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Forschung

Ortsspezifische Konjugatsynthese

Illustration der Ansätze zur Konjugatsynthese via grafting-to, grafting-from, grafting-through und Sortase-vermittelte Ligation
Bild: Ulrich Glebe

Für die Synthese von Protein-Polymer-Konjugaten werden in der Regel zwei Verfahren angewandt: grafting-to und grafting-from. Bei grafting-to wird das Polymer zuerst synthetisiert und anschließend an das Protein konjugiert. Bei grafting-from wird ein Polymerisationsinitiator oder -mediator an das Protein gebunden und die Polymere anschließend direkt von der Proteinoberfläche gepfropft. Die dritte, selten angewandte Technik, das grafting-through, besteht aus der Polymerisation von Peptid- oder Proteinmonomeren, um mehrere Biomoleküle in das Polymergerüst einzubauen. Grafting-to und grafting-from haben eine geringe Spezifität, insbesondere wenn die häufig vorkommenden Lysinreste adressiert werden. Enzymatische Strategien sind ein vielversprechender Ansatz für eine ortsspezifische Polymeranbindung. Wir verwenden derzeit die Sortase-vermittelte Ligation (SML) für die C- oder N-terminale Modifikation von Proteinen.

 

RSC Adv., 2019, 9, 4700

Polym. Chem., 2015, 6, 5143

 

 

Stabilisierung von Enzymen

Illustrierung verschiedener Ansätze zur Stabilisierung von Enzymen
Bild: Ulrich Glebe

Enzyme sind aufgrund ihrer hohen Spezifität, Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit sehr attraktive Alternativen zu herkömmlichen Katalysatoren. Sie wurden in den letzten zwei Jahrzehnten immer beliebter, um nachhaltige Synthesen zu etablieren. Allerdings stellen Stabilität und Wiederverwendbarkeit für die meisten Enzyme eine Herausforderung dar. Wir gehen dieses Problem durch kovalente Konjugation von Polymeren und Immobilisierung der Biokatalysatoren auf polymeren Trägermaterialien an. Ziel ist es, den Einsatz bei höheren Temperaturen und über längere Zeiten zu ermöglichen. Dabei können ortsspezifische Konjugationsstrategien hilfreich sein, um eine hohe Aktivität des Enzyms zu erhalten. Außerdem können Polymere, die speziell auf die Oberflächeneigenschaften von Enzymen abgestimmt werden können, nicht-kovalente Enzym/Polymer-Komplexe bilden. Wir konnten zeigen, dass die Enzymaktivität in solchen Komplexen im Vergleich zu dem unmodifizierten Enzym deutlich gesteigert werden kann.

 

Kooperationspartner:

Prof. Dr. Leilei Zhu, Tianjin Institute of Industrial Biotechnology TIB, China

Dr. Antje Lieske, Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP, Potsdam

Dr. Mehdi D. Davari, Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie IPB, Halle

Prof. Dr. Katja Arndt, Universität Potsdam

Dr. Martin Reifarth, Universität Potsdam

 

ChemCatChem, 202416, e202301685

Angew. Chem. Int. Ed., 2018, 57, 13810

 

 

Therapeutische Protein-Polymer-Konjugate

Vergleich zweier NMR-Spektren von Protein-Polymer-Konjugaten, die durch grafting-to und grafting-from synthetisiert wurden
Bild: Ulrich Glebe

Die hohe Spezifität von Proteinen kann für therapeutische Anwendungen im Vergleich zu niedermolekularen Wirkstoffen von Vorteil sein. Therapeutische Proteine werden jedoch häufig vom Immunsystem erkannt und schnell wieder aus dem Körper entfernt. In den 1970er Jahren wurde festgestellt, dass die Konjugation von Poly(ethylenglykol) (PEG), heute als PEGylierung bekannt, ein Protein abschirmen kann. Dadurch wird die Immunogenität verringert und das Protein ist weniger anfällig für thermische Denaturierung, Aggregation und Abbau durch Proteasen. Viele der rund 20 klinisch zugelassenen Protein-PEG-Konjugate weisen jedoch eine verminderte Aktivität auf, die hauptsächlich auf die zufällige Konjugation des Polymers an unterschiedliche Aminosäurereste im Protein zurückzuführen ist. Darüber hinaus zeigt die verstärkte Entwicklung von Anti-PEG-Antikörpern, die zu einer schnellen Ausstoßung von PEGylierten Substanzen führen, dass andere Polymere für zukünftige therapeutische Konjugate in Betracht gezogen werden sollten. Wir nutzen unser Portfolio an Protein-Polymer-Konjugationsstrategien, um besser zu verstehen, wie die Stabilisierung von therapeutischen Proteinen optimiert werden kann. Auf der einen Seite vergleichen wir verschiedene Konjugationsansätze hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Proteinstrukturen und -funktionen. Andererseits synthetisieren wir verschiedene Polymere, die als Alternativen zu PEG gelten, und setzen sie in therapeutischen Konjugaten ein.

 

Kooperationspartner:

Prof. Dr. Heiko Möller, Universität Potsdam

 

Macromol. Chem. Phys., 2023, 224, 2200353

J. Drug Deliv. Sci. Technol., 2023, 79, 103995

 

 

Konjugate zur Inhibierung von Viren

Illustration, wie SARS-CoV-2 in menschliche Zellen eindringt und wie Antikörper dies inhibieren können
Bild: Yannic Müllers

Mit dem Aufkommen von COVID-19 rückten Virusinfektionen in den Fokus der Gesellschaft, der angewandten Forschung und der Grundlagenforschung. Bisher gibt es kaum Medikamente gegen Viruserkrankungen. SARS-CoV-2 gelangt in menschliche Zellen nach Bindung ihres trimeren Spike-Proteins an ACE 2-Rezeptoren. Antikörper, die an Oberflächenproteine von Viren binden und ihre Wechselwirkung mit den ACE 2-Rezeptoren blockieren, sind ein therapeutischer Ansatz. Da die Herstellung von Antikörpern aufwändig und teuer ist, werden Nanobodies, kleine Fragmente von Antikörpern, in der Grundlagenforschung als eine potente Alternative gesehen. Der aus Alpakas gewonnene Nanobody Ty1 zeigte ein hohes Potenzial zur Neutralisierung von SARS-CoV-2. Wir synthetisieren Ty1-Polymer-Konjugate und untersuchen deren Stabilität und Potential zur Virus-Neutralisierung. Dabei zeigte sich ein deutlicher Einfluss des verwendeten Polymers, was zukünftig vielfältige therapeutische Optionen gegen Viruserkrankungen eröffnen könnte.

 

Kooperationspartnerin:

Prof. Dr. Petra Wendler, Universität Potsdam

 

 

Peptid-Polymer-Konjugate zur Bindung von Lanthanid-Ionen

Zoom in und Detailansicht von immobilisierten Peptid-Polymer-Konjugaten
Bild: Yannic Müllers

Lanthanide haben eine enorme wirtschaftliche Bedeutung für viele Bereiche der Hightech-Industrie. Sie sind derzeit nur aufwendig und unter Verwendung von umweltgefährdenden Chemikalien zu gewinnen und voneinander zu trennen. Als neuen Ansatz aus der Bioökonomie verwenden wir hochselektive Peptide mit dem langfristigen Ziel, einen Beitrag zu Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu leisten. Derzeit untersuchen wir, inwiefern die Peptid/Lanthanid-Komplexierung durch Polymerkonjugation und Immobilisierung beeinflusst wird.

 

Kooperationspartner:

Prof. Dr. Michael Kumke, Universität Potsdam

Prof. Dr. Heiko Möller, Universität Potsdam

Dr. Björn Drobot, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

Dr. Franziska Lederer, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

 

RSC Adv., 2024, 14, 14091

 

 

Förderung und Dank

DFG: "Biohybride Materialien", Heisenberg-Förderung, 02/2024 - 01/2027, Projektnummer 530253155

BMBF: “Enzymstabilisierung für eine zirkuläre (Bio-)Kunststoff-Wirtschaft” (EnzCircEco), 01/2024 - 12/2026, FKZ 031B1424

BMBF: “Entwicklung und Implementierung eines COVId-19-scFv-TRAP-Portfolios für diagnostische und therapeutische Anwendungen ” (COVITRAP), 11/2021 – 10/2023, FKZ 01DP21012

BMBF: “Lasst die Biologie ran - Peptide umgarnen entscheidende Rohstoffe: die „natürliche“ Trennung von Lanthaniden” (PepTight), 09/2021 – 05/2025, FKZ 031B1122B

Fraunhofer Leistungszentrum "Funktionsintegration": “Sortase-basierte Protein-Polymer und Protein-Nanopartikel Konjugate: Charakterisierung von 3D-Struktur, Dynamik und Interaktion mittels NMR-Spektroskopie”, ab 01/2020

DFG: “Multiple Verknüpfungen mittels Sortase-vermittelter Ligation am Beispiel von Protein-Polymer-Konjugaten”, 01/2019 – 03/2022, Projektnummer 414977640

BMBF: “Chirale Membranen II”, 02/2018 – 01/2021, FKZ 031B0559B