Australien brennt
Der Südliche Grasbaum
Australien gilt als der trockenste aller Kontinente. Dazu kommen teilweise äußerst nährstoffarme Böden. Dies hat zusammen mit der langen erdgeschichtlichen Isolation zur Ausbildung einer ganz eigentümlichen Tier- und Pflanzenwelt geführt.
Das Auftreten von Buschbränden ist in Trockengebieten ein natürlicher Vorgang, und hier vorkommende Tier- und Pflanzenarten haben vielfach Anpassungen daran entwickelt. Die gegenwärtig in Australien wütenden Feuersbrünste sind allerdings auch für den Trockenkontinent extrem. Sehr geringe Niederschläge haben das Land weithin austrocknen lassen, und ungewöhnlich hohe Temperaturen – es ist Sommer – sowie kräftige Winde heizen die Brände weiter an. All diese Vorgänge sind als Teil des weltweiten Klimawandels zu sehen; selbst die konservative australische Regierung tut sich zunehmend schwer, diesen Zusammenhang abzustreiten.
Grasbäume gibt es nur in Australien, und sie sind an Feuer gewöhnt. Indirekt profitieren sie sogar davon, indem weniger gut geschützte Konkurrenzarten den Flammen zum Opfer fallen, während sie selbst nur die Blätter einbüßen. Die gegen Hitze abgeschirmten Triebspitzen ermöglichen nach dem Brand einen Neuaustrieb. Die Triebe sind sehr dick, was die Isolation gegen Hitze begünstigt, und verzweigen sich nur wenig. Insgesamt knapp 30 unterschiedliche Arten kommen vor. Sie alle haben sehr lange und dünne Blätter, die schopfartig an den Triebenden stehen. Die winzigen Blüten bilden einen Kolben, der an einem meterlangen Schaft kerzengerade in die Höhe gereckt wird.
Der Südliche Grasbaum (Xanthorrhoea australis) wächst sehr langsam, denn er ist an nährstoffarme Böden angepasst. In der Natur wurden Wachstumsraten von maximal 3 cm pro Jahr gefunden, und die ältesten Pflanzen werden auf mehrere hundert Jahre Alter geschätzt. Ihre brandgeschwärzten Stämme haben der Art den Namen „Black Boy“ eingetragen, also „Schwarzer Bengel“; nach einem Buschfeuer sind gewöhnlich sie es, die als erste wieder austreiben, und auch die Blütenbildung wird durch Feuer angeregt. Diese Art besiedelt aber gerade jene Gegenden in Victoria und New South Wales, wo jetzt die schlimmsten Brände wüten. Angesichts der Stärke dieser Feuersbrünste muss man davon ausgehen, dass auch viele Grasbäume darin umkommen. Einige Arten gelten bereits als gefährdet, auch weil sie gegenüber einem neu eingebürgerten, wurzelschädigenden Pilz besonders empfindlich sind.
Grasbäume sind vielfältig nutzbare Pflanzen. Mark und basale Blattteile sind essbar. Drüsen produzieren ein Gummiharz, das für Lack und Siegellack, Räucherwerk und Klebstoff verwendet wird. Der reichlich gebildete Nektar kann durch Einlegen der Blütenkolben in Wasser zu einem Getränk verarbeitet werden; in der Natur dient er Insekten und anderen Tieren als Nahrung.
Und noch eine, derzeit allerdings unpopuläre Nutzung: Trockene Blütenschäfte können zum Feuermachen gegeneinander gerieben werden, bis sie brennen.