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Madlen Ziege

Foto von Madlen Ziege

Madlen Ziege

Verhaltensbiologin, Autorin und Wissenschaftskommunikatorin


Was verstehen Sie unter Wissenschaftskommunikation?

Die allgemeinverständliche Darstellung der eigenen Forschung bzw. der Forschung anderer Wissenschaftler*innen gegenüber einer breiten Öffentlichkeit. Die Kommunikation kann dabei auf mehreren Wegen erfolgen, z.B. per Sachbuch oder Vortrag.
 

Was haben Sie studiert?

Ich habe Diplom-Biologie studiert.
 

Welche drei Sachen haben Sie für Ihre Arbeit zuletzt erledigt?

Nummer 1:           Ich habe ein Radio-Interview zum Thema Wildtiere in der Stadt gegeben.

Nummer 2:           Ich war Interviewpartnerin des Podcasts „Gegenwartsgeplapper“.

Nummer 3:           Ich habe Bücher signiert und diese per Post an Kunden bzw. Geschäftspartner verschickt.
 

Was war das komplizierteste Thema, dass Sie je vermitteln mussten?

Als ich Doktorandin an der Goethe-Universität war, habe ich das Thema „Artenentstehung“ im Rahmen der Kinderuniversität erklärt. Nicht nur das Thema war eine Herausforderung, sondern das sehr junge Publikum. Ich musste einen Weg finden, wie ich das komplexe Thema auf einfachste Weise erklären kann. Am Ende entschied ich mich für ein Beispiel der Artenentstehung bei Schnecken. Ich machte daraus eine Geschichte, die ich mittels kleiner Zeichnungen in PowerPoint erzählte.
 

Sie haben gerade Ihr Buch veröffentlicht. Wie sind Sie dabei vorgegangen? Können Sie den Weg von der Idee bis zum veröffentlichten Buch kurz skizzieren?

Wenn ich so zurückblicke, war der Weg von der Idee bis zum fertigen Buch ein sehr abenteuerlicher mit einigen „Herzinfarkt-Momenten“. Nachdem ich den Vertrag mit dem Verlag unterschrieben hatte, begann ich mehr oder weniger ohne Plan drauf los zu schreiben. Vor allem im ersten Jahr war ich Vollzeit als PostDoc an der Universität Potsdam angestellt und kam immer nur vor oder nach der Arbeit zum Schreiben. Das führte dazu, dass ich mich nicht wirklich in mein Konzept vertiefte, sondern immer nur hier und dort ein wenig rumschrieb. Als der Abgabetermin immer näher rückte, wurde mir dann doch langsam mulmig und ich musste eine Entscheidung treffen – Uni oder Buch. Ich entschied mich für Letzteres und fokussierte mich in den kommenden drei Monaten voll und ganz auf das Schreiben. Ich suchte mir Hilfe von erfahrenen Autor*innen und überarbeitete mein Buch noch einmal von Grund auf. Vor allem half mir die Idee einer „Take-Home-Message“, denn nun hatte ich einen Leitfaden im Kopf und konnte besser entscheiden, was in das Buch reingehört und was nicht. Sobald ich wusste worüber ich schreiben will, lief der Rest wie von allein. Ich freue mich auf mein zweites Buch, denn nun weiß ich ja, wie es geht (lacht).
 

Wann hatten Sie zum ersten Mal die Idee, ein Buch zu schreiben? War das ihr Kindheitstraum?

Ich habe schon immer gern gelesen und kann mich sogar daran erinnern, dass ich als Kind einige Kurzgeschichten geschrieben habe. Der Wunsch danach ein eigenes Buch zu schreiben, kam aber viel später. Während meiner Doktorarbeit erforschte ich Wildkaninchen in Frankfurt am Main und erlebte dabei die witzigsten Dinge. Eine Studentin sprach mich eines Tages darauf an und meinte: „Madlen, darüber solltest Du ein Buch schreiben“. Die Idee geriet dann wieder in Vergessenheit und ereilte mich erst Jahre später. Wenige Tage nach meiner Verteidigung kam mir der Gedanke ein Kinderbuch über meine Forschung zu schreiben. Dieser Wunsch war auch der Auslöser, warum ich an meinem ersten Science Slam teilgenommen habe und dann als Autorin entdeckt wurde.

 

„Ein grundlegendes Interesse am Schreiben muss auf jeden Fall da sein,
sonst ist meiner Meinung nach schnell die Luft raus.“

 

Welche Kompetenzen, abgesehen von den fachlichen, braucht man Ihrer Ansicht nach, um mit einer solchen Idee erfolgreich zu sein? Und wie haben Sie selbst diese Kompetenzen aufgebaut?

Ein grundlegendes Interesse am Schreiben muss auf jeden Fall da sein, sonst ist meiner Meinung nach schnell die Luft raus. Wir sprechen hier von vielen Stunden, die ich allein am Laptop verbringe. Dieses „Einsiedler*innenleben“ muss man mögen. Auf der anderen Seite braucht es aber den Kontakt mit seinen Leser*innen. Als Autor*in hat man zwar viele Freiheiten, aber eben auch viele Verpflichtungen dem Verlag gegenüber. Hier ist oft Teamwork gefragt, damit am Ende alle zufrieden sind. Als Wissenschaftlerin kannte ich das Schreiben und die Isolation ja schon. Was ich erst noch lernen musste, war die Vermarktung der eigenen Person. Plötzlich brauchte ich eine Website, professionelle Fotos für die Medien und musste mich auf Radio- und Fernsehinterviews vorbereiten. Die Kompetenzen dafür kommen nach und nach mit dem „Tun“, da wächst man so rein. Wenn ich wirklich mal nicht weiter wusste, habe ich mir Hilfe gesucht. Das waren vor allem Menschen von denen ich dachte, dass die ihren Job so machen, wie ich es auch gern hinkriegen möchte. Dabei habe ich mich auch nicht gescheut berühmte Autor*innen anzuschreiben. Ich dachte mir, dass es einen Versuch wert sei und einige haben tatsächlich geantwortet.
 

Hatten Sie Hilfe auf Ihrem Weg? Welche Personen haben für Sie eine entscheidende Rolle gespielt?

Ja, die hatte ich - Gott sei Dank (lacht). An erster Stelle war mein Partner für mich da. Er ermutigte mich immer wieder, dass ich es schaffe. Ich konnte viel von ihm lernen, denn er kennt sich selbst sehr gut aus mit dem Verfassen von Texten. Eine wichtige Rolle spielte auch meine Ansprechpartnerin vom Verlag. Sie gab mir Rückmeldung zu den Texten und war sehr verständnisvoll, wenn es dann doch mal etwas länger dauerte. Gute Freund*innen von mir (alles Biolog*innen) hatten sich dann auch die Zeit genommen, mein Werk zu lesen und gaben mir noch viele Tipps, was ich besser machen kann.
 

Haben Sie eine Lieblingspassage in Ihrem Buch? Worum geht es da?

Mhm, das ist eine gute Frage. Ich hatte wohl am meisten Spaß beim Schreiben über mein Erlebnis in einem Brandenburger Naturpark. Während meines Studiums führte uns eine Exkursion in den Norden Brandenburgs, um die Großtrappe zu beobachten. Das ist eine kurz vor dem Aussterben stehende Vogelart. Wir hockten bei eisiger Kälte auf einem Hochsitz und warteten gespannt, dass sich der Vogel zeigte. Die Erinnerung daran war noch sehr lebendig in meinem Kopf und ich musste mehrfach schmunzeln, als ich darüber schrieb. Wir haben an diesem Tag tatsächlich die Großtrappe zu Gesicht bekommen und durften auch Zeuge des wahrlich verückten Paarungsverhaltens werden. Ich verrate nur soviel: Es ist die Brandenburger Version der Hollywood-Liebesgeschichte Vom Winde verweht.
 

Was planen Sie für die Zukunft? Haben Sie Lust weitere Bücher zu veröffentlichen oder haben Sie noch andere Ziele?

Tatsächlich bin ich mit meiner Agentur gerade im Gespräch über ein neues Buch. Ich arbeite gerade das Exposé dazu aus und freue mich schon auf die Umsetzung des Buches. Ansonsten möchte in dieses Jahr meine ausgefallenen Lesungen nachholen und nun endlich mit meinen Leser*innen in persönlichen Kontakt kommen. Ein YouTube-Kanal sowie ein Podcast sind geplant. Zudem kommen Ende des Jahres die ausländischen Versionen meines Buches auf den Markt. Mit etwas Glück wird daraus dann eine weltweite Tournee.
 

Was fordert Sie an Ihrem Beruf heraus?

Auf jeden Fall die vielfältigen Möglichkeiten. Das Schreiben von Sachbüchern ist ja nur eine Art der Wissenschaftskommunikation. Ich picke mir die Dinge heraus, die mir Spaß machen und arbeite mich dann in die Techniken ein, z.B. in die Nutzung von Online-Medien. So lerne ich immer wieder etwas Neues. Außerdem mag ich den Kontakt mit dem Publikum, davon lebt die Wissenschaftskommunikation schließlich. So ist es bei jedem Thema, über das ich schreibe oder spreche, immer wieder eine Herausforderung die passenden Worte und Techniken zur Vermittlung zu wählen.
 

Ihre Tipps für Berufseinsteiger*innen:

Es bietet sich natürlich an, die eigene Forschung in die Öffentlichkeit zu bringen. Gerade wenn es sich zunächst „nur“ um kleine Abschlussarbeiten wie die Bachelorarbeit handelt, ist das ein guter Startpunkt. Der wissenschaftliche Hintergrund ist hier meist noch übersichtlich und auch die Ergebnisse sind überschaubar. Damit lässt sich gut ein Science Slam auf die Bühne bringen oder man kann einen kleinen Artikel für eine Zeitschrift verfassen. Inzwischen gibt es auch Konferenzen im Bereich Wissenschaftskommunikation bzw. Plattformen wie z.B. „Wissenschaft im Dialog“. Hier lohnt es sich Kontakt aufzunehmen.

Das Aufarbeiten der eigenen Forschung für die Wissenschaft empfehle ich darüber hinaus jeder*m Wissenschaftler*in, denn es eröffnet einen ganz anderen Zugang zur eigenen Forschung. Dadurch wird man gezwungen nochmal von Grund auf neu über die eigenen Versuche und Ergebnisse nachzudenken. Nicht selten habe ich erlebt, dass sich dabei neue Ideen entwickelten oder eingefahrene Sichtweisen änderten.

 

Vielen Dank für die spannenden Einblicke in die Tätigkeit einer Autorin und Wissenschaftskommunikatorin, Madlen Ziege!

 

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