Eine Pflanze zum Blaumachen
Pflanze des Monats September 2014
Der Indigostrauch
Am 20. Mai 1873 erhielten die Herren Jacob Davis und Levi Strauss ein Patent auf die Idee, besonders strapazierte Nähte von Arbeitskleidung mit Kupfernieten zu verstärken. Die ab jenem Jahr in San Francisco produzierten Hosen hießen zunächst ‚waist overalls‘ („Taillen-Arbeitshosen“). Dafür bezogen sie robusten blauen Baumwollstoff in französischer Köperbindung (Denim, „de Nîmes“) von einer amerikanischen Weberei. ‚Blue Jeans‘ hießen die Hosen erst ab 1960; der Name geht möglicherweise auf die oberitalienische Hafenstadt Genua zurück, die französisch Gênes heißt.
Die blaue Farbe ist Indigo, der aus etlichen ganz unterschiedlichen Pflanzen gewonnen werden kann. Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts stammte der Farbstoff vor allem vom Indigostrauch (Indigofera tinctoria, „Färbe-Indigoträger“). Das Färbepulver wird in mehreren Arbeitsschritten aus den Blättern extrahiert. Zum Färben wird es dann zunächst chemisch reduziert und zugleich entfärbt, aber auch wasserlöslich gemacht. Die mit der Lösung getränkten Fasern oder Textilien werden erst an der Luft blau, weil der Indigo erneut oxidiert. Die Charakteristik von Denim-Gewebe entsteht durch die Verwendung blauer Kett-, aber ungefärbter Schussfäden.
Bereits kurz bevor Davis und Strauss ihr Nietenhosen-Patent erhielten, hatte der deutsche Chemiker Adolf von Baeyer ein erstes Verfahren zur synthetischen Indigoherstellung entwickelt. Es dauerte aber noch mehr als 30 Jahre, bis die immense Produktion des pflanzlichen Farbstoffs in Indien (um 2.600 t pro Jahr) und anderen Kolonien und Ländern unter der Konkurrenz der chemischen Industrie zusammenbrach. Dabei ist der Indigoanbau so alt, dass von der Pflanze keine sicheren Wildvorkommen bekannt sind, dagegen zahlreiche Verwilderungen aus Kultur. Indigo wurde bereits im Alten Ägypten verwendet; das Wort stammt aus dem Griechischen (indikon = „das Indische“), und der Farbstoff wurde schon in der Antike aus Indien eingeführt, woher vermutlich auch die Pflanze stammt.
Angeblich geht der Ausdruck ‚Blau machen‘ im Sinne von „der Arbeit fernbleiben“ auf die Indigofärberei zurück, da die abschließende Oxidation eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, die die Färber zum Müßiggang genutzt haben sollen. Die Belege der Sprachforschung weisen aber nicht in diese Richtung. Die Oxidation dauert außerdem weniger als eine Stunde, viel zu kurz für einen richtigen ‚Blauen Montag‘.
Levi Strauss starb 1902 vermögend und hoch geachtet in San Francisco. Drei Jahre später erhielt Adolf von Baeyer den Nobelpreis für Chemie (den fünften überhaupt), insbesondere für seine Farbstoff-Forschung. Er starb 1917. Jacob Davis arbeitete bis zu seinem Tod 1908 in leitender Position für die Firma Levi Strauss & Co.