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Millionenförderung für interstellare astrochemische Forschung

Die Wissenschaftler*innen hinter dem IRASTRO-Projekt (von links): Prof. Dr. Peter Saalfrank, Prof. Dr. Liv Hornekær, Prof. Dr. Alec Wodtke, Dr. Varun Verma
Foto : Kevin Ryl / Lars Kruse / Irene Böttcher-Gajewski / Rebecca Jacobson
Die Wissenschaftler*innen hinter dem IRASTRO-Projekt (von links): Prof. Dr. Peter Saalfrank, Prof. Dr. Liv Hornekær, Prof. Dr. Alec Wodtke, Dr. Varun Verma

548 Projektanträge sind in diesem Jahr für die kompetitiv Synergy Grants des European Research Councils (ERC) eingegangen, nur 10 Prozent waren erfolgreich. Einer von ihnen ist IRASTRO, ein gemeinsames Forschungsprojekt von Alec Wodtke, Direktor am Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Liv Hornekær von der Universität Aarhus (Dänemark), Peter Saalfrank von der Universität Potsdam und Varun Verma vom National Institute for Standards and Technology (NIST, USA). Sie erhalten für ihr Projekt eine Förderung von insgesamt 12 Millionen Euro über einen Zeitraum von sechs Jahren.

Die vier Wissenschaftler*innen haben sich für das ERC-Synergy-Projekt IRASTRO zusammengeschlossen, um zu erforschen, wie die von Weltraumteleskopen beobachteten Moleküle durch chemische Reaktionen in und an interstellaren Eispartikeln produziert werden. Konkret geht es darum, Infrarotspektren von Molekülen zu interpretieren sowie die chemische Reaktivität unter interstellaren Bedingungen zu untersuchen.

„Das James-Webb-Weltraumteleskop hat in der Astrochemie eine neue Ära eingeleitet. Auf seiner 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Umlaufbahn beobachtet es den Weltraum mit Infrarotlicht. Es ermöglicht seit Kurzem sogar, Infrarotspektren von Eisschichten in interstellaren Wolken zu erhalten“, erklärt der Leiter des ERC-Projekts, Alec Wodtke, der als Direktor am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften sowie als Professor für Chemie an der Universität Göttingen zu Oberflächenchemie und Infrarotspektroskopie forscht. Eisschichten in interstellaren Wolken sind auch eine Quelle organischer Moleküle; ihr Infrarotspektrum entschlüsseln zu können, kann daher beitragen, Forschungsdaten aus dem Weltraum zu interpretieren.

Die Forschenden wollen Methoden entwickeln, die Infrarotsignaturen einzelner Moleküle erfassen können. Eine Infrarotsignatur ist eine Art Fingerabdruck, die sich von Molekül zu Molekül unterscheidet – je nach den Eigenschaften des reflektierten, infraroten Lichts. Solche Infrarotsignaturen sollen durch Reaktionen bei niedrigen Temperaturen auf Modellsystemen aus Eis gebildet werden. Die Kollaboration arbeitet dafür eng mit Varun Verma vom US-amerikanischen NIST zusammen, der führend in der Entwicklung sogenannter supraleitender-Nanodrahtphotonen-Detektoren (SNSPD) ist. Im Rahmen IRASTROs wird Vermas Team SNSPD-Arrays für neue Methoden der Infrarotspektroskopie entwickeln. Peter Saalfrank, Professor für Theoretische Chemie an der Universität Potsdam, wird seine Expertise in theoretischer Quantenchemie und -dynamik einbringen, um die Daten der SNSPD-basierten Spektrometer zu interpretieren.

Darüber hinaus will das Team chemische Reaktionen unter interstellaren Bedingungen erforschen. „Ein realistisches Bild davon zu entwickeln, wie die Chemie in interstellaren Eisschichten funktioniert, ist eine enorme Herausforderung. Unter den Bedingungen, die beispielsweise typisch für kalte, dunkle interstellare Wolken sind, brechen unsere klassischen Modelle der Chemie tendenziell zusammen, denn sie wurden entwickelt, um die Hochtemperaturchemie zu beschreiben“, erklärt die Astrochemikerin Liv Hornekær, Professorin an der Universität Aarhus. „Mit unserem Projekt wollen wir unser Verständnis erweitern, wie chemische Reaktionen bei niedrigen Temperaturen ablaufen.“

Dafür will das Team zunächst die Reaktionen bei niedrigen Temperaturen in einfacheren Systemen untersuchen, die im Labor geschaffen und experimentell analysiert werden können. „Unser Ziel ist es, neue Modelle für die durch Quanteneffekte dominierte Reaktivität bei tiefen Temperaturen zu entwickeln, die eines Tages verwendet werden können, um Reaktionen im Weltraum zu entschlüsseln“, sagt Saalfrank.

„Durch IRASTROs Fokus auf die Infrarotspektroskopie werden die Ergebnisse des Projekts direkt relevant sein, um Beobachtungsdaten vom Weltraumteleskopen wie beispielsweise dem James-Webb zu interpretieren“, hofft Projektleiter Wodtke. Es gäbe immer noch eine Menge grundlegender chemischer Physik, insbesondere der chemischen Physik bei niedrigen Temperaturen in Festkörpern, die besser verstanden werden müsse, um große Weltraummissionen wie diese zu unterstützen.

Kontakt:
Prof. Dr. Peter Saalfrank, Institut für Chemie
Telefon: 0331 977-5232
E-Mail: peter.saalfrankuni-potsdamde

Veröffentlicht

Online-Redaktion

Sabine Schwarz