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Photo: Neeltje Schilling
Besenheide - Calluna vulgaris

Spätsommerglühen

Die Besenheide

Seit Jahrzehnten ist die Lüneburger Heide in Niedersachsen im Spätsommer ein Reiseziel für Naturfreunde. Denn dann blüht die Besenheide (Calluna vulgaris) und färbt die ganze Landschaft glühend lilarosa. Die Pflanze ist über fast ganz Europa bis nach West-Sibirien verbreitet und kommt auch in Brandenburg vor, zum Beispiel auf ehemaligen Truppenübungsplätzen, die sich jetzt ebenfalls mit ihren Blüten schmücken.

Aber auch wenn diese „Heiden“ sehr natürlich aussehen: Es sind vom Menschen geschaffene Landschaften. Durch jahrhundertelange starke Nutzung sind die ohnehin wenig produktiven Böden dieser Regionen weiter an Nährstoffen verarmt, lange bevor es Kunstdünger gab. Beweidung war die vorherrschende Nutzungsform, vor allem mit genügsamen Schafrassen. Auch Brände treten hier regelmäßig auf, wurden oft auch absichtlich gelegt. Die Besenheide ist ausgezeichnet an solche Bedingungen angepasst: sie besitzt spezielle Pilze als unterirdische Partner, die bei der Erschließung der knappen Bodenressourcen helfen. Ihre sehr kleinen, kompakten Blätter sind sozusagen „Sparformen“, denn sie enthalten wenig Stickstoff, sind aber langlebig – die Pflanze ist immergrün. So konnte sie sich hier immer weiter ausbreiten und Massenbestände bilden.

Die genannten Eigenschaften hat die Besenheide mit vielen Vertretern der Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae) gemein, zu der sie gehört. Besonders die ihr am nächsten verwandte Gattung Erica (Erika, Heide) verfügt über sehr ähnliche Anpassungen. Der letzte gemeinsame Vorfahre von Erica und Calluna lebte vor vielleicht 10 Millionen Jahren in Europa. Während die Gattung Calluna sich nach ihrer Entstehung nicht weiter aufspaltete und die Besenheide die einzige Art in Europa blieb, entwickelten sich in Erica etliche Arten, und manche breiteten sich immer weiter nach Süden aus. In Südafrika befindet sich heute das Mannigfaltigkeitszentrum dieser Gattung mit etwa 600 Arten, die alle viel jünger sind als Calluna vulgaris. Warum sich die Entwicklung in diesen beiden benachbarten Ästen des Stammbaums der Heidekräuter so extrem unterschiedlich vollzog, ist nicht klar.

Nicht nur für Touristen ist die Massenblüte der Besenheide ein Anziehungspunkt, sondern auch für Imker, denn im Spätsommer gibt es sonst nicht mehr viele Bienenfutterpflanzen. Neben Honigbienen besuchen auch viele weitere Insekten die kleinen, aber zahlreichen Blüten der Besenheide, besonders Schmetterlinge. Die ungewöhnliche Blütezeit ist vermutlich ein Relikt aus klimatisch wärmeren Zeiten; die Fruchtentwicklung vollzieht sich über den Winter.

Damit Heidelandschaften erhalten bleiben, hat die Loki-Schmidt-Stiftung die Besenheide zur „Blume des Jahres“ 2019 gewählt. Die historische Schafbeweidung ist allein kaum noch wirtschaftlich zu betreiben, sondern benötigt Unterstützung – von finanziellen Zuwendungen bis zum Erwerb direkt vermarkteten Schaffleisches. Auch in Brandenburg gibt es entsprechende Initiativen.

Photo: Neeltje Schilling
Besenheide - Calluna vulgaris