinem persönlichen Hintergrund zu tun hat. Die Tatsache, dass ich ein Arbeiterkind bin, ist dabei nur ein Aspekt. Diesen Teil einmal beiseitegeschoben, war die Studien- und Promotionszeit an der Universität Potsdam für mich eine unheimlich spannende, (über das Fachliche hinaus) lehrreiche und auch sehr schöne Zeit. Ich habe viel Unterstützung erfahren, viele inspirierende und großartige Menschen getroffen und interessante Orte entdeckt. Die Geländeexkursionen und während der Promotionszeit auch die Tagungen waren immer ein Highlight. In Potsdam zu studieren war eine meiner besten Entscheidungen bisher.

Hast du Tipps für unsere Absolvent*innen für einen erfolgreichen Berufseinstieg?

Seid mutig und habt Selbstvertrauen. Kennt eure Stärken (nicht nur die fachlichen), aber auch eure eigenen Grenzen und Bedingungen. Folgt euren Interessen. Lasst euch nicht einreden, dass ihr euch verändern müsst, um Erfolg zu haben. Erfolg ist das, was ihr für euch definiert.

 

Stefanie Donner bei der Installation eines Rotationssensors
Foto: Stefanie Donner