Der Dissertationspreis
Zur zentralen Abschlussfeier vergibt die Universitätsgesellschaft Potsdam e.V. alljährlich einen Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Der Dissertationspreis wird für die herausragende Dissertation des Vorjahres vergeben. Die einzelnen Fakultäten können Vorschläge einreichen. Eine Jury wählt daraus die beste Arbeit. Der Preis ist mit 2500 € dotiert. Die Universitätsgesellschaft würdigt damit besondere Leistungen, bei der fachwissenschaftliche Exzellenz einhergeht mit breiterer Relevanz wie zum Beispiel gesellschaftlicher Bedeutung und Innovationspotenzial der Dissertation. Der Förderpreis schafft eine Plattform für mutige junge Forschung
2023
Der Dissertationspreis des Jahres 2023 geht an Frau Dr. Lina Schauer für ihre Dissertation mit dem Titel »Reputationsschutz auf Online-Plattformen«.
Bewertungen auf Online-Pattformen können den Ruf von Produkten und Dienstleistungen maßgeblich prägen und damit den Geschäftserfolg von Unternehmen oder Betrieben positiv oder negativ beeinflussen. Damit behandelt die Arbeit von Frau Dr. Schauer ein hochaktuelles Thema mit zunehmender gesellschaftlicher Relevanz, da die Nutzung von Online-Bewertungsportalen weiter zunimmt.
Basierend auf ökonomischer und wirtschaftssoziologischer Empirie zur Funktion und Wirkungsweise der Reputation im unternehmerischen und gesellschaftlichen Kontext erforscht Dr. Lina Schauer in ihrer Arbeit, ob und inwieweit das geltende Recht einen adäquaten und lückenlosen Schutz für den guten Ruf im Umfeld der Online-Plattform gewährleisten kann. Ausgangspunkt der Untersuchung sind die unterschiedlichen Beeinflussungshandlungen seitens der Bewerteten, der Reputationsträger und der Plattformbetreiber selbst. Nach umfassender und systematischer Untersuchung der bestehenden rechtlichen Regelungen unter Berücksichtigung der rechtlichen Innovationen auf europäischer und auf nationaler Ebene entwickelt Frau Dr. Schauer eine Reihe von Vorschlägen, wie durch Rechtsänderungen der Schutz der Reputation verbessert und die Qualität der Bewertungsplattformen erhöht werden können.
2022
Der Preis für die herausragende Dissertation 2022 wird geteilt und geht an Theresa Hennig und Friedericke C. Hartung.
Dr. Theresa Hennig hat in ihrer Dissertation »Uranium migration in the Opalinus Clay quantified on the host rock scale with reactive transport simulations« das Rückhaltevermögen eines geochemisch sehr komplexen Radionuklids für ein potenzielles sogenanntes Wirtsgestein bewertet. Sie trägt damit wesentlich zur Suche nach einem Standort für die Endlagerung von hochradioaktivem Abfall in der Bundesrepublik Deutschland bei. Dies ist eine der drängenden Fragen der Gesellschaft und darauf eine Antwort zu finden im Wesentlichen eine geowissenschaftliche Aufgabe. Ohne eine so detaillierte und präzise Beschreibung der geologischen Gesamtsituation, wie sie Theresa Hennig durchgeführt hat, mit einer Prognosefähigkeit für eine Million Jahre, wird die Suche nicht erfolgreich sein.
Dr. Friederike C. Hartung hat mit Ihrer Dissertation »Ein Dach über Europa. Politische Symbolik und militärische Relevanz der deutschen bodengebundenen Luftverteidigung 1990 bis 2014« einen Text verfasst, der – für Deutschland und darüber hinaus – die politischen und institutionellen Kontexte einer strukturierenden Militärtechnik darstellt. Die für die USA wesentliche Abwehr gegen Langstreckenraketen war viel weiter entwickelt und besser ausgebaut als die gegen Kurz- und Mittelstreckenraketen, die gerade für Europa wichtig ist. Friederike Hartung ist der Frage nachgegangen, wie diese Defizite in den alten und den neuen Nato-Staaten wahrgenommen wurden. Jenseits der Argumentationen zu Werten und historischen Rechten ist diese detaillierte, innovative und kühle Rekonstruktion der militärtechnischen und damit auch politischen Machtverschiebungen für jede Einschätzung gegenwärtiger und künftiger Kriege außerordentlich hilfreich.
Über die Preisträgerin Theresa Henning:
Über die Preisträgerin Major Dr. Friedericke Hartung:
2021
Der Preis für die herausragende Dissertation 2021 wird geteilt und geht an Barbora Ŝedová und Erwin Rottler. Die Jury betonte bei den Dissertationen der beiden die »besondere Relevanz für einen praktischen Umgang mit gegenwärtigen drängenden Problemlagen, die im Zusammenhang mit den globalen Klimaveränderun - gen stehen«. Außerdem seien die »Forschungsmetho - den, die sie anhand ihrer jeweils speziellen Thematik fortentwickelten, generalisierbar« – und sie besäßen daher neben ihrer »wissenschaftlichen Qualität (…) zu - gleich eine praktische gesellschaftliche Relevanz«
Barbora Ŝedová widmet sich in ihrer Arbeit mit dem Titel »Heterogeneous Effects of Weather and Climate Change on Human Migration« der Frage, inwieweit der Klimawandel Migrationsbewegungen auslöst und wie die Politik darauf reagieren kann. »Ihre kompetenten Untersuchungen verfolgen nicht zuletzt die Absicht, auch die vorhandenen ökonometrischen Methoden selbst zu ordnen und zu präzisieren, um künftige einschlägige Untersuchungen zu qualifizieren«, so die Jury. »Es ist also nicht nur die im engeren Sinne wissenschaftliche Qualität dieser Dissertation, sondern auch der potenzielle Nutzen, den sie im Umgang mit klimainduzierten Migrationen überhaupt haben kann, was diese Arbeit herausragend macht.«
Erwin Rottler thematisiert in seiner Dissertation »Transient Merging of Two Rhine Flow Regimes From Climate Change« ebenfalls Auswirkungen des Klimawandels – und zwar Abflussregime des Rheins von seinen alpinen Etappen aus bis zur niederländischen Grenze. Dabei nimmt er – v.a. mit Blick auf Überschwemmungen – »Veränderungen der letzten Jahrzehnte zum Gegenstand« und erarbeitet »begründbare Fortschreibungen der entsprechenden Messungen, Modelle und Befunde für die nächsten hundert Jahre», so die Jury. Gerade die »Konzipierung des künftigen praktischen Umgangs mit dieser mitteleuropäischen Lebensader« sei »hilfreich und zugleich offen für eine methodische Orientierung vergleichbarer Problemstellungen bei hydrologischen Regimen andernorts«.
2020
Der Preis für die herausragende Dissertation des Jahres 2020 geht an Dr. Ellen von den Driesch. Ihre Arbeit »Unter Verschluss. Zur Geschichte des Suizids in der DDR von 1952 bis 1990« basiert auf jahrelanger, mühsamer Recherche. In Archiven und vielen Gesprächen mit Zeitzeugen gelang es ihr, die verloren gegangene Suizidstatistik der DDR von 1952 bis 1990 fast vollständig zu rekonstruieren. An der Universität Potsdam wurde die Arbeit betreut von Prof. Dr. Ulrich Kohler, Lehrstuhl für Methoden der empirischen Sozialforschung. Zweitgutachterin war Prof. Dr. Jutta Allmendinger vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).
Dr. Ellen von den Driesch behandelt ein Thema, das seit der klassischen Studie Emile Durkheims über den Suizid große gesellschaftliche Bedeutung hat. Der Freitod gibt uns Aufschluss über das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft und deren Normen und Wertvorstellungen. Vor diesem Hintergrund wurden die hohen Selbstmordraten in der DDR für die Behörden zum politischen Problem. Sie verstanden das vergleichsweise hohe Suizidgeschehen als kaum vereinbar mit dem real existierenden Sozialismus und erklärten es zur Verschlusssache. Nach der Wiedervereinigung war vieles verschwunden, auch die Selbstmordstatistik der DDR galt nach Auffassung von Fachleuten als verloren und nicht recherchierbar. Der Zufallsfund einzelner Dokumente motivierte Dr. Ellen von den Driesch, die Suche nach den verschollenen Daten dennoch aufzunehmen. Der resultierende Datensatz ist bestens dokumentiert und macht das Suizidgeschehen in der DDR nachträglich transparent. Mit diesem Projekt schließt sie eine Forschungslücke in der gesamtdeutschen Sozialstatistik.
Bevor Dr. Ellen von den Driesch zur Promotion nach Potsdam kam, erwarb sie jeweils einen Bachelor of Science und Arts an der Philipps-Universität Marburg (2010) sowie einen Master of Science in Demographie an der Universität Rostock (2012). Derzeit ist sie Gastwissenschaftlerin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
2019
Der Preis für die herausragende Dissertation des Jahres 2019 geht an Miriam Jelena Schwarzenthal. Ihre Arbeit »Intercultural Competence Among Adolescents Attending Culturally Diverse Schools in Germany« basiert auf Erhebungen in über 180 Schulklassen, davon 66 in Berlin – ein wahrlich beeindruckender Datenschatz! An der Universität Potsdam wurde die Arbeit betreut von Frau Prof. Linda Juang und Frau Dr. Maja Schachner, Lehrstuhl für Inklusionspädagogik, Schwerpunkt Heterogenität in institutionalisierten Bildungsprozessen. Frau Schwarzenthal thematisiert das in dm heutigen Welt immer wichtiger werdende Verhältnis von Diversität, Inklusion und interkultureller Kompetenz. Die Arbeit gilt als bahnbrechend für das Verständnis positiver interkultureller Verhältnisse sowie kultureller Intelligenz und Kompetenz. Frau Schwarzenthal liefert damit einen herausragenden Beitrag dazu, wie Schulen ihren Bildungsauftrag wahrnehmen und junge Leute gegen Intoleranz, Diskriminierung und Xenophobie gewappnet werden können.
Der Werdegang von Frau Schwarzenthal ist ebenso faszinierend wie zielstrebig. Bevor sie zur Promotion nach Potsdam kam, erwarb sie ihren Bachelorabschluss an der Universität zu Köln und absolvierte das Masterstudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Parallel dazu war sie in Praktika, z.B. im Therapiezentrum für Flüchtlinge und Folteropfer (Köln) und im Center for Cross-Cultural Research (Wellington, Neuseeland), sowie im Freiwilligendienst einer Menschenrechtsorganisation (Kathmandu, Nepal) tätig. Frau Schwarzenthal setzt ihre wissenschaftliche Tätigkeit an der Uni Potsdam fort und erweitert ihren Forschungsansatz zur kritischen Betrachtung sozialer Ungleichheiten in Bildungssystemen.
2018
Der Preis für die herausragende Dissertation des Jahres 2018 geht an Pedro Lopes. Seine Arbeit über »Interactive Systems Based on Electric Muscle Stimulation« thematisiert das in der digitalen Welt immer wichtiger werdende Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. Ihm geht es um die Frage, wie interaktive Geräte auf unmittelbare und eng verknüpfte Weise mit dem Nutzer kommunizieren können.
Pedro Lopes’ Arbeiten gelten als bahnbrechend im Bereich der Mensch-Computer-Beziehung. Seine anwendungsbezogenen Forschungsarbeiten machten ihn zum Pionier auf dem Gebiet der Elektronischen Muskel Stimulation; seine Beiträge öffnen eine frische Perspektive zu den neuen Möglichkeiten im Bereich der Mensch-Computer-Beziehung. Seine Analysen sind in den wichtigsten Publikationen des Gebiets veröffentlicht. Er gilt als exzellenter Kommunikator und akademischer Lehrer und bekleidet seit Januar 2019 eine Assistenzprofessur an der Universität Chicago.
2017
Der Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses 2017 geht an Dr. Steve R. Entrich. Er studierte Geschichte und Erziehungswissenschaft in Potsdam sowie Japanische Sprache in Berlin, bevor er im Fach Bildungsforschung in Potsdam, Tokio und Kyoto promovierte. Entrich erhält den Preis für seine Dissertation zum Thema »Shadow Education in Japan: An Instrument to Neutralize Disadvantaged Family Background?«.
2016
Der Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses 2016 geht an Dr. Susann Fayyaz und Dr. Lena Jäger.
Dr. Susann Fayyaz studierte Ernährungswissenschaft in Teheran und Potsdam. Sie erhält den Preis für ihre Dissertation zum Thema »Bedeutung bioaktiver Lipidderivate bei der Entstehung hepatischer Insulinresistenz«.
Dr. Lena Jäger studierte Sinologie, Französisch und Spanisch in Freiburg, Shanghai, Salamanca und Paris sowie Experimentelle und Klinische Linguistik in Potsdam. Sie erhält den Preis für ihre Dissertation zum Thema »Working Memory and Prediction in Human Sentence Parsing – Cross-linguistic evidence from anaphoric dependencies and relative clauses«.