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DFG-Projekt: Die Wahl von Latein und Altgriechisch als schulische Fremdsprachen: Eine Distinktionsstrategie der oberen sozialen Klasse?

Projektleitung

Prof. Dr. Jürgen Gerhards
Freie Universität Berlin

Prof. Dr. Ulrich Kohler
Universität Potsdam

Mitarbeiter

Jakob Tures
Universität Potsdam

 

Fragestellung

Obwohl Latein und Altgriechisch nicht mehr gesprochen werden und insofern keinen unmittelbaren Nutzen für die Verständigung zwischen Menschen haben, ist in Deutschland der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die sich für den Erwerb dieser Sprachen entscheiden, im Zeitverlauf gestiegen. Im Forschungsprojekt gehen wir der Frage nach, warum sich Schüler bzw. deren Eltern in einer globalisierten Gesellschaft entgegen einer vermeintlichen ökonomischen Rationalität gegen das Erlernen moderner Sprachen (Spanisch, Französisch) und für den Erwerb von Sprachen entscheiden, die keinen kommunikativen Nutzen erbringen (Latein, Altgriechisch).

Zur Erklärung des Phänomens greift das Projekt auf Elemente der Klassentheorie von Pierre Bourdieu sowie auf handlungstheoretische Modelle der soziologischen Erklärung zurück und überprüft die abgeleiteten Hypothesen empirisch. Bei den zu untersuchenden Hypothesen konzentriert sich das Vorhaben auf Prozesse der Distinktion, der Exklusion und der Prätention. Die zentrale Annahme lautet, dass die Verteilung dieser Motive nach sozialer Herkunft variiert und sich in Unterschieden bei der Fremdsprachenwahl niederschlägt: Die mit kulturellem Kapital privilegierten Klassen wollen durch die Wahl von Latein und Altgriechisch Distinktions- und Exklusionsgewinne erzielen. Im Rahmen der Prätention kopieren die Angehörigen der mittleren Klassen die Verhaltensweisen der privilegierten Klassen, doch inkorporieren sie diese Verhaltensweisen in ihre eigene, stärker an einer Verwertung orientierte Logik und entscheiden sich für Latein, um beispielsweise positive Transfereffekte zu realisieren.

Ausführlichere Beschreibung des Vorhaben pdf

Um die verschiedenen Motive gezielt voneinander zu trennen und die abgeleiteten Annahmen zu überprüfen, werden zwei Befragungen an ausgewählten Schulen durchgeführt:

  • In einer ersten Befragung werden Eltern von Grundschülerinnen und Grundschülern befragt, deren Kinder sich am Übergang in eine weiterführende Schule befinden. Im Rahmen dieser Erhebung kann erfasst werden, inwiefern eine höhere soziale Exklusivität der Gymnasien mit humanistischem Schwerpunkt motivationaler Faktor für den Besuch dieser Schulen und der oftmals damit verbundenen Fremdsprachenwahl ist.
  • In einer zweiten Befragung werden Eltern von Schülerinnen und Schülern an Gymnasien befragt, an denen die Wahl eines spezifischen Fremdsprachenangebotes frei möglich ist. Sofern mit der sozialen Herkunft verbundene Lebensstilpräferenzen die Wahl alter Sprachen erklären können, sollte eine privilegierte Ausstattung der Herkunftsfamilie mit kulturellem Kapital die Neigung zur Wahl von Latein und Altgriechisch erhöhen.

Das Projekt läuft vom 01.12.2016 bis zum 30.09.2018

 

Förderung

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.