Einführung
Messung von Blickbewegungen
Die Messung von Blickbewegungen hat sich in der kognitiven Psychologie als ein Standardverfahren für die Untersuchung eines sehr breiten Spektrums psychischer Leistungen etabliert. Dieses Spektrum reicht von der Wahrnehmung bis hin zu sozialen Interaktionen. Während Probanden zum Beispiel auf einem Bildschirm einfache Sätze lesen, zeichnet eine Kamera den Weg auf, den ihre Augen dabei nehmen. Gerade Linien und Sprünge, Rückbewegungen und Kurven zeigen, welche Lesestrategien entwickelt werden, um einen Satz wahrzunehmen, zu verstehen und schließlich im Gedächtnis zu behalten. Dabei werden verschiedene Typen von Augenbewegungen unterschieden: Sakkaden und Fixationen.
Jedes Auge wird von sechs Muskeln bewegt. Mit ihrer Hilfe kann der Augapfel horizontale und vertikale Bewegungen ausführen. Beim freien Umherblicken bewegen sich die Augen entgegen unseres subjektiven Eindruckes nie langsam und gleichmäßig von einem Fixationsort zum nächsten, sondern sie springen in raschen Rucken, genannt Sakkaden. Die Dauer der Sakkaden schwankt zwischen 15 ms und 100 ms. Die Zeit, die zwischen dem Erscheinen eines visuellen Stimulus und dem Beginn einer Sakkade vergeht, wird als Sakkadenlatenz bezeichnet. Während einer Sakkade ist die Sensivität für visuellen Input stark herabgesetzt.
Zwischen den Sakkaden treten Fixationsperioden auf, deren durchschnittliche Dauer zum Beispiel beim Lesen etwa 200 ms beträgt. Während der Fixation ruht das Auge und der fixierte Reiz, beim Lesen zum Beispiel ein Wort, kann verarbeitet werden. Allerdings ist der Begriff "Fixation" im Grunde unzutreffend, weil das Auge niemals gänzlich ruht.
Das Ausmaß visueller Information, die wir während einer Fixation verarbeiten können, ist abhängig vom Abstand des Reizes zum Fixationsort. Folglich müssen wir unsere Augen ständig bewegen, um die zu verarbeitende Information in unseren Bereich des schärfsten Sehens, der Fovea Centralis, zu rücken. Die Sehschärfe nimmt in Richtung Parafovea, die an das Gebiet der Fovea angrenzt, stark ab.
Was genau passiert zum Beispiel bei so hochkomplexen Prozessen wie dem Lesen?
Was steuert die Blickbewegung? Gibt es verschiedene Lesetypen? Welche Strategien verfolgen sie? Schwerpunkt der Blickbewegungsexperimente sind die Theorien der Steuerung und Dynamik der Blickbewegungen beim Lesen.
Die in unseren Studien zu untersuchenden Fragestellungen entscheiden über die Verwendung eines bestimmten Augenmessgerätes. Für Leseexperimente ist zum Beispiel eine Abtastrate von > 50 Hz zu empfehlen, um eine zuverlässige Sakkadenuntersuchung zu gewährleisten. Sie erfordern eine hohe räumliche Auflösung, um bei der Datenanalyse zum Beispiel bestimmen zu können, ob der Proband beim Lesen von "das Auge" entweder "das" oder "Auge" fixiert, und auf welchem Buchstaben innerhalb eines Wortes das Auge landet.