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Konferenz "Reisetexte aus dem Baltikum im europäischen Kontext"

Tartu, 12. u. 13. September 2024

„Der kürzeste Weg zu sich selbst führt um die Welt herum.“ So beginnt Graf Hermann Keyserling sein über den deutschen Sprachraum hinaus bekanntes “Reisetagebuch eines Philosophen” (1919). Im Jahre 1911, nach der enttäuschten Hoffnung, in der Abgeschiedenheit seines Heimatguts Raikküla zur Selbstverwirklichung zu gelangen, begibt sich Keyserling auf eine Reise um die Welt, um die Vielfalt von Lebensformen zu erkunden und seine eigene Entwicklung unter ihrem Einfluss zu beobachten:  „Wenn ich alle Koordinaten bestimmt habe, müsste ich auch den Mittelpunkt besitzen.“

Möglicherweise ist man gerade in der Hoffnung, den eigenen Mittelpunkt zu finden, auf Reisen gegangen, besonders wenn man von der Ostseeküste kommt, wo alle Zentren immer weit weg schienen. Dieser Küstenstreifen kennt – als Grenz- und Sperrzone – den Reisedrang seiner Bewohner schon lange, auch das Fernweh aus den Zeiten, in denen das Reisen nicht möglich war.

Man ist aber auch ins Baltikum gereist, das lange ein Transitland gewesen ist, ein Zwischenstopp, um sich auf die Weiterreise vorzubereiten. Die Durchreisenden haben wichtige Reisetexte hinterlassen, die wertvolle Einblicke in die Lebensweise und Mentalität dieser Region geben.

Während die Reisetexte der Durchreisenden und vor allem das darin enthaltene Bild des Baltikums gut erforscht sind (siehe z. B. Plath, Manske, Griep, Kröönström, Zetterberg u. a.), haben die Reisetexte baltischer Reisender bisher nur ganz wenig oder kaum die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen, obwohl sie einen wichtigen Teil der baltischen literarischen Kultur darstellen. Obwohl die baltischen Archive und Bibliotheken reich an handschriftlichen Reisebüchern baltischer Autoren sind, die wichtigsten Texte auch erschienen sind und immer noch erscheinen, hat die Forschung diese Quellen bisher kaum ausgewertet. Das diesjährige Symposium der baltischen literarischen Kultur lädt Sie ein, diese Forschungslücke zu schließen.

Das interdisziplinar angelegte Symposium nimmt Reisetexte aus unterschiedlichen Epochen aus vielfältiger Perspektive unter die Lupe. Wer aus dem Baltikum ist zu verschiedenen Zeiten zu welchem Zweck wohin gereist? In welcher Sprache und Textgestalt haben Reisende ihre Berichte aufgeschrieben? Welche Reisepraktiken spiegeln sich in den Reisetexten wider? Was können wir über die Soziologie des Reisens aus ihnen lernen? Welche Formen der Selbst- und Fremdwahrnehmung zeigen sich in diesen Reisetexten? Mithilfe welcher Methoden lassen sich Reisetexte als Gegenstand der Literaturwissenschaft analysieren (Aufbau, Autorenperspektive, Erzählstil usw.)?

Das Symposium wird im Rahmen der Germanistischen Institutspartnerschaft „Das geteilte Kulturerbe in Deutschland und im Baltikum“ von der Universität Tartu (Germanistik und Komparatistik) und der Universität Potsdam (Germanistik) unter der Mitwirkung der Estnischen Goethe-Gesellschaft veranstaltet.

Kontakt und Organisation:
Liina Lukas, Prof. für vergleichende Literaturwissenschaft, Universität Tartu (liina.lukas@ut.ee)
Reet Bender, Prof. für Germanistik, Universität Tartu (reet.bender@ut.ee)

Programm

Zoom-Link : https://ut-ee.zoom.us/j/92101020268?pwd=jqeCTaMoldZbtuqrFsmjUdzgfowyJw.1
Meeting-ID: 921 0102 0268
Kenncode: 636887

 

12. September 

9.30Auftakt auf dem Domberg
Ort: beim Denkmal Kristian Jaak Petersons

10.30-11.30 Vorträge (Moderation: Liina Lukas)
Ort: Raum 140 im Hauptgebäude der Universität  

10.30 Juhan Kreem: Die ältesten Wegebeschreibungen Livlands
11.00 Martin Klöker: Gesandtschaftsberichte von Caspar Meyer aus der Perspektive der Reiseliteratur (Reiseberichte)

11.30-11.45 Kaffeepause

11.45-13.15 Vorträge (Moderation: Martin Klöker)
Ort: Senatshalle im Hauptgebäude der Universität

11.45 Beata Paškevica: Reisebeschreibung in die schwedische Gefangenschaft im Tagebuch von dem General Ludwig Nikolaus von Hallart über die Belagerung der Stadt Narva 1701
12.15 Kairit Kaur: ‘Reise Beschreibung’ (1754) des Revaler Kaufmanns Heinrich Johann von Glehn
12.45 Tiina-Erika Friedenthal: “Ich sah im Traum, dass ich zum Ende der Welt ging…” Reisetexte der Brüdergemeine in Livland und Estland

13.15 -14.15 Mittagspause (für geladene Gäste)

14.15-17.45 Vorträge (Moderation: Beata Paškevica)
Ort: Senatshalle im Hauptgebäude der Universität

14.15 Iwan Michelangelo d’Aprile: Schiffbruch mit Goethe. Reise- und Karrierewege baltischer Spätaufklärer (Lenz, Jenisch, Boehlendorff)
14.45 Kadi Kähär-Peterson: Garlieb Merkel’s “On Germany” – a semi-travelogue?
15.15 Uwe Hentschel: Auto- und Heteroimages im Reisebericht Garlieb Merkels

15.45-16.00 Kaffepause

16.00 Agur Benno: Die „Erinnerungen“ von Eduard von Löwenstern als eine eigenartige Form der Reiseliteratur. Der Feldzug als eine Art des Reisens  (via Zoom)
16.30 Liina Lukas: „So wollen wir leben und reisen!“(C.U. Boehlendorff).Malerische Wanderungen im Vaterlande

18.00 Gemeinsames Beisammensein (für geladene Gäste)

 

13. September

9.15-11.30 Vorträge (Moderation: Tiina-Erika Friedenthal)
Ort: Senatshalle im Hauptgebäude der Universität 

9.15 Anna Ananieva; Rolf Haaser:Bekenntnisse eines sentimentalen Reisenden: Die verschlungenen Reise- und Lebenswege in der autofiktionalen Prosa August von Kotzebues
10.00 Kristel Pappel: „… ich reise blos als Mensch“. Italienisches Theater im Spiegel der „Erinnerungen von einer Reise aus Liefland nach Rom und Neapel“ August von Kotzebues”
10.30 Toomas Hiio: „Baron Ferdinand von Wrangell – baltischer „Reiseschreiber“, der dreimal um die Welt segelte“
11.00 Erki Tammiksaar: Wie Alles schief gehen kann: deutscher Geophysiker Adolph Erman und seine Reise durch Russisches Reich im Jahre 1829

11.30-12.00 Kaffeepause

12.00-14.00 Vorträge (Moderation: Kairit Kaur)
Ort: Senatshalle im Hauptgebäude der Universität

12.00 Pauls Daija: Andreas Bergmann’s journey from Courland to East Prussia in 1831
12.30 Betty Brux-Pinkwart: Vom Baltikum nach Down Under – Der Australienaufenthalt Helene von Engelhardts 1885 bis 1894 in Briefen und Werken (via Zoom)
13.00 Andreas Keller: „… außerhalb des eigentlichen Ernstes des Lebens“: Reisen als Lizenz zur Relativierung des gesellschaftlichen Status in den Werken der Theophile von Bodisco (1873-1944) (via Zoom)
13.30 Reet Bender: Auch eine Reise. Briefe von Anna und Ernst von Kügelgen aus der sibirischen Verbannung 1915-1916

14.00-15.00 Mittagessen (für geladene Gäste)

15.00-17.00 Vorträge (Moderation: Hella Liira)

15.00 Olev Liivik: Sibirien-Tagebuch eines estnischen Deutschen – untypischer Reisetext
15.30 Raivis Bičevskis:“Die Wolkenteufel”. Ludwig Klages’ Nordische Runde im Baltikum 
16.00 Aleksej Burov: Das deutsche Kulturerbe im Baltikum aus der Sicht eines Reisenden aus Litauen
16.30 Silke Pasewalck: Postmemoriale Reisen ins östliche Europa am Beispiel von Sophie Pannitschkas „Dorpat und die grüne Kiste“ (2021) und Christiane Hoffmanns „Alles was wir nicht erinnern“ (2022)

18.00 Gemeinsames Beisammensein (für geladene Gäste)

weitere Informationen zur Konferenz: sisu.ut.ee/baltischereisetexte/