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Strukturell knüpft das Projekt an die GIP Potsdam-Tartu von 2019-2021 an, um deren thematischen Fokus jedoch deutlich zu erweitern: Vom Schauplatz der baltischen Aufklärung und deren Prägung durch die europäische Literatur- und Philosophiegeschichte ausgehend wird in epochenübergreifender Perspektive nach dem „Geteilten Kulturerbe in Deutschland und im Baltikum“ und dessen produktiver Aneignung bis in die Gegenwart gefragt. Mit dieser Fragestellung verbindet sich eine konsequent interdisziplinäre Ausrichtung des germanistischen Studien- und Forschungsprogramms an beiden Standorten. Um kulturelle Traditions- und Transformationsprozesse umfassend rekonstruieren zu können, wird (1) das produktive Zusammenspiel von Literatur-, Sprach- und Kulturgeschichte angestrebt. Blickleitend ist dabei (2) der Dialog zwischen akademischem Diskurs und archivarisch-bibliothekarischer Praxis. Zugleich werden (3) neuere Ansätze von Medientheorie und -geschichte für das Projekt fruchtbar gemacht. Schließlich schlägt die Frage nach der (4) sprach- und kulturdidaktischen Erschließung und Aktualisierung des geteilten Kulturerbes in Deutschland und im Baltikum die Brücke zwischen den Fachbereichen Germanistik und Deutsch als Fremdsprache.

Die Bearbeitung dieses weit gesteckten Forschungsfelds ist im Projekt kein Selbstzweck, vielmehr wird das geteilte Kulturerbe in Deutschland und im Baltikum „als Medium der transnationalen Studien- und Forschungskooperation“ verstanden. Es sollen also innovative Lehr-, Studien- und Forschungsformate entwickelt werden, um eine wissenschaftliche und pädagogische Infrastruktur zu schaffen, von der die Kooperation zwischen den Universitäten Potsdam und Tartu auch mittel- und langfristig profitieren kann. Vor dem Hintergrund der Pandemie gilt es dabei insbesondere Formate zu entwickeln, die physische Mobilität und digitale Beteiligung integrieren, um flexibel auf Veränderungen der epidemiologischen Lage reagieren zu können. Dabei können Ansätze aufgenommen und fortgeführt werden, die im Rahmen des Vorläuferprojekts während der Corona-Krisenjahre 2020 und 2021 entwickelt wurden. Im neuen Projekt werden mindestens 6, an beiden Unis anrechenbare ,blended learning‘-Seminare entwickelt, die das thematische Feld des geteilten Kulturerbes aus unterschiedlichen methodischen Blickwinkeln erschließen und fest im Curriculum verankert werden, um den Forschungs- und Praxisbezug der BA- und MA-Studiengänge Germanistik und DaF an der Uni Tartu nachhaltig zu stärken. Das gemeinsame Seminarprogramm bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung des interdisziplinär ausgerichteten Moduls „Geteiltes Erbe. Einführung in die deutsch-baltischen Kulturbeziehungen“ im Umfang von 12 ECTS, das in enger Kooperation mit den Universitäten Potsdam und Tallinn konzipiert und bis zum Wintersemester 2023/2024 an der Uni Tartu implementiert wird.

Die strukturellen Reformen von germanistischem Studium und Forschung in beiden Ländern, die den Fluchtpunkt der GIP bilden, zielen darauf ab, die bestmöglichen Voraussetzungen für den Kompetenz- und Qualifikationserwerb der beteiligten Lehrenden und Lernenden auf verschiedenen Niveaus zu schaffen. Dies wird schon an den konkreten Aktivitäten und Maßnahmen deutlich, die für die kommende Laufzeit geplant sind. In den 6 Kulturerbe-Seminaren werden die BA- und MA-Studierenden an aktuelle Forschungsfragen und -diskurse herangeführt, die auf den wissenschaftlichen Konferenzen der Partnerschaft in Tartu 2022 (autor- und werkbezogener Schwerpunkt: ,J.M.R. Lenz‘) und Potsdam 2024 (kultur- und medienhistorischer Schwerpunkt: ,Medien kultureller Gedächtnisbildung‘) vertieft werden. Zusätzliche Workshops fördern elementare Kompetenzen der historischen Quellenerschließung in Bibliotheks- und Archivstudien und stellen den Bezug zu künstlerischen Praktiken der Aneignung des geteilten Kulturerbes in Gegenwartsliteratur und -theater her. Die anteilig in Tartu und Potsdam ausgerichtete Sommerschule 2023 (Leitthema: ,Stätten des kulturellen Erbes und des kulturellen Lernens in Tartu und Potsdam‘) zielt dabei dezidiert auf die Entwicklung interkultureller Kompetenzen und den Brückenschlag von Kultur- und Sprachdidaktik. Bewährte Formate wie individuelle Studienaufenthalte für BA- und MA-Studierende sowie Doktoranden an der jeweiligen Partneruni und Forschungs- und Lehraufenthalte für beteiligte Dozierende und Forscher komplettieren das Kooperationsprogramm.


Universität Potsdam

Projektkoordinator: Prof. Dr. Iwan-Michelangelo D'Aprile, Professor für "Kulturen der Aufklärung" Projektassistenz: Dr. Kaspar Renner, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur

Universität Tartu

Projektkoordinatorin: Prof. Dr. Reet Bender, Professorin und Leiterin des Fachbereichs Germanistik