Schöne Pflanze, umstrittener Name
Wallichs Losbaum, der „Schnee von Bengalen“
Nathaniel Wallich, Sohn einer Dänin und eines jüdischen Kaufmanns aus Altona, wurde 1786 in Kopenhagen geboren. Nach einer Ausbildung zum Chirurgen reiste er im Alter von nur 21 Jahren nach Indien, wo er erst für die dänische, dann für die britische Ostindienkompanie und schließlich fast 30 Jahre lang in leitender Position für den Botanischen Garten von Kalkutta tätig war.
Dort stieß er auf eine Pflanze, von einem Kollegen im nordöstlichen Bengalen gesammelt, die ihm besonders gut gefiel. Er sandte Saatgut nach England, und 1831 wurde dort ein blühendes Exemplar in der Hauszeitschrift von Kew Gardens abgebildet, damals bereits der wichtigste Botanische Garten Großbritanniens, versehen mit einer korrekten wissenschaftlichen Beschreibung durch Wallich und der Benennung als „Clerodendrum nutans“. „Nutans“ bedeutet nickend und bezieht sich auf die graziös überhängenden Blütenstände. Wallich versäumte nicht, auf die besondere Schönheit dieser Pflanze hinzuweisen.
Mit dem Namen irrte Wallich jedoch, womöglich sogar doppelt. Erstens hatte er übersehen, dass bereits 1820 eine andere Clerodendrum-Art so benannt worden war, wenn auch ohne Abbildung. Das wurde erst 1952 publik, und als neuer Name wurde „Clerodendrum wallichii“ vorgeschlagen, womit zugleich, wenn auch spät, der Benenner geehrt wurde.
Wallich hatte aber zweitens auch übersehen, dass eine ähnliche Pflanze schon 1826 von einem anderen Kollegen als „Clerodendrum laevifolium“ bezeichnet worden war. Dieser Name („glattblättrig“) wurde allerdings später nur selten verwendet und dann oft in nicht eindeutiger Weise. Weil die 1826 mitgelieferte Beschreibung ganz unvollständig ist, verwundert das nicht. Dennoch wurde in einer Veröffentlichung 2011 darauf hingewiesen, dass dieser Name Priorität habe und daher anzuwenden sei. Dies wird in der Fachwelt allerdings nicht überall akzeptiert; die lange anders gehandhabte Benennung und die vielen unzutreffenden Verwendungen des älteren Namens sprechen dagegen, ebenso die weit auseinanderliegenden Fundorte (das Material von 1826 stammt aus Java, nicht aus Bengalen).
Schon seit einigen Jahren wird Clerodendrum wallichii gelegentlich im gut sortierten Fachhandel angeboten. Ihre silberweißen Blütenkaskaden erscheinen im Herbst und Winter, also in der blütenärmsten Zeit, und heben sich überaus vorteilhaft ab von dem dunkelgrünen, schmal geschnittenen Laub. Leider sind sie ohne jeden wahrnehmbaren Duft. Was außerdem fehlt, ist ein zugkräftiger deutscher Name. Sehr passend wäre „Schnee von Bengalen“, wenn man einmal davon absieht, dass es in jener subtropisch-tropischen Region kaum jemals schneit.
Nathaniel Wallich ging 1846 aus gesundheitlichen Gründen nach London, wo er sieben Jahre später starb. Sein Herbarium umfasst neben den von ihm selbst gesammelten und getrockneten Pflanzen auch zahlreiche Exemplare von Kollegen; es wird bis heute in Kew Gardens separat aufbewahrt und ist mit über 20.000 Belegen dort das größte derartige Separatum.